Strafe für Raufbolde und Rabauken:
„Liederliche Weibsbilder“ tagelang am Pranger
Waghäusel. Auf der Straße streiten sich lautstark zwei Frauen. Die Obrigkeit wird darauf aufmerksam und macht mit den beiden Streithennen kurzen Prozess. Ruckzuck bekommen sie eine „Halsgeige“ verpasst und dürfen an den Pranger, der vor dem Rathaus steht. Wer an ihnen vorbei geht, darf sich über die zwei Ausstellungssubjekte lustig machen, sie anspucken, an den Haaren ziehen, Ohrfeigen geben.
Heutzutage ist so etwas unvorstellbar, aber nicht im 17. und 18. Jahrhundert.
So um die 300 Jahre soll sie alt sein: die Wiesentaler Schandgeige, die im Heimatmuseum aufbewahrt wird. Die wenigsten Besucher wissen Näheres über die Geschichte dieses besonderen Folterinstruments.
Mit der schweren Halsgeige wurden Diebe, Raufbolde und Rabauken, aber auch – wie es damals hieß – besonders zänkische Weiber dingfest gemacht und zu ihrer Schande so durchs Dorf geführt - und dann an den Pranger gestellt. Auf diese Weise waren die Übeltäter den Erniedrigungen und dem Spott durch ihre Mitbürger ausgesetzt. Oft mussten sie mehrere Tage mit der neuen „Halskrause“ ausharren.
Die Halsgeige diente zur Durchführung von sogenannten Ehrenstrafen, also Strafen, die den Verurteilten demütigen und bloßstellen. Im Unterschied zu den Leibesstrafen wird der Verurteilte damit nicht oder nur gering körperlich geschädigt. Zur Anwendung kam sie nur bei „leichten Vergehen“.
Halsgeige, so hieß das Instrument, mit dem die Obrigkeit – so wörtlich - „liederliche Weibsbilder“ schändlich zur Schau stellte. Bei dem heute noch vorhandenen Exponat ist zu sehen, dass es aus einem zweiteiligen flachen, annähernd geigenförmigen Holz besteht. In die drei Ausschnitte werden sowohl der Hals als auch die zwei Handgelenke der Delinquentin eingeschlossen.
Kaum zu glauben: In manchen Städten und Gemeinden wurden auf diese Weise auch ledige Frauen bestraft, die uneheliche Kinder geboren hatten.
Die verurteilte Person verlor mit dem Urteilsspruch und der Exekution der Strafe ihr gesellschaftliches Ansehen. Ehrlos sah sie sich Reaktionsweisen gegenüber, die einer Ächtung gleichkamen. Wer am Pranger stand, konnte sogar von Passanten verprügelt und misshandelt werden, ohne dass diese eine Strafverfolgung zu befürchten hatten.
Autor:Werner Schmidhuber aus Waghäusel |
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