Wiesentaler Verein feiert 100jähriges Bestehen:
Brief- und Reisetaubenzucht seit 1925

- Aufnahme 1950 beim 25-Jährigen
- Foto: Heimatverein Wiesental
- hochgeladen von Werner Schmidhuber
Waghäusel-Wiesental. Der „Reisetaubenzuchtverein Heimatliebe“, auch Brieftaubenverein genannt, feiert in diesem Jahr sein 100jähriges Bestehen. Trotz veränderter Interessenlagen und Rahmenbedingungen gibt es immer noch Frauen und Männer, die diesem Hobby frönen. Ob Reisetauben oder Brieftauben: 2025 liegen andere Verhältnisse vor als im Nachkriegsjahr 1925, als Tauben als Postboten im Einsatz waren.
Neun Wiesentaler Männer gehörten zu den Pionieren in der Weimarer Republik. „Groß waren die Opfer, sei es finanziell wie auch zeitmäßig, die gebracht wurden, mussten doch Einsatzkörbe zum Verfrachten der Tauben zu den Wettflügen und darüber hinaus spezielle Konstatieruhren und Ausstellungskäfige angeschafft werden“, heißt es in der Chronik. Beachtliche Erfolge bei Wettflügen verbuchte der Verein zwischen 1930 und 1940. So konnten von Züchtern etliche Goldmedaillen errungen werden.
Die französische Militärregierung verlangte 1945 aus Sicherheitsgründen die landesweite Abgabe aller Brieftauben. Doch bereits Ende 1945 reaktivieren elf Männer das Vereinsleben. Anfang der 60er Jahre schaffte der Kreisverband drei Taubentransportwagen mit einem Fassungsvermögen von 20.000 Tauben an, um sie zu Ausstellungen und Flugtagen zu fahren. Die Brieftaubenliebhaber eroberten sich einen festen Platz im Gemeindeleben. So beteiligten sie sich etwa an den Sommertagsumzügen oder am ersten Straßenfest.
In den vergangenen Jahrzehnten sind die Mitglieder deutlich weniger geworden, räumt der Vorsitzende Hans Nägele ein. In Wiesental halten noch neun Aktive die Fahne hoch. Jeder ist im Besitz eines eigenen Taubenschlags von zehn bis 100 Tieren. Vor 50 Jahren zählte der Verein noch über 30 emsige Mitstreiter, darunter immerhin zwei Frauen.
Trotz alledem: Die Taubenzüchter sind keine vom Aussterben bedrohte Spezies. Fleißig führen sie „Flugtage“ durch. Erwachsene Tiere, die auf eine Geschwindigkeit von 120 Stundenkilometer kommen, können bis zu 700 Kilometer am Tag schaffen. 2024 sah der „Reiseplan“ im Bereich Mannheim/Waghäusel insgesamt 24 Flugtage vor. Drei der neun Vereinsmitglieder schickten ihre Täubchen auf die Reise etwa vom 625 Kilometer entfernten Gueret, mitten in Frankreich, nach Hause. Zwischen 45 und 300 Kilometer müssen die Jungtiere bei Wettbewerben zurücklegen.
Jeweils der zweite Preisflug der Alt- und Jungtiere kommt seit 1969 zugunsten der „Aktion Sorgenkind“ (jetzt Aktion Mensch) zugute. Der Verband Deutscher Brieftaubenzüchter konnte seitdem über neun Millionen Euro spenden.
Bis zu 200 Aussteller und 12.000 Besucher verbuchen die internationalen Brieftaubenmessen. Vom „Rennpferd des kleinen Mannes“ war früher die Rede. Das Hobby sei sehr zeitaufwändig, betont Nägele. „Nachwuchs zu gewinnen, ist nicht einfach.“ In Zeiten von Messenger-Diensten, E-Mails und Whatsapps wirke das Hobby Brieftaubenzucht ein wenig aus der Zeit gefallen.


Autor:Werner Schmidhuber aus Waghäusel |
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