Denkwürdige Plätze in der Region
„Ungsteiner Schließ“ erzählt von alten Zeiten

Die „Ungsteiner Schließ“ – ein gepflegtes Wirtschafts- und Kulturdenkmal, das auch in heutigen Zeiten noch besichtigt werden kann. Foto: privat
  • Die „Ungsteiner Schließ“ – ein gepflegtes Wirtschafts- und Kulturdenkmal, das auch in heutigen Zeiten noch besichtigt werden kann. Foto: privat
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Bad Dürkheim. Wenn man über den Bad Dürkheimer Ortsteil Ungstein spricht, geht es doch erstmal vor allem um den Wein und um das römische Anwesen Weilberg als liebevoll rekonstruiertes Zeugnis hiesiger Weinkultur. An die sicherlich ebenso wichtigen Wasserleitungen aus grauer Vorzeit erinnert man sich dagegen recht selten. Sollte man aber! Denn die Vorfahren vor mehreren Generationen benötigten das flüssige Lebenselixier in der „schorlefreien Zeit“ vor allem zur überlebensnotwendigen Hauswirtschaft – organisierte Stadtwerke, die sich um die entspannte Wasserversorgung ihrer Kunden kümmerten, gab es zu ihrer Zeit sicher nicht. Doch gab es historische Alternativen, die sich bis heute als Zeugen der Vergangenheit erhalten haben.

In Ungstein etwa - östlich der „Bleiche“ – existiert noch immer eine Schleuse der Isenach, die als „alte Schließ“ das Wasser des Bächleins auf verschiedene Gräben verteilte. Das war auch dringend nötig - denn der Ungsteiner Teil des Dürkheimer Bruchs musste einst das Heu für über 100 Pferde und mehr als 300 Kühe aus Ungstein und Kallstadt liefern. Wegen des Auftriebs der Tiere aus Kallstadt hieß die heutige Gundheimer Gasse „Viehgasse“, heute eher „Pollergasse“. Allein in Ungstein wollten anfangs der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts etwa 240 Kühe und fast 100 Pferde von den Winzern gefüttert werden. Der Bedeutung der Versorgung mit Milch und Butter folgend wurde in Bad Dürkheim östlich des Gradierbaus die Bad Dürkheimer Molkerei gebaut.

Die „Schließ“ wurde in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eingerichtet, um die Versorgung der Haustiere mit Futter zu sichern und bei sehr hohem Wasseranfall nach Unwettern über den Albertgraben die Isenach zu entlasten. Zweimal im Jahr, im April und nach der Heuernte, verringerten die Mitarbeiter des Isenach- Eckbachverbandes mit Hilfe der „Schließ“ den Durchfluss der Isenach. Über eigens eingerichtete Bewässerungsgräben wurden schließlich die Wiesen geflutet. Ein Vorgang, der von West nach Ost etwa zwei Wochen dauerte.

Demselben Zwecke diente ein weiterer Wasserablauf etwa in der Höhe der Gabelung der Straße nach Freinsheim und Erpolzheim und eine Schleuse am so genannten „Dritten Weg“. Der mittlere Wasserablass hängt inzwischen schräg am Ufer der Isenach. Er hatte den weiteren Zweck: im Winter heimlich bei Kälte Wasser auf die Wiesen für eine Schlittschuhbahn zu leiten, worüber sich natürlich der Wanderschäfer ärgerte, weil seine Schafe dort kein Gras fanden. Dafür hatten wir im Sommer Besuch der Störche vom Freinsheimer Kirchturm. Im Gegenzug besichtigten Schulklassen am Wandertag die Störche und hörten ihr Klappern. Zeitzeugen berichten, dass ihnen beim Pflügen mit dem Pferd ein Storch in etwa 30 Meter folgte, um Engerlinge oder Mäuse zu sammeln.

Etwa alle fünf Jahre schloss die die Schleuse den Wasserdurchlauf der Isenach über zwei bis drei Wochen total, denn die „Bach“ musste per Hand mit der Schaufel gereinigt werden. Die Arbeiter waren dabei die „Kulturer “. Die angefallene Erde mussten die Anlieger über ihre Grundstücke verteilen.

Für Kinder war die Isenach und die „Schließ“ allerdings ein nicht ganz ungefährlicher Spielplatz. Bis etwa 1948 war das Wasser klar - wie heute wieder - und man konnte gefahrlos in ihrem Wasser waten. Später jedoch glich es mehr einem ungefilterten und trüben Kaffee. Unmittelbar vor der Schleuse war die Isenach für kindliche Maße sehr tief und davor sammelte sich schwimmender Unrat, der damals überwiegend aus Flaschenkorken und wenigen Flaschen bestand. Plastik war bis auf Zelluloid noch ein Fremdwort. In trockenen Jahren wie 1947 oder 1953 konnte man die Isenach hinter der Schließe zu Fuß durchqueren, denn der Wasserdurchfluss reicht nicht, um den mitgeführten Sand weiter zu transportieren. Nach einem stärkeren Regen war die „Furt“ nach wenigen Stunden wieder weg.
Im Grunde ist die „alt Schließ“ ein Wirtschafts- und Agrar-Denkmal aus einer gar nicht so fernen Zeit, das heute noch besichtigt werden kann...
uba

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Autor:

Udo Barth aus Bad Dürkheim

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