Kommunikation in Social Media seit Corona rauer geworden
Politiker sind „Blitzableiter“ für aufgestaute Emotionen

Markus Zwick ist das Stadtoberhaupt von Pirmasens. Foto: Stadtverwaltung
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von andrea katharina kling-kimmle

Pirmasens/Südwestpfalz. Corona hat uns alle im Griff und lässt die Menschen angesichts aufgestauter Emotionen zunehmend gereizter werden. Das hat unter anderem die Hass-Kommentare in den sozialen Medien regelrecht befeuert. Insbesondere die Politiker landen im Visier von Extremisten, „Hatern“ und „Trollen“. Da wird nicht nur beleidigt sondern in manchen Fällen auch mit Mord und sexueller Gewalt gedroht. Das Wochenblatt hat sich darüber mit drei Kommunalpolitiker(innen) unterhalten: Landrätin Dr. Susanne Ganster, Verbandsbürgermeisterin Silvia Seebach und Oberbürgermeister Markus Zwick.

Sie sagen übereinstimmend, dass „Covid-19“ und die Folgen für die Gesellschaft zentrales Thema hitziger Debatten und kritischer Anmerkungen im Netz sind. Die Verunsicherung von Gewerbetreibenden sei auf diesem Gebiet ziemlich hoch, berichtet Silvia Seebach. Das sorgt schon seit einiger Zeit für Unmut. Auch Eltern reagieren in Bezug auf die ständig geänderten Schul- und Kitabestimmungen zunehmend genervt. „Ich habe dafür großes Verständnis“, so die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Pirmasens-Land. Sie hat ihre zuständigen Mitarbeiter angehalten mit Informationen „dem entgegen zu steuern“.
Der Pirmasenser Oberbürgermeister Markus Zwick macht klar, dass Kommunalpolitiker für die Bürger „greifbar und ansprechbar“ sind: „Niemand in der Politik ist näher dran, als wir auf kommunaler Ebene“. Deshalb würden sich Frustration und Verärgerung gegen Entscheidungen von Bund und Land bei OB oder Landrätin entladen. Das sei auch völlig in Ordnung, „wir wurden dafür gewählt, uns um die Sorgen und Nöte der Menschen vor Ort zu kümmern“.
Neben dem Dauerbrenner „Corona“ werden oftmals regionalen Themen angesprochen. Da hat Silvia Seebach die Erfahrung gemacht, dass in den meisten Fällen Kritik eher sachlich geäußert werde: „Weil Projekte und Entscheidungen von jedem Bürger anders gesehen werden. Das ist aber normal“. Da sie nicht sehr viel in sozialen Medien unterwegs sei, halte sich die Zahl der Rückmeldungen eher in Grenzen. Anders sehe es im Mail-Verkehr aus, der nicht von jedem einsehbar ist: „Da sind manche dabei, die nicht als sachlich bezeichnet werden können“. Die Verbandsbürgermeisterin, die im zivilen Beruf Juristin ist, habe auch schon Zivilklage wegen Beleidigung eingereicht, „wenn es sich um strafbewehrte Äußerungen handelt“. Sie hat aber die Erfahrung gemacht, dass in der Regel Unwahrheiten und herabsetzende Äußerungen nicht offen ausgesprochen werden: „Man erhält hierüber erst über Dritte Kenntnis“. Sie merke sich das dann nur und ändere ihr Verhalten im Umgang.
Dr. Susanne Ganster macht kurzen Prozess. Auch sie hat festgestellt, dass seit der Corona-Pandemie die Kritik in den sozialen Netzwerken zugenommen hat. Vereinzelt erhalte sie dazu auch beleidigende Äußerungen dabei. Diese Kommentare beantworte sie im Gegensatz zu sachlicher Kritik nicht, sondern lässt sie ins Leere laufen. Auf die Frage, ob weibliche Politiker öfter zur Zielscheibe verbaler Angriffe werden, könne sie keine Antwort geben, erklärt die Landrätin der Südwestpfalz. Dagegen meint Silvia Seebach, dass die Hemmschwelle gegenüber Politikerinnen niedriger sei „und der Mut, sie massiv anzugehen, einfach größer ist“.
OB Zwick löscht beleidigende Kommentare, die in den letzten Monaten in den sozialen Medien zugenommen haben: „Während ich auf meinen Social-Media-Kanälen bis Ende 2020 so gut wie keine Äußerungen entfernen musste, ist dies zurzeit fast schon an der Tagesordnung“. Betroffen machen ihn allerdings die Bedrohungen gegenüber seinen Mitarbeitern. Allein in den letzten Tagen seien gleich zwei Kollegen aus der Stadtverwaltung zur Zielscheibe geworden. Als Oberbürgermeister müsse er deshalb immer öfter Strafanzeige stellen. Ansonsten könne er gut mit Angriffen auf ihn umgehen, nehme sie in der Regel nicht persönlich, denn die Kritik richte sich nicht „gegen mich als Mensch, sondern gegen meine Funktion als Politiker“. Diese Berufsgruppe sei ebenso wie Polizisten oder Virologen oft „Blitzableiter für aufgestaute Emotionen“. ak

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Autor:

Andrea Kling aus Pirmasens

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