Geleitkreuz oder Sühnekreuz?
Überlieferte Ermordung eines Brautpaars
Waghäusel-Wiesental. Das Kreuz gibt Rätsel auf. Warum steht in Wiesental an der Mannheimer Straße dieser wuchtige Sandstein? Danach fragen gelegentlich Ortsfremde, aber auch Einheimische.
Mit dem Steinkreuz, das aus dem 16. Jahrhundert stammt, ist eine volkstümliche Überlieferung verbunden. Danach wurde einst im dichten Lußhardtwald ein junges Brautpaar am Abend seines Hochzeitstages überfallen und umgebracht. Am ursprünglichen Standort kreuzte sich einst der „Schwarze Weg“ mit der Straße nach Speyer.
Manche Erzählung wird mit dem Zusatz ausgeschmückt, die Opfer seien in der Waghäuseler Wallfahrtskirche getraut worden. Verwandte hätten später zum Gedenken an die Tat das Kreuz errichten lassen. Eine andere Version lautet, der gefasste Mörder habe in Erfüllung eines Sühnevertrags ein selbstgefertigtes Exemplar erstellen müssen.
Doch der ehemalige Vorsitzende der „Gesellschaft zur Erhaltung und Erforschung von Kleindenkmalen in Baden-Württemberg“, Günter Meier aus Ubstadt-Weiher, glaubt nicht an die Geschichte. Für ihn handelt es sich um eine „Wandersage“ und um ein Geleitkreuz, das eine Geleitgrenze bezeichnet hat. Aus Rechnungsunterlagen des Speyerer Fürstbischofs aus der Zeit um 1340 geht hervor, dass nahe Oberhausen eine solche Geleitstelle bestand. Im Kriegsgeschehen der Badischen Revolution sammelten sich preußische Truppenteile laut Aufzeichnungen bei dem 1849 vorhandenen Geleitstein.
Geleitzüge wurden von der jeweiligen Gebietsherrschaft gestellt, um etwa Reisende und Kaufleute mit ihrer Habe gegen Überfälle zu schützen. In der Regel erfolgten Geleitübergaben an die Begleitmannschaften an Geleitsteinen, die oftmals eine Kreuzform aufwiesen und ein Wappen trugen.
Bis 1979 stand das 125 Zentimeter hohe Wiesentaler Steinkreuz auf SMG-Gelände, vor 1923 weiter in Richtung Oberhausen. Angeblich standen noch zwei kleine Kreuze daneben, die später verschwunden sind.
Auf der Vorder- und Rückseite ist ein schräg gestelltes Wappen im Relief zu sehen - wohl das des Bistums Speyer. Vorn befindet sich eine nicht mehr lesbare Inschrift. Vereinzelt ist auch die Überlieferung zu hören, es handele sich um die Kennzeichnung eines Massengrabs aus den napoleonischen Kriegen.
Autor:Werner Schmidhuber aus Waghäusel |
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