Audiopedia-Foundation sorgt für hörbares Wissen
Hilfe, die weltweit Kreise zieht
von Britta Bender
Annweiler. Zahlreiche Auszeichnungen hat die Organisation Audiopedia-Foundation mit Sitz in Annweiler-Gräfenhausen bereits erhalten. Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März, wollen wir die Organisation hier nochmals ausführlich vorstellen. Jüngst wurde sie vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen in das Digital-X-Programm aufgenommen, welches Lösungen fördert, die digitale Technologien nutzen, um die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu erreichen. Eines der Ziele auf diesem globalen Aktionsplan ist „Gesundheit und Wohlergehen“.
Eine TV-Reportage zum Thema „Hunger!“ war der Auslöser dafür, dass es heute eine Organisation gibt, die mit hörbarem Wissen dafür sorgt, Leben in Entwicklungsländern zu retten. Erschüttert von der Tatsache, dass Frauen in Entwicklungsländern keine Möglichkeit haben, an wichtige, ja überlebenswichtige Informationen über Gesundheitsvorsorge und Krankheitsprävention zu kommen, hat bei Felicitas Heyne die Idee entstehen lassen, dass sich das ändern muss.
Die Überlegungen von ihr und ihrem Ehemann Marcel Heyne konzentrierten sich letztendlich auf eine Frage: Wie könnte man simples, aber lebensnotwendiges Wissen über Gesundheit, Kinderpflege, Familienplanung, Ernährung, Hygiene und andere wichtige Dinge Frauen im globalen Süden zugänglich machen, die arm sind, nicht lesen können und womöglich noch dazu an einem Ort leben, an dem es nicht einmal Elektrizität gibt?
500 Millionen Frauen in Dritte-Welt-Ländern können nicht lesen, so die Statistik. Mit Sicherheit sind es unzählige mehr. Dabei sind sie es, die sich um die Versorgung und Verpflegung der Familie, der Kinder, kümmern. Und das ohne fundiertes Wissen. Und selbst wenn die Frauen lesen können, so reicht ihr Sprachschatz nicht aus, um eine Broschüre zu Gesundheitspflege oder Ernährung verstehen zu können. Knapp die Hälfte aller Sprachen weltweit verfügt nicht einmal über ein Schriftsystem. Alle Informationen werden nur mündlich ausgetauscht. Mythen halten sich hartnäckig und andere Informationen werden unzuverlässig weitergegeben und verbreitet. Hinzu kommt, dass es in Entwicklungsländern, infolge schlechter Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsversorgung, mehr sehbehinderte und blinde Menschen gibt. So entstand die doch nahe liegende Idee, Wissen in Form eines Hörbuches in die entlegensten Ländern der Welt zu vermitteln. Nach einem Jahr intensiver Recherche und reiflicher Überlegung gründete das Ehepaar 2016 die Organisation, unter dem Namen URIDU (arabisch für „ich will“). Im vergangenen Jahr wurde URIDU zum besseren Verständnis in Audiopedia-Foundation umbenannt.
Innerhalb weniger Wochen wurden, dank der überaus großen Resonanz und viel Unterstützung, 400 Fragen und Antworten zu Themen wie Gesundheit, Ernährung und Familienplanung zusammengestellt, diese wurden in einem Crowd-Translation-Projekt übersetzt und von Frauen, die die jeweilige Muttersprache sprechen, aufgenommen.
Abhörbar ist dieses Wissen über einen solarbetriebenen Audioplayer, der weder Internet noch Strom benötigt. Dieses Gerät wird kostenlos in den Entwicklungsländern verteilt. Zugänglich sind die Informationen auch durch mobile Apps und WhatsApp. Genutzt werden können auch kleine Lautsprecher, die Inhalte sind auf einer SD-Karte gespeichert und können über diese kleine Box abgespielt werden. SD Karten können natürlich auch über andere Wiedergabegeräte genutzt werden. Eine weitere Möglichkeit bietet das sogenannte QWifi, ein kleiner Minicomputer. So kann eine lokales Wifi-Netzwerk erstellt werden, über welches die Audiopedia-Inhalte über ein Smartphone abgerufen werden können. Kostenfrei, ohne Internetverbindung und unabhängig vom Stromnetz. QWifi und Lautsprecherbox kommt meistens in Warteräumen eines Arztes/einer Ärztin oder im Krankenhaus zum Einsatz. Wie man sehen kann, führen viele Wege zu Audiopedia. Die beiden Hauptbestandteile des Projektes: „freie Inhalte und freie Technologie“.
Und dass Wissensvermittlung in den einzelnen Regionen auch akzeptiert und verstanden wird, muss sie bedarfsgerecht „verpackt“ werden. In einem Fall wurden Inhalte dramaturgisch aufgearbeitet und als Dialog aufgenommen. In einem anderen Fall verständigen sich Bewohner eines Dorfes musikalisch, so wurde tatsächlich ein Lied zum Thema Durchfall und was man dagegen unternehmen kann, komponiert. Auch die unglaubliche Vielfalt an verschiedenen Sprachen im globalen Süden macht die Arbeit nicht gerade einfach. Aktuell sind viele der Inhalte in über 80 Sprachen verfügbar. Weitere Inhalte und Sprachen sind in Arbeit. Die Vermittlung von Wissen in den Entwicklungsländern, fördert auch Diskussionen, Austausch der Frauen untereinander und die Bildung von (Selbsthilfe)Gruppen. Felicitas und Marcel Heyne arbeiten eng mit lokalen Organisationen zusammen, die nah dran sind an den Menschen und so kann individuell gehandelt werden.
Eine große Herausforderung war die Corona-Zeit, denn auch die Infos zur Pandemie und zur Impfung mussten in den Ländern der Dritten Welt ankommen. Die Gewalt gegen Frauen hat dort während dieser Zeit extrem zugenommen, ebenfalls ein Thema, das alle Organisationen beschäftigt.
Mit den Infos rund um Corona konnte zumindest bewirkt werden, dass Menschen im globalen Süden bereit waren, sich impfen zu lassen. Die Pandemie hat allerdings leider die Regionen ökonomisch 10 bis 15 Jahre zurückgeworfen.
Felicitas und Marcel Heyne sind sich einig: „Wenn Frauen in Entwicklungsländern gestärkt werden, geht es allen besser.“
Die Arbeit ist umfangreich und endet nie. Es ist ein ständiger, sich wandelnder Prozess, der generationsübergreifend weitergeführt werden muss. Aus einer einfachen Idee wurde für Marcel Heyne ein Fulltime-Job. Auch seine Frau unterstützt ihn dabei. Bis heute besteht diese Non-Profit-Organisation somit lediglich aus zwei Personen. Allerdings sei dies nur durch die Unterstützung tausender Freiwilliger und zahlreicher Partnerschaften möglich, betont das Ehepaar Heyne.
Der nächste Schritt wird sein, das Ganze unabhängiger zu gestalten, Organisationen auf der ganzen Welt in die Lage zu versetzten, individuelle Strukturen zu schaffen, und vor allem ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was alles möglich ist und sein wird, wenn Frauen einen unkomplizierten Zugang zu Bildung bekommen. Auch haben Felicitas und Marcel Heyne sich vorgenommen Lateinamerika in den Fokus zu nehmen. Andere Themen wie Klimawandel, Biodiversität und Landwirtschaft nehmen immer mehr Raum ein und an Bedeutung zu. So ist die Audiopedia-Foundation ständig in Bewegung, um etwas zu bewegen, was Frauen in ärmeren Ländern der Welt ein unabhängigeres Leben ermöglicht, durch Wissen Leben gerettet werden kann und weltweit Kreise zieht.
Kontakt, Infos und Spendenkonto
felicitas@uridu.org
Telefon 06346 9280600
https://www.audiopedia-foundation.de/
Spendenkonto:
VR Bank Südliche Weinstraße eG
IBAN: DE 5954 8913 0000 8079 7206
Autor:Britta Bender aus Annweiler |
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