Interview mit Maike van den Boom
"Glück ist die Währung der Zukunft"
Von Frank Schäfer
Pirmasens. Macht Geld glücklich? Wie werden die Deutschen glücklicher und was können Unternehmen tun, um für glückliche Mitarbeiter zu sorgen? Das Wochenblatt hat mit Glücksforscherin Maike van den Boom über das Thema "Glück" gesprochen.
Frau van den Boom, wie lässt sich Glück definieren und welche Arten von Glück unterscheidet man?
Glück kann man schlecht messen, aber man kann verschiedene Arten von Glück unterscheiden. Die Euphorie, wenn man zum Beispiel verliebt ist, ist ein enormes Glücksgefühl. Man sollte es auch genießen, doch auf Dauer wäre es sehr anstrengend und wir würden nicht weiterkommen im Leben.
Ein glückliches Leben zu führen, meint etwas anderes. Es ist ein stabileres Glücksgefühl. Dazu gehören auch Krisen und Herausforderungen. Durch sie kommen wir weiter im Leben. Zu einem glücklichen Leben gehört deshalb auch, dass man mal schlecht drauf ist.
Das dritte ist das, was wir als Zufriedenheit bezeichnen. Doch Zufriedenheit reicht nicht. Man kann auch unter schlechten Umständen das Zufriedenheitslevel so weit herabsenken, dass man noch gerade zufrieden ist, doch man ändert nichts.
Macht Geld glücklich?
Geld macht tatsächlich glücklich, aber es ist ein Wackelkandidat. Man sollte sich nicht ständig mit anderen vergleichen. Denn sobald wir uns mit anderen vergleichen, ist es hinüber. Viel wichtiger sind die Beziehungen zu Freunden. Sie haben einen weitaus höheren Einfluss auf das persönliche Glücksniveau. Mit Freunden ein Bier zu trinken, bringt mehr, als drei Stunden länger im Büro zu sitzen.
In welchen Ländern sind die Menschen am glücklichsten?
Im "World Happiness Report" der glücklichsten Länder ist Finnland auf dem ersten Platz, gefolgt von Dänemark, Island und Schweden. Deutschland ist auf Platz 24.
Warum sind Menschen in anderen Ländern glücklicher als wir?
Die Menschen in den skandinavischen Ländern sind widerstandsfähiger, produktiver und kreativer. Das sind zukunftsfähige Vorteile. In diesen Ländern gibt es viel weniger Wettbewerbsgedanken als in Deutschland. Lob und der Kooperationsgedanke sind in den skandinavischen Ländern sehr stark ausgeprägt – in der Schule und in der Gesellschaft. Man verteilt großzügig Komplimente, betont mehr das Positive und konzentriert sich auf das Verbindende. Es wird eine Umgebung geschaffen, die Menschen motiviert. Den Menschen wird das Gefühl gegeben, dass sie wichtig sind für die Gemeinschaft. Ich denke, das ist ziemlich schlau. Die Kinder in den skandinavischen Ländern bekommen in der Schule enorm viel Freiheit. Für jede Idee muss Platz sein. Subjektive Freiheit ist ein starker Glücksfaktor.
Sie haben sich zum Ziel gesetzt, dem Glück der Deutschen auf die Sprünge zu helfen. Wie wollen Sie das erreichen?
Ich versuche, Glück als etwas Ernsthaftes zu sehen und in Unternehmen zu positionieren. Glück hat Einfluss auf Leistungsfähigkeit, Produktivität und Kreativität, aber auch auf die Gesundheit. Es wirkt nicht nur privat, sondern auch in Unternehmen. Statt am Stammtisch auf Politik zu schimpfen, sollte man lieber schauen: Was kann ich selbst tun? Wir sollten uns auf das konzentrieren, was wir selbst beeinflussen können. Es ist nicht ratsam, zu viele negative Dinge zu konsumieren. Besser ist es, sich auf positive Perspektiven zu konzentrieren - auf das, was gut läuft.
Wie wichtig sind glückliche Mitarbeiter im Unternehmen und was können Arbeitgeber tun, um für Glück bei ihren Mitarbeitern zu sorgen?
Glückliche Mitarbeiter bleiben gerne, sind die besten Botschafter für das Unternehmen und bauen eine glaubhafte positive Arbeitgebermarke auf. Glückliche Menschen sind zudem produktivere, kreativere und gesündere Teamplayer. In den Unternehmen muss es viel mehr Austausch und viel mehr Durchlass an Informationen geben, über Hierarchien hinweg. Für den einzelnen Mitarbeiter bedeutet das nicht nur Mitspracherecht, sondern die Pflicht, sich einzubringen. Wir brauchen die Leute mehr denn je. Jeder ist wichtig im Unternehmen. Jeder muss mit einbezogen werden. Es ist wichtig, sich als Menschen zu sehen und nicht in Positionen zu denken. Die Mitarbeiter müssen viel mehr das Gefühl haben, dass sie eigene Ideen einbringen können und das Unternehmen auch herausfordern können. Dazu braucht es eine Umgebung von Vertrauen. Sonst gehen uns massig Ideen verloren und natürlich auch Glück. Glück ist die Währung der Zukunft. Wichtig ist auch eine größere Flexibilität was Arbeitszeiten angeht. Schlauer, als in Arbeitsstunden zu denken, ist es, in positiver Energie zu denken. So macht man es in den nordischen Ländern. In dieser Hinsicht sind einige Unternehmen in Deutschland schon auf einem guten Weg.
Vielen Dank für das Gespräch.
Maike van den Boom
Die Glücksforscherin und SPIEGEL-Bestsellerautorin Maike van den Boom wurde 1971 in Heidelberg geboren und hat in den Niederlanden Kunsttherapie studiert. Nachdem sie mehrere Jahre in Mexiko, in den Niederlanden und in Deutschland lebte, pendelt sie heute zwischen Weinheim und Stockholm. Seit über zehn Jahren begleitet sie Unternehmen und hält Vorträge zu Themen wie Glück, innovatives Arbeiten und „Happy Nordic Leadership“. Maike van den Boom hat mehrere Bücher zum Thema "Glück" geschrieben und ist dabei unter anderem in die 13 glücklichsten Länder der Erde gereist. Während ihrer zweiten Recherche-Reise hat sie mit über 300 Menschen in 30 skandinavischen Unternehmen gesprochen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, den Blickwinkel auf unsere Arbeitswelt zu ändern und diese mit neuen Impulsen aus den skandinavischen "Glücksländern" zu bereichern.
Autor:Frank Schäfer aus Wochenblatt Pirmasens |
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