Auftakt der zweiten Staffel Junge Mittelalterforschung
Annweiler. Am Mittwoch, 19. Juni, findet um 18.30 Uhr im Ratssaal der Verbandsgemeinde Annweiler am Trifels, Meßplatz 1, 76855 Annweiler am Trifels der Auftakt der zweiten Staffel der Vortragsreihe des Museums unterm Trifels „Junge Mittelalterforschung“ statt.
Unter den südwestdeutschen Adelsgeschlechtern zeichnet sich gegen Ende des 14. Jh. eine leise, von der Forschung kaum bemerkte „Revolution“ ab: Immer mehr Familien brachen mehr oder weniger radikal mit der angestammten Tradition, der zufolge der Name des Vaters an den (nicht zwangsläufig ältesten) Sohn oder Brudersohn übergehen sollte, und wählten „universelle Namen“ christlicher Heiliger aus Geschichte und Legende, um sich (auf Dauer) ein neues, heilsgeschichtliches Familienprofil zu verleihen. Der in den Adelsfamilien gepflegte Namensschatz stand nicht nur für Tradition, sondern auch für politische Zugehörigkeit zum Reich, zum Haus Habsburg oder zu anderen einflussreichen Fürstengeschlechtern.
Mit einer vielköpfigen Kinderschar waren auch Johann von Blumenegg (gest. um 1384) und seine Frau Margarethe aus dem Freiburger Geschlecht der Malterer gesegnet. Taufen ließen sie ihre Söhne nach dem erwähnten Muster auf die Namen Johann, Heinrich, Dietrich, Rudolf, Otto und den Nachzügler Kleinhans; die einzige Tochter erhielt den Namen ihrer Großmutter mütterlicherseits, Gisela Malterer. Es waren der drittplatzierte Dietrich (gest. 1417) und seine Frau Beatrix von Landenberg, die als erste in der Familie von Blumenegg einen anderen Weg beschritten: Sie ließen ihre beiden ältesten Söhne auf die Namen Melchior und Balthasar taufen. Nur ihr dritter und jüngster Sohn sollte nicht wie zu erwarten Kaspar, sondern ‒ wie sein Vater ‒ Dietrich heißen.
Die heiligen Könige aus dem Morgenland waren in niederadeligen Kreisen zwar nur eine Option, um mit angestammten Traditionen zu brechen, aber eine seit der zweiten Hälfte des 14. Jh. immer häufiger gewählte, programmatische und verheißungsvolle Option. Eine Option, die von royalem Selbstbewusstsein strotzte, Christusnähe beanspruchte und auf mindestens drei männliche Nachfolger hoffen ließ. Denn wünschte, wer Kaspar sagte, nicht auch zu Balthasar zu gelangen? Es fragt sich allerdings, warum sich die Belege im Süden des Reichs erst gegen Ende des 14. Jh. häufen, war die Verehrung der heiligen drei Könige im Reich – vornehmlich im Umfeld der Bischofskirchen – doch bedeutend älter.
Die frühe Affinität des südwestdeutschen Niederadels zu den heiligen drei Königen aus dem Morgenland ist in der Forschung bislang unbemerkt geblieben. Die Vielzahl der Familien, die sich für das Modell entschieden und damit eine neue Familientradition erschufen, deutet jedoch darauf hin, dass es sich nicht um eine ephemere Mode, sondern um ein strukturelles Phänomen handelt, das von einem veränderten, niederadeligen Selbstverständnis kündet. Dieses spannende Phänomen nimmt Prof. Dr. Gabriela Signori (Universität Konstanz) in ihrem Vortrag Kaspar, Melchior und Balthasar: Eine spätmittelalterliche Legende auf Reisen in den Blick.
Die im Verbund mit dem Kunsthistorischen Museum Wien, dem Institut für Fränkisch-Pfälzische Geschichte und Landeskunde der Universität Heidelberg, dem Institut für Personengeschichte in Bensheim, der Bezirksgruppe Landau des Historischen Vereins der Pfalz, der VHS Annweiler und dem Verein Trifelsfreunde e.V. als Kooperationspartnern veranstaltete Reihe ist ein Forum zur Präsentation aktueller archäologischer, historischer und restauratorisch-konservatorischer Forschungen bzw. Forschungsergebnisse.
Die Vorträge finden im Zeitraum 19. Juni 2024 bis 21. Mai 2025 jeweils mittwochs um 18.30 Uhr im Ratssaal der Verbandsgemeinde Annweiler am Trifels, Meßplatz 1, 76855 Annweiler am Trifels (in Bahnhofsnähe) statt. Der Eintritt ist frei, der Zugang barrierefrei. red
Autor:Britta Bender aus Annweiler |
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