Die „Römer vom Weilberg“ laden zum historischen Weinfest
Zeitreise in die Geschichte des Weins
Bad Dürkheim. Die Pfalz ohne Wein – das wäre wie ein Wald ohne Bäume, wie ein Meer ohne Wasser: also ein Widerspruch in sich selbst! Doch was heute nicht mehr wegzudenken ist, das fiel einst nicht wie Manna vom Götterhimmel hernieder auf die Vorfahren der modernen Pfälzer...! Die Römer waren’s, die mit ihrer rigiden Kolonisierung der germanischen Stammesterritorien vor über 2000 Jahren Kultur und Struktur in’s mittlere Europa brachten – und mithin auch die Kenntnisse zum effektiven Anbau von Weinreben, aus denen sich ein Getränk vergären ließ, das nicht nur die römischen Legionen nach Feierabend bei Laune gehalten hatte.
Als „Erfinder“ des Weins jedoch können die Mannen aus dem imperialen Süden indes nicht gelten – der Preis für das erste historische „Start-Up-Unternehmen“ in Sachen Wein-Produktion geht nach aktuellen archäologischen Erkenntnissen in’s Gebiet des heutigen Georgien. Tonkrüge mit Rebenornamenten, datiert in die Jahre 6000 vor unserer Zeitrechnung, belegen, dass die dort ansässig gewesenen Menschen bereits aus vergorenen Wildtrauben ein berauschendes Getränk zusammenrühren konnten. Ob diese archaische Brühe jedoch heutigen Geschmacks-Standards entsprochen hatte, darf mit Recht bezweifelt werden.
Auch die antiken Griechen, tausende Jahre danach als Wein-Imperium sogar mit dem eigenen Weingott Dionysos ausgestattet, kelterten ihre Trauben zu Wein und machten ihn zum Kult. Doch obwohl auch hier eher die berauschende Wirkung eines vergorenen Taubensafts vordergründiger gewesen sein mag als der moderne Geschmack, gelten die Hellenen fraglos als Paten der heutigen globalen Weinkultur.
Und nun kommen die Römer ins Spiel: Nachdem sie den alten Griechen die Weltherrschaft erfolgreich streitig gemacht hatten, produzierten sie unter der Regie des Dionysos-Nachfolgers Bacchus „entspannende vergorene Traubensäftchen“ - die heute jedoch keine Weinkontrolle straffrei passieren könnten.
Allerdings ist dem politischen und militärischen Kalkül des Alten Rom zu verdanken, dass die Legionen neben Waffen und erheblicher Truppenstärke auch viele Reben im Gepäck hatten und diese in den eroberten germanischen Ländereien wie Pfalz und Mosel erfolgreich kultivierten: Die Geburt des Weinlandes Deutschland, der Anfang der Weinregion Pfalz. Zahlreiche architektonische Relikte aus dieser „bacchantischen Gründerzeit“ sind entlang der Deutschen Weinstraße von Schweigen bis Bockenheim auch 2000 Jahre danach noch erhalten, werden durch Vereine und Initiativen gehegt, gepflegt und restauriert – wie etwa das „Römische Weingut Weilberg“ in Ungstein!
Das einst gewaltige Anwesen einer antiken Winzerfamilie auf dem Hügel über dem Bad Dürkheimer Ortsteil wird mit Spenden beständig nach historischen Plänen wiederhergestellt und ermöglicht von Jahr zu Jahr einen imposanteren Einblick in das Wirken und Leben eines Großgrundbesitzers im nördlichen Imperium Romanum.
Um den Besuchern des weitläufigen Anwesens eine kleine Zeitreise zu ermöglichen, laden die engagierten heutigen „Römer vom Weilberg“ einmal jährlich zum „Weinfest an der Römerkelter“: Wie vor 2000 Jahren feiern sie dort auf historischem Terrain mit ihren Freunden jetzt vom 20. bis 24. Juni nunmehr das 36. „Weinfest an der Römerkelter“. Und sie feiern dieses Mal mit besonders großer Freude - denn die größeren Restaurierungs- und Sicherungsmaßnahmen am Südostflügel des Herrenhauses sind weitgehend abgeschlossen. Man kann nämlich nun römische Türschwellen betreten oder römische Toilettenkultur bewundern. Die einstige Größe der Villa ist wieder ein Stück leichter vorstellbar.
Zudem hat das Deutsche Weininstitut (DWI) Mainz Anfang Juni 2010 das Römische Weingut Weilberg zu einem „Höhepunkt der Weinkultur“ erklärt - zu einem Ort, an dem man Weingeschichte fühlen kann. Doch nach wie vor stehen Aktualisierung und Erneuerung der erklärenden Tafeln, der feste Einbau der römischen Architekturteile und eine Beschreibung der in der Ungsteiner Gemarkung verteilten Denksteine auf dem Programm. Es gibt also immer etwa zu tun bei der Aufarbeitung der zweitausendjährigen Geschichte der Weinkultur in der Pfalz.
Doch zunächst wird erst mal gefeiert: Die Besucher des traditionellen Weinfestes können ohne viel „Remmidemmi“ beim Glas Wein zwischen den Reben sitzend ihre Seele baumeln lassen oder sie beim Gottesdienst am Sonntagmorgen, 23. Juni, um 10.00 Uhr, auf „den rechten Weg“ bringen.
Man begegnet hier im Römerlager campierenden Römern, kann deren Speisen probieren und die antike Lebensweise kennenlernen. Dazu stehen Sekt und Wein vom Weilberg, ebenso wie die Weilbergselektion Ungsteiner Winzer zur Probe bereit. Natürlich gibt es auch leckere Fleischgerichte und am Sonntagnachmittag - von den Damen des Gesangvereins Liedertafel Ungstein vorbereitet - Kaffee und selbstgebackenen Kuchen.
Das von den Ungsteiner Vereinen wie der Bauern- und Winzerschaft, des Turnvereins, der Trachtengruppe, der 21er und dem Gesangverein getragene Weinfest dient der weiteren Sicherung des Freilichtmuseums „Römisches Weingut Weilberg“ in Ungstein. Bisher wurden von Helfern etwa 35 000 Stunden unentgeltlich zu Gunsten des Freilichtmuseums erbracht.
Termine:
Donnerstag, 20. bis Montag, 24. Juni
36. Weinfest an der Römerkelter Weilberg
Bad Dürkheim - Ungstein
Donnerstag und Freitag ab 15.00
Samstag ab 11.00
Sonntag ab 10.00 Uhr mit dem Gottesdienst
Montag ab 18.00 Uhr
Wissenswertes
Bei dem Fest kann der neue Aufbau des südlichen Teils des Herrenhauses mit Säulen und Turm besichtigt werden. In Verbindung mit den auf der Oberfläche der Mauern verlegten Steinplatten ist nun die bedeutende Größe des einst über 150 Meter langen Gebäudezuges erkennbar, obwohl einige Teile unter dem östlich verlaufenden Wirtschaftsweg und westlich unter den Weinbergen liegen. Sie belegen mit Rekonstruktionszeichnungen die Größe und damit die wirtschaftliche Kraft der Römer vor 2000 Jahren noch eindrucksvoller.
Bei 36 Weinfesten an der Römerkelter leisteten die Mitglieder der Ungsteiner Vereine: Bauern- und Winzerschaft, Gesangverein, Trachtengruppe, Turnverein später noch die 21er sowie die Jagdhornbläser Bad Dürkheim und die Museumsgesellschaft Bad Dürkheim unentgeltlich über 35.000 Helferstunden. Die dadurch positiven Ergebnisse der Feste waren Anstoß und Vorrausetzung für die Sicherung und die teilweise Restaurierung des Römischen Weingutes Weilberg sowie die Förderung durch die EU, die Ministerien für Wirtschaft und Kultus Mainz, den Bezirksverband, Kreis und Stadt Bad Dürkheim, die Sparkasse Rhein-Haardt, die RV-Bank und die VR-Bank und zahlreiche private Förderer.
Alleine Dr. Fritz Schumann, der Vorsitzende des Fördervereins, hat seit 1981 etwa 10.000 Stunden mit römischen Arbeiten auf dem Weilberg und im Büro verbracht. Alle haben deshalb ein gutes Recht und mehr als einen Grund zu feiern.
uba
Autor:Udo Barth aus Bad Dürkheim |
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