"Öl aus dem Oberrheingraben hat eine hervorragende Qualität"
Bohrung „Steig 1“ in Weingarten gestartet
Weingarten. Seit Montag, 27. Mai, wird in Weingarten wieder nach Öl gebohrt. Das Heidelberger Unternehmen "Rhein Petroleum" startete im Gewann Bronnloch unweit des Baggersees eine Probebohrung unter dem Namen „Steig 1“, die Aufschluss darüber bringen wird, ob sich förderungswürdige Mengen an Erdöl im Untergrund befinden.
Maximal vier Wochen wird die Bohrung dauern, die in einer Tiefe von 900 Metern in den sogenannten "Pechelbronner Schichten" endet. Dafür wurde im „Bronnloch“ ein Fußballfeld großer Bohrplatz (knapp ein Hektar) eingerichtet und in den vergangenen Tagen eine rund 39 Meter hohe Bohranlage aufgebaut. Wie bei einer Tankstelle ist der Platz komplett abgedichtet.
Zuerst wird etwa 50 Meter senkrecht in die Tiefe gebohrt, ehe die Bohrung abgelenkt wird, um diejenigen Schichten im „Unteren Tertiär“ zu erreichen, in denen "Rhein Petroleum" förderungswürdige Mengen an Erdöl zu finden hofft. Dieses Bohrziel wurde in Folge umfangreicher seismischer Untersuchungen als vielversprechend definiert. Im Jahr 2012 hatte das Unternehmen auf einer Fläche von rund 280 Quadratkilometern mit seismischen Messungen den Untergrund rund um Karlsruhe untersucht. Anhand der dadurch erhaltenen dreidimensionalen Karten mit erkennbaren Strukturen des Untergrunds ließen sich Hinweise auf Ölvorkommen unter anderem bei Weingarten ableiten. Ob sich tatsächlich noch Erdöl im Untergrund befindet, lässt sich verlässlich nur durch eine Probebohrung nachweisen, die nun gestartet ist.
„Wir befinden uns mit der Probebohrung in einer bekannten erdölführenden Gesteinsschicht und im direkten Umfeld früherer Erdölfelder“, erklärt Dr. Carsten Reinhold, Geschäftsführer der "Rhein Petroleum". Das Erdölvorkommen, das "Rhein Petroleum" nun über die Probebohrung erschließen möchte, ist seit den 1950er Jahren bekannt und es befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum alten Erdölfeld „Weingarten“, aus dem bis in die 1960er Jahre Erdöl gefördert wurde. In Graben und Huttenheim wurde ebenfalls bis in die 1960er Jahre und in Leopoldshafen bis in die 1980er Jahre Erdöl gefördert. Dank gegenüber früher moderneren Aufsuchungs- und Fördermethoden hofft "Rhein Petroleum", zukünftig hier wieder heimisches Erdöl fördern zu können.
Wie läuft die Probebohrung ab?
Rund 150 Meter pro Tag wird die Bohrung voranschreiten. Abgedichtet wird die Bohrung abschnittsweise mit mehreren, teleskopartig ineinander gelegten Rohren. Jeder Abschnitt wird für sich einzementiert. Somit ist der obere Teil der Bohrung mit mehreren Schichten Stahl und Zement abgedichtet. Der Durchmesser der nach unten hin immer enger werdenden Verrohrung beträgt am Bohrziel kaum 18 Zentimetern. Am Bohrziel angelangt, zeigt es sich dann, ob in den porösen Sandsteinen der Pechelbronner Schichten tatsächlich Erdöl vorhanden ist. Ist dies der Fall, schließt sich unmittelbar eine kurze Probeförderung an, anhand derer die Ergiebigkeit des Ölvorkommens geprüft wird. Hierfür sind zwei Wochen vorgesehen. „Voraussichtlich Anfang Juli steht fest, ob es sich wieder lohnt, Erdöl in Weingarten zu fördern“, betont Reinhold.
Qualität des Öls
Was bereits heute klar ist: „Das Öl aus dem Oberrheingraben hat eine hervorragende Qualität. Es ist leicht, schwefelarm und reich an wertvollen Inhaltsstoffen“, erklärt Reinhold. Daher eignet es sich ausgesprochen gut für die industrielle Weiterverarbeitung und die Herstellung etwa von Medikamenten, Kosmetika oder Kunststoffen. Reinhold: „Das heimische Erdöl ist ein wichtiger Rohstoff, der eigentlich viel zu schade zum Verbrennen ist.“ Für den "Rhein Petroleum"-Geschäftsführer gibt es neben der exzellenten Qualität des heimischen Erdöls noch einen weiteren wichtigen Aspekt, warum es sinnvoll ist, in Deutschland Erdöl zu suchen und wenn möglich zu fördern. „Vor Ort gefördertes Erdöl hat eine bedeutend bessere CO2-Bilanz als importiertes Erdöl, das erst tausende von Kilometer nach Deutschland zurücklegen muss. Wenn wir in Weingarten fündig werden ist die Strecke zur Raffinerie nach Karlsruhe nur wenige Kilometer weit.“ Aktuell werden rund drei Prozent des in Deutschland verbrauchten Erdöls auch in Deutschland gefördert.
Info-Möglichkeit
Um Interessierten die Gelegenheit zu geben, sich in Weingarten vor Ort über die Arbeiten zu informieren, hat "Rhein Petroleum" einen Informationscontainer auf Höhe des Kieswerks aufgestellt, der täglich von 8 bis 20 Uhr zugänglich ist. Außerdem wird es am 4. Juni einen Bürger-Nachmittag mit Führungen über den Bohrplatz geben.
Autor:Jo Wagner |
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