Lernort Bergfried
Förderverein Lernort Bergfried Bruchsal gegründet
Bruchsal. Kürzlich wurde im Atrium am Bergfried der „Förderverein Lernort Bergfried Bruchsal“ gegründet. Der Verein hat das Ziel, das mutige Eintreten vieler Menschen für Freiheit, Bürgerrechte und Demokratie, das sich über mehrere Jahrhunderte in der Stadtmitte von Bruchsal abgespielt hat, aufzuarbeiten und zukunftsträchtig zu präsentieren. Dazu bietet der Bergfried als ältestes Gebäude der Stadt und der ihn umgebende „Bürger“-Park samt „Bürger“-Zentrum einen Ort, wie sie kaum eine andere Stadt unserer Größenordnung in Deutschland aufweisen kann. Der Verein sieht sich dabei dem früheren Bundestagspräsidenten Norbert Lammert verpflichtet, der bei der Eröffnung der 16. Bundesversammlung am 12. Februar 2017, auf der Frank-Walter Steinmeier zum Bundespräsidenten gewählt wurde, folgendes erklärte:
„Tatsächlich hat das erstaunliche Ansehen, das Deutschland heute in der Welt genießt, wesentlich mit unserem verantwortungsvollen Umgang mit der eigenen Geschichte zu tun. Zum historischen Werden Deutschlands gehört im Übrigen auch seine zwar wechselvolle, aber beachtliche Freiheits- und Demokratiegeschichte. Ihr angemessen und würdig zu gedenken, ist ebenso unverzichtbar wie konstruktiv für das Selbstverständnis unserer Nation.“
Der Förderverein möchte in diesem Sinne die wechselvolle Geschichte in Bruchsal auf dem Weg zu Freiheit und Demokratie von den mittelalterlichen Bauernkriegen über die bürgerliche Revolution der Jahre 1848/49 bis über die NS-Zeit und die Gründung der Bundesrepublik Deutschland aufarbeiten und dokumentieren. Dazu ein paar wenige Stichpunkte: Am Bergfried wurde 1525 Anton Eisenhut, einer der Führer der Bauernkriege, hingerichtet. 1849 waren am Bergfried die Führer der Badischen Revolution inhaftiert, sie wurden von der Bruchsaler Bevölkerung befreit. In der Nachbarschaft des Bergfrieds wohnte der damalige Interims-Regierungschef der Bürger-Revolution Lorenz Brentano. Brentano war auch prominenter Abgeordneter der Frankfurter Paulskirche und ein wortgewandter Verfechter von Grundrechten, die für uns heute selbstverständlich sind. Er hat sich u.a. sehr stark für die rechtliche Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung engagiert. Beide, Eisenhut und Brentano, sind in der offiziellen Bruchsaler Geschichts-Darstellung bis heute nahezu „Unpersonen“. Auf dem Areal des heutigen „Bürger“-Parks und „Bürger“-Zentrums waren in der NS-Zeit ein Wehrmachtsgefängnis, eine Richtstätte mit Guillotine und ein Lager für Zwangsarbeiter untergebracht. Und ganz in der Nähe hat man im Jahr 1951 auf dem Gelände der abgefackelten Synagoge ein Feuerwehrhaus errichtet. Der Förderverein will, dass an all diese Ereignisse und an die Menschen, die hier in Bruchsal Geschichte vollzogen haben oder an denen Geschichte vollzogen wurde, „angemessen und würdig“ (Bundestagspräsident Norbert Lammert) erinnert wird.
Dabei erinnert der Verein daran, dass Stadtverwaltung und Gemeinderat sehr vorausschauend und verantwortlich gehandelt haben, als sie in den 1990-er Jahren das Bruchsaler Veranstaltungszentrum "Bürger"-Zentrum nannten und die dieses umgebende Grünanlagen "Bürger"-Park. Sie haben damit ihren ausdrücklichen Willen dokumentiert, dieses so blutgetränkte Areal den Bürgern zu widmen und diesen zu geben. Folgerichtig ist daher der nächste Schritt, hier an dieser „bürgerlichen“ Stelle mit einem Lernort „Freiheit, Bürgerrechte und Demokratie“ an die bürgerlichen Bestrebungen der letzten Jahrhunderte auf dem Weg zu Freiheit und Demokratie zu erinnern.
Zum ersten Vorsitzenden des Vereins wurde der Bruchsaler Journalist Rainer Kaufmann gewählt. Er ist Mitglied in der vom Gemeinderat berufenen Kommission für Stadtgeschichte der Stadt Bruchsal. Weitere Vorstandsmitglieder sind Kreisrat Eberhard Schneider aus Bruchsal und Özgür Sahin aus Helmsheim.
Der Förderverein arbeitet eng mit der Geschichtswerkstatt Bruchsal zusammen und mit dem Förderverein „Haus der Geschichte der Juden Badens“. Informationen gibt es auf der Webseite: bruchsal-bergfried.de. In den nächsten Wochen will der Förderverein ein Arbeitsprogramm und ein erstes Konzept für den geplanten Lernort zur Diskussion stellen und in die kommunal-politische Diskussion einbringen.
Mit diesen neuen Ansätzen zur lokalen Geschichts-Aufbereitung, die eingebunden ist in die „wechselvolle, aber beachtliche Freiheits- und Demokratiegeschichte“ Deutschlands, sieht der Förderverein eine einmalige Chance für Bruchsal, die bisherigen Monopol-Erzählungen von Barockschloss und Spargel um einen wirklich nachhaltigen Aspekt zu erweitern, einen Aspekt, mit dem sich die Stadt – ganz im Sinne von Norbert Lammert - auch überregional und international einen interessanten Namen machen kann. Dies kann und wird letztendlich auch der Attraktivität der Innenstadt zugute kommen, die sich auf Dauer nicht alleine auf Handel und Gastronomie wird stützen können. Es wird auch besonderer kultureller Anziehungspunkte bedürfen, wenn Bruchsals Innenstadt weiterhin belebt bleiben soll.
Weitere Informationen auf:
www.bruchsal-bergfried.de
E-Mail: lernort-freiheit@bruchsal-bergfried.de
Pressemitteilung Förderverein Lernort Bergfried Bruchsal - Freiheit, Bürgerrechte, und Demokratie"
Autor:Rolf Schmitt aus Bruchsal |
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