Edinger beringt 160 Jungstörche
Gutes Jahr für Adebare
Rhein-Neckar. „2022 war in unserem Raum ein durchschnittliches Storchenjahr. Anfangs sah es sogar noch besser aus, aber die kühlen Temperaturen und der Regen Ende Mai haben offenbar für Verluste unter den Jungstörchen gesorgt“, weiß Helmut Stein. Der Edinger ist seit über zehn Jahren ehrenamtlich als Storchenberinger unterwegs und versieht den Storchen-Nachwuchs mit einer Markierung am Stelzenbein.
Über 200 Storchenpaare hatte er dieses Mal im Visier, aber nicht überall konnte der Nachwuchs beringt werden. Nicht jeder Storchen-Horst ist nämlich mit Leiter oder per Hubsteiger gut erreichbar und im Gegensatz zu den Adebaren sind Stein trotz langjährigem Einsatz in luftiger Höh„ bislang noch keine Flügel gewachsen. Außerdem bekommt er von der Vogelwarte Radolfzell ein festes Kontingent an Ringen zur Verfügung gestellt. In diesem Jahr waren es 160, der restliche Nachwuchs bleibt somit ohne Code am Bein.
Das Beringen stelle dabei nicht die Hauptarbeit dar, vielmehr kostet das wiederkehrende Abklappern der Nester eine Menge Zeit – und Benzin, gesteht er schmunzelnd. Für Letzteres stehe ihm zwar eine Aufwandsentschädigung vom Land zu, aber die Dokumentation der Fahrten sei so aufwendig, dass er lieber darauf verzichte. Der ideale Zeitpunkt für die Beringung des Nachwuchses ist im Alter zwischen vier und sechs Wochen.
Mit acht Wochen heben die Jungstörche von ihrem Nest ab und beginnen mit den ersten Flugversuchen. Da muss der Storchen-Experte schon auf zack sein, damit das Werk zeitnah gelingt. Auf den achteckigen Chips ist neben einer Buchstaben-Zahlen-Kombination und der Kennzeichnung „DER“ für Deutschland und Radolfzell noch ein weiteres Feld mit der Adresse der Vogelwarte eingraviert. Wird ein Storch tot oder verletzt aufgefunden, wird der Finder gebeten dies der Vogelwarte mitzuteilen.
Als ehemaliger Tierpfleger im Luisenpark gehörte die Beringung des dortigen Storchenvölkchens praktisch zu Steins Job. Mit rund 50 Paaren ist Mannheim auch jetzt noch eine Storchen-Hochburg. „So bin ich in die Aufgabe hineingewachsen und jetzt als Rentner toure ich während der Storchen-Saison durch die Gegend und bin echt am Rödeln“, gesteht Stein und lacht. Schließlich sollen ganz nebenbei auch noch die Ringe der Altvögel abgelesen und dokumentiert werden. Ein Fernglas ist dabei unverzichtbarer Bestandteil seiner Arbeit. Stein würde sich sehr freuen wenn er bei der Dokumentation Unterstützung erhalten könnte.
„Es ist eine interessante Beschäftigung, wer an Störchen interessiert ist der hat sicher Spaß an der Sache“, ist Stein überzeugt und fügte an: „Wenn man bedenkt, dass es 1975 in ganz Baden-Württemberg nur noch 14 Brutpaare gegeben hat, dann ist die Wiederansiedlung der Störche eine richtige Erfolgsgeschichte.“ Zum Glück ist der Weißstorch bei seiner Nahrungssuche nicht wählerisch, er gilt, was Tierisches angeht, als sogenannter Allesfresser. Er frisst so ziemlich alles was kreucht, fleucht und in seinen Schnabel passt. In diesem Jahr ist der Nachwuchs, laut Stein, mehrheitlich gut genährt gewesen, was auch seine Überlebenschancen erhöht. „Verluste gibt es halt immer, das gilt besonders auch für den Flug ins Winterquartier“, weiß Stein und ergänzte: „Die Störche, die hier im Ländle ihre Jungen aufziehen, zählen zu den „Westziehern“ Richtung Spanien und Gibraltar, sie sind damit weniger gefährdet als die „Ostzieher“, die den Bosporus und den arabischen Raum überqueren bevor sie dann in Afrika landen. „Dort bewegen sich die Großvögel aber auch nicht immer auf sicherem Terrain. Mancherorts sieht man in ihnen eine willkommene Proteinquelle für den Kochtopf.
Etliche der Adebare peilen allerdings nicht mehr die weite und gefahrvolle Reise in die afrikanischen Länder an. Ein Teil von ihnen bleibt schon in Spanien „hängen“, wo sie laut Stein „beliebte und akzeptierte Vögel“ sind. Anhand der Beringung könne man das Zugverhalten der Störche nachverfolgen und feststellen, wer wo landet, betonte der Experte. Noch besser gehe dies mit Sendern, die die Störche wie einen kleinen Rucksack auf dem Rücken tragen. „Aber das ist nicht mein Metier“, gesteht Stein. Im August wird es langsam aber sicher unruhig im Storchen-Jungvolk, es fängt an sich zu sammeln, um gemeinsam zur großen Reise in den Süden zu starten.
Die Eltern-Vögel machen sich erst rund einen Monat später reisefertig. „Sie erholen sich noch ein wenig vom Stress der Aufzucht und genießen die Zeit, nachdem der Nachwuchs ausgeflogen ist“, scherzte Helmut Stein. ha
Autor:Christian Gaier aus Mannheim |
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