Gérard und Brigitte Salmon wagen einen Neustart
Die Zeit ist reif

Gérard und Brigitte Salmon verabschieden sich von Bindersbach  | Foto: B. Bender
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von Britta Bender
Bindersbach/Karlsruhe. Nicht nur für viele Bindersbacher und Annweilerer kam der Umzug von Brigitte und Gérard Salmon sehr plötzlich, auch die beiden waren leicht überrascht, obwohl dieser Schritt eigentlich schon lange geplant war. Seit dem 1. Juli wohnt das Ehepaar in Karlsruhe.Irgendwann im Alter einmal von Bindersbach wegzuziehen, dieser Entschluss wurde von den Salmons schon vor Jahren gefasst und ist über die Jahre hinweg gereift. „Meine Eltern durften zu Lebzeiten von unserer Idee nichts erfahren, es hätte ihnen das Herz gebrochen“, erzählt Brigitte Salmon.
Wohnhaft in Bindersbach in ihrem Elternhaus, waren ab 2012 der Vater und die Mutter mehr und mehr auf Hilfe und Unterstützung angewiesen. Brigitte war das einzige Kind.
Der Vater verstarb vor viereinhalb Jahren. Kurz vor seinem Tod war es Brigitte und Gérard nicht mehr möglich, die Pflege der Mutter rund um die Uhr zu bewältigen und sie sahen sich gezwungen, sie in die Obhut eines Pflegeheims zu geben.
Zu dieser Zeit stellte sich das Paar, das seit 50 Jahren verheiratet ist, zum ersten Mal und immer wieder die Fragen: „Was wollen wir? Wollen wir bis ins hohe Alter hier wohnen bleiben? Wer wird uns versorgen? Wollen wir den Kindern nicht eine schwerwiegende Entscheidung abnehmen? Und: können wir uns überhaupt vorstellen, nicht mehr in unserem Bindersbach zu leben?“
Viele Fragen, deren Antworten sich mit der Zeit Stück für Stück ergeben haben. Wie bei einem angefangenen Puzzle, wenn man zufällig wieder ein passendes Teil entdeckt hat.
Bei all den Unklarheiten war eines jedoch glasklar: „Wir bleiben auf jeden Fall in Bindersbach, solange die Eltern noch leben“.
Kennengelernt haben sich der gebürtige Franzose und die Bindersbacherin 1969 auf der 750- Jahr-Feier in Annweiler, zuerst war er stationiert in Karlsruhe und zur Zeit des Kennenlernens wohnhaft in Landau in der Kaserne. 1973 wurde geheiratet und die Frischvermählten zogen in die Rehbergstraße zu den Eltern ins Haus. Jeder Partei hatte seine eigene, abgeschlossene Wohnung. Die von Gérard und Brigitte wurde zu klein, als die erste Tochter zur Welt kam und dann die Zwillinge. So wurde an die bestehende Wohnung angebaut.
Gérard war von 1970 bis 1975 in Bad Dürkheim in einem Ingenieur Büro tätig, danach war er bis zum Eintritt in den Ruhestand bei der Verbandsgemeinde Annweiler im Bauamt angestellt.
Die Salmons haben sich verdient gemacht „um die Geschichte und Brauchtumspflege von Bindersbach“, wofür sie beim Neujahrsempfang der Stadt Annweiler 2014 mit der Goldenen Plakette geehrt wurden.
Die beiden haben, nach der Bindersbacher Kerwe zur 700-Jahr-Feier beschlossen, den Brauchtum Verein zu gründen, damit die Kerwe im Ort nicht aussterben muss. Denn nach der großen Feier hätte sie sicherlich nicht mehr stattgefunden.
Die Kerwe konnte mit Unterstützung der jeweiligen Ortsvorsteher und vielen engagierten Bindersbacher Einwohnern somit weiterhin gefeiert werden. Aber nicht nur das: die Salmons hatten viele Ideen, Seniorenmittage und Kindernachmittage fanden statt, der 1. Mai wurde gefeiert und das Jänner-Fest, Oster- und Weihnachtsbrunnen wurden geschmückt und die Patenschaft für ein Teilstück des Richard-Löwenherz-Weges übernommen. Zu seinem 70. Geburtstag 2018, legte Gérard sein Amt als Vorsitzender des Brauchtumvereins in jüngere Hände.
Ein weiterer „Einsatz für Bindersbach“ war die Entstehung der Ortschronik. Die große Heimatliebe und das große Interesse an historischen Schriften führten dazu, dass Gérard und Brigitte drei Beiträge und Fotomaterial beisteuerten.
Dann schloss 1997 das Kurhaus in Bindersbach seine Türen, alles sollte entsorgt werden. Das ließen die Salmons nicht zu und retten alles aus dem Container und lagern es sich bei sich zuhause ein. Seit April ist die Ausstellung „111 Jahre Kurhaus Trifels“ im Museum unterm Trifels zu bewundern, mit Möbeln und Dingen, welche die Salmons dort liebevoll arrangiert haben.
Zu dieser Zeit wussten die beiden noch nicht, dass ihr Umzug in den neuen Lebensabschnitt kurz bevor stand.
Ende 2021 ist Brigittes Mutter verstorben und so wurden die „Entwürfe“ für ein Leben im Ruhestand konkreter.
Der „Un-Ruhestand“ - wie man so schön sagt - sollte in ein zwei Jahren ein Ende haben. Der Garten in Hanglage wurde mehr und mehr zur Herausforderung, in und ums Haus ist war immer etwas zu tun. Die Wohnung der Eltern stand seit Jahren leer und unzählige Dinge hatten sich über die Jahrzehnte angesammelt.
Nach der Ausstellungseröffnung im Museum unterm Trifels machten Salmons erst einmal Urlaub am Bodensee. Dort erhielt das Ehepaar die Meldung, dass eine Wohnung in Karlsruhe, um die es sich beworben hatte, nun frei geworden wäre, und zwar ab „sofort“, ab 1. Juni.
Leicht überrumpelt, aber auch unglaublich neugierig kehrten die beiden vom Urlaub zurück, um das Objekt in Karlsruhe in Augenschein zu nehmen. Und sie wussten beide sofort: „des isses!“
Die Richtung war seit langem klar, denn die Zwillinge wohnen in Karlsruhe. Dies ist auch ein Teil der Geschichte, der die Entscheidung, von Bindersbach weg zu gehen, sicherlich einfacher gemacht hat. Auch dass sie oft dort zu Besuch waren und sich ein wenig in der Stadt auskennen. Sie wissen, es gibt viel zu erkunden und zu erleben dort. Und: Spaziergänge sind nicht mit Steigungen verbunden.
All das waren die rationalen Entwürfe, die nach dem Bodensee-Urlaub plötzlich aber letztendlich im Herzen angekommen sind. Das deutliche Gefühl machte sich breit: „Die Zeit ist reif!“
Und nun sind Gérard und Brigitte angekommen in ihrem neuen Domizil.
Gemietet wurde ab 1. Juni, umgezogen mit Möbelwagen sind die beiden am 5. Juli.
„Wir hatten also vier Wochen, um uns schon ein wenig an die neue Wohnung zu gewöhnen, die Einrichtung zu planen, zu überdenken, was kaufen wir neu, was nehmen wir mit“, erzählen die Salmons.
Bis auf das Ehebett wurden so ziemlich die ganzen vorhandenen Möbel verschenkt, denn in Karlsruhe hatten sie sich für die kleinere Wohnung bereits für den „Landhausstil“ entschieden.
Aber auch vier Küchenstühle der Eltern aus dem Jahre 1952 mussten unbedingt mit. „Gérard strich sie weiß und sie passen jetzt perfekt zur neuen Einrichtung“, freut sich Brigitte.
Vom Bindersbach Archiv konnte das Ehepaar sich auch nicht trennen. Im neuen „Arbeitszimmer“ fand sich Gott sei Dank auch ein ideales Plätzchen dafür. Bei jedem Termin und Besuch in Bindersbach oder Annweiler werden noch Dinge mitgenommen, die den Salmons ans Herz gewachsen sind, wie z.B. das Gemälde von Carl August Jäger „Schulhaus um 1940“.
Das Ehepaar, dem die Annweilerer und Bindersbacher so viel zu verdanken haben, wohnt also jetzt in Karlsruhe; zur Miete in einer tollen Wohnung, mit Terrasse, einem ganz kleinen Garten, einem kleinen Keller, neuen Möbeln, und vor allem mit der Option zum Betreuten Wohnen bei Bedarf. Das war der vorrangige Aspekt für den neuen Lebensabschnitt.
„Bereits jetzt schon sind wir Mitglied bei der Badischen Schwesternschaft vom Roten Kreuz e. V., Luisenschwestern“, so das Ehepaar beruhigt. Der Verein bietet seinen Mitgliedern monatlich diverse Veranstaltungen an, wie beispielsweise Eis essen, Grillfest, Café Sommerzauber, Gedächtnistraining, Boule spielen. „Da hat man die Gelegenheit neue Kontakte zu knüpfen“, freuen sich die Salmons, obgleich sie es im Moment etwas langsam angehen lassen wollen, ohne Verpflichtungen, einfach mal die Ruhe genießen.
Ganz begeistert über ihr Glück mit der neuen Wohnung erzählen sie: „Ruhe - ja die haben wir in der Tat, und das mitten in der Stadt. Hier gurren die Tauben, die Vögel laben sich an der Vogeltränke keine drei Meter neben uns und das Eichhörnchen marschiert gemütlich über die Terrasse“.
All das mache das Zurücklassen und den Neuanfang leichter, wenn auch der wunderschöne Garten und das Haus fehlen werden. Sicherlich.
Auch von vielen liebgewonnenen Dinge, die sich über Jahrzehnte angesammelt haben wie Gläser, Geschirr, Haushaltswaren, Dekoration, Werkzeug, Gartenaccessoires, Textilien, Kleinmöbel, Spielzeug, historische Deko-Gegenstände, Gemälde und vieles mehr müssen, wollen und werden sich die Salmons verabschieden, und zwar beim Haus- und Garagenflohmarkt am Samstag, 20., und Sonntag, 21. August, jeweils von 10 bis 15 Uhr. Viel private Oster-, Halloween- und Weihnachts-Deko wird ebenfalls im Angebot sein.
Das Haus selbst steht bereits seit Juli zum Verkauf.
Unvergessen wird den Annweilerern und Bindersbachern die Jahr für Jahr der liebevoll gestaltete Vorgarten in der Rehbergstraße im Frühjahr, Herbst und in der Adventszeit bleiben.
Die Weihnachtskrippen-Landschaft wird dem Kindergarten in Karlsruhe gespendet, in dem die Zwillinge der Salmons arbeiten.
Die Exponate der Ausstellung „111 Jahre Kurhaus Trifels“ werden dem Museum in Annweiler geschenkt.
Dass diese Ausstellung auch ein wenig den Abschied aus Annweiler wein wird, konnte im Frühjahr niemand wirklich ahnen.
Gérard und Brigitte Salmon sagen: „Es war eine gute und richtige Entscheidung“.
Natürlich sei der Schritt letztendlich nicht leicht gefallen, trotzdem sind die beiden mehr als glücklich.
Die große Tochter, die mit Familie, mit Enkeltochter (19 Jahre) und Enkelsohn (16 Jahre), im Saarland wohnt, hat zukünftig nur noch ein Ziel, um die Familie zu besuchen und das heißt Karlsruhe.
Es war den Salmons wichtig, selbstbestimmt einen Entwurf für das Alter zu entwerfen und diesen Schritt zu wagen. Die beiden starten offen und freudig gemeinsam den Weg in die Zukunft: „Das Neue macht neugierig und es macht Spaß!“
Ganz erstaunt stellte Gérard außerdem fest, dass er zur Zeit, als er Brigitte kennenlernte, keine 500 Meter von ihrem jetzigen Wohnort stationiert war. So hat er das Gefühl, es schließt sich der Kreis. Wie es aussieht befinden sich die Salmons jetzt mittendrin.

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Autor:

Britta Bender aus Annweiler

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