Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus
"Es hätte Andrée Fischer-Marum große Freude bereitet, hier zu sein“
Am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar gab es einen besonderen Abend im Bruchsaler Rathaus: Schüler/-innen des Schönborn-Gymnasiums lasen aus Briefen zwischen Ludwig Marum und seiner Frau Johanna. Marum selbst legte das Abitur am Schönborn-Gymnasium ab. Der SPD-Reichstagsabgeordnete zählt zu den frühesten politischen Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Er wurde am 29. März 1934 im Konzentrationslager Kislau ermordet. Während seiner Gefangenschaft schrieben sich Ludwig und Johanna Marum zahlreiche Briefe und Nachrichten. Darin wird deutlich, unter welch existenziellem Druck die ganze Familie stand. Die Marum-Enkelin Andrée Fischer-Marum veröffentlichte die Briefe als Buch, 2016 in einer Neuauflage. Zusammen mit ihr sei die Idee zur Lesung entstanden – bei der Ausstellungseröffnung über Ludwig Marum in Bruchsal vor wenigen Monaten, so Oberbürgermeisterin Cornelia-Petzold-Schick. Am 6. Januar ist Andrée Fischer-Marum überraschend in Berlin gestorben.
„Andrée Fischer-Marum war eine zierliche Person mit Esprit“, sagte Oberbürgermeisterin Petzold-Schick. „Sie hat sich immer für Versöhnung eingesetzt.“ Die Entwicklungen in Bruchsal – insbesondere den geplanten „Denkort Fundamente“ am ehemaligen Standort der Synagoge – habe Fischer-Marum mit Interesse verfolgt. „Sie war gerne im Austausch mit Schülerinnen und Schülern. Und es hätte ihr große Freude bereitet, heute hier zu sein“, bestätigte Alexander Marum, der Ururgroßenkel von Ludwig und Johanna. Fischer-Marum war aber auch sehr beunruhigt: Angesichts rechtsradikaler Demonstrationen in Berlin fühle sie sich zurückversetzt in die Zeit ihres Großvaters, sagte sie im vergangenen Jahr in einem Interview, das als Filmbeitrag im Rathaus gezeigt wurde.
Kristina Ex, Lehrerin am Schönborn-Gymnasium, hatte die Texte für die Lesung gemeinsam mit Andrée Fischer-Marum ausgewählt und zusammengestellt. Den Sprechteil der Marum-Enkelin übernahm Magdalena Suckow von der Badischen Landesbühne/Junge Landesbühne.
„In der neunten Klasse ist ‚Nationalsozialismus‘ ein großes Thema im Geschichtsunterricht“, erklärte Ex. „Für uns war diese Auseinandersetzung im Unterricht eine wichtige Vorbereitung auf die Lesung“, berichteten die sechs Schülerinnen und Schüler anschließend. Das Ensemble Shtetl Tov, Heike und Tobias Scheuer, trug mit Klezmer-Musik zu dem Abend bei.
Pressemeldung der Stadt Bruchsal vom 03. Februar 2023
BU:
Foto: Martina Schäufele
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