Eine altehrwürdige Tradition der Wohltätigkeit in Bad Dürkheim
„Ein Hoch dem Ostertag!“
Von Franz Walter Mappes
Bad Dürkheim.„Er hilft den Kindern in der Not mit Weck und Geld aus Gold - dem Velten Turckheim >Ostertag< sind alle Kinder hold“ tönt es aus den Kinderkehlen, wenn am Freitag, 14. Februar, dem Valentinstag, beim ökumenischen Gottesdienst in der Schlosskirche das Ostertag-Lied erklingt und des größten Wohltäters der Stadt gedacht wird: Valentin Ostertag. Sein Leben würde man heute als „Bilderbuchkarriere“ bezeichnen, denn Valentin Ostertag schaffte es vor über 500 Jahren vom Gänsehirt zum Ratgeber am kaiserlichen Hof. So besagt es auf jeden Fall die Legende. Nachweislich wurde er um 1450 in Dürkheim geboren und verstarb im Sommer 1507. In Heidelberg studierte Ostertag die Jurisprudenz, promovierte 1493 und erhielt eine Stelle als Sekretär in der Kanzlei von Graf Emich zu Leiningen. Der hoch qualifizierte Jurist erreichte schließlich 1495 den Höhepunkt seiner Laufbahn, als er zum Prokurator am Reichskammergericht, dem damals höchsten deutschen Gericht, berufen wurde. In seinem Testament, das er ein Jahr vor seinem Tod verfasst hatte, verfügte er die Gründung der Stiftung.
Mit einem Grundkapital von 2000 Goldgulden (zum Vergleich: der Bau des Rathauses am Römerplatz hatte zur gleichen Zeit 348 Goldgulden gekostet) ausgestattet, sollte es Dürkheimer Kindern aus ärmlichen Verhältnissen möglich gemacht werden, Schulen zu besuchen und zu studieren. Bis zum heutigen Tag hat die Valentin-Ostertag-Stiftung Bestand und war in all den Jahren weder durch die beiden Weltkriege noch durch Geldentwertung und durch zwei Inflationen unterzukriegen.
Verwaltet wird die Stiftung vom „Sechserrat“, kurz „Sechser“ genannt. Die Dauerhaftigkeit der Stiftung ist somit auch der Ehrenamtlichkeit und Unabhängigkeit der Verwalter zuzuschreiben. Dem Gremium gehören aktuell Bernd Kirsch (Vorsitzender), Konrad Fitz, Kurt Freund, Thomas Kalbfuß, Prof. Dr. Klaus Karst und Sanitätsrat Dr. Bernhard Orth an.
Wie jedes Jahr werden sie Spenden an die Dürkheimer Schulen und Kindergärten vergeben. Zuvor findet im jährlichen Wechsel zwischen der katholischen Ludwigskirche und der evangelischen Schlosskirche der ökumenische Gottesdienst statt, den die Schüler der vierten Klassen mitgestalten und Valentin Ostertag für die Zuwendung danken. Nach dem Gottesdienst erhalten alle Grundschüler die bekannten und beliebten „Veltenswecke“, Milchbrötchen, die in der Nacht vorher von Bäckermeister Rainer Beihl und seinen Mitarbeitern in seiner Seebacher Backstube gebacken werden. Diese Brötchen, etwa 700 an der Zahl, kann man nicht kaufen, sie werden ausschließlich an die Kinder verteilt. Die Zutaten, der gegenüber normalen Brötchen um etwa ein Drittel größeren Wecke, sind nach alter Tradition Milch, Mehl, Hefe, Salz und Malz.
Das außergewöhnliche Sozialverhalten Ostertags gilt weit über die Grenzen Bad Dürkheims hinaus als vorbildlich und ist gerade in der heutigen Zeit ein Zeichen, dass Geben so viel schöner sein kann, als nur auf das eigene Wohl zu schauen. Die Kinder haben auf jeden Fall ihre Freude daran und vielleicht nehmen sie sich ein Beispiel an dem kleinen Gänsehirten, der es geschafft hat, durch Bildung seinen ärmlichen Verhältnissen zu entfliehen und dabei nie das Geben vergessen hat. mps
Autor:Franz-Walter Mappes aus Bad Dürkheim |
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