Rückblick - Quo vadis - Israel
Großes Interesse

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Rückblick auf die Begegnung mit Herrn Jörg Rensmann.
Ein Zitat des Patriarchen Pizzaballa gab den Akzent und die Frage am Abend vor:
„In diesem Land hat in der Vergangenheit jemand Mutigeres den politischen Weg des Friedens versucht. Aber es waren immer Versuche, die von oben nach unten verliefen: Vereinbarungen, Verhandlungen, Kompromisse. Sie sind alle kläglich gescheitert. Denken Sie zum Beispiel an Oslo. Es ist also an der Zeit, die Richtung umzukehren und einen Weg einzuschlagen, der von unten nach oben führt. Ich wiederhole: Es wird anstrengend sein, aber ich sehe keinen anderen Weg“. Überraschend für uns alle war, dass der Frage, ist Friede noch möglich in Israel, 90 Teilnehmenden den Weg bei 33 Grad Celsius zu diesem Vortrag gefunden haben. Es zeigt, dass die Frage für viele virulent ist.
Herr Rensmann, ein ausgewiesener Fachmann für die Geschichte Israels, gab einen fundierten Einblick. Nicht nur, dass dieses Land immer auch ein Land mit jüdischer Bevölkerung war. Sie waren sogar aufgrund ihrer Bildung und anderen Kenntnissen von den arabischen palästinensischen Verantwortlichen eingeladen und gewollt. Ob das Prinzip „Land für Frieden“, das für vergangene Friedensbemühungen zentral war, heute noch möglich ist, ob die Zweistaatenlösung ohne entsprechende Persönlichkeiten auf beiden Seiten eine Lösung am Horizont sein kann und wer die Garantiemächte sein können für solch ein Wagnis, blieb angedeutet. Rensmann gab für die heutige Zeit einen wichtigen Einblick in die Gesamtsituation in Israel. Mit manchen Vorurteilen räumte er auf. In einer wissenschaftlichen Offenheit ging er auch auf kritische Fragen ein: Ist die Antisemitismusdefinition zu weit gefasst, dass damit jegliche kritische Meinungsäußerung gegen Israel verhindert wird? Muss angesichts der Betonung der deutschen Staatsräson eventuell auch die Erinnerungskultur neu bedacht werden, um nicht einen gegenteiligen Reflex zu bestärken? Er unterschied klar zwischen den unterschiedlichen Formen des Antisemitismus, die sich heute zeigen, sparte aber auch nicht mit Kritik an der jetzigen Regierung. Dass die Formel “From the River to the Sea, Palestine will be free” ‚(Vom Fluss bis zum Meer wird Palästina frei sein‘). ein Slogan, der von verschiedenen pro-palästinensischen Gruppierungen verwendet wird, das Existenzrecht Israels in Frage stellt, war für ihn eindeutig. Dass er umgekehrt von einigen Vertretern des nationalkonservativen Lagers in Israel zur Ablehnung einer palästinensischen Staatlichkeit bzw. Zweistaatenlösung genutzt, ebenfalls.
Ein Teilnehmer schrieb mir: „Die engagierten Positionen und eindeutigen Urteile des Referenten basierten auf nachvollziehbaren Analysen der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die auch für unser eigenes Urteilen unerlässlich sind.“
Die Einführung erinnerte daran, da es in diesem Konflikt auch um Grundfragen des Menschen geht, Fragen nach Recht und Gerechtigkeit, nach Wahrheit und Liebe,… dass diese in sich den Verweis haben, nicht vollständig vom Menschen gelöst werden zu können. Das spiegelt gerade auch die dramatische Situation in Israel. Darum war der Verweis auf ein zivilgesellschaftliches und kirchliches Engagement für den Frieden wichtig. Rensmann berichtete von „Friends of Roots“ das von einer Gruppe engagierter Menschen ins Leben gerufen, die fest daran glauben, dass Frieden und Versöhnung zwischen Israel*innen und Palästinenser*innen durch den Aufbau von persönlichen Beziehungen und gegenseitigem Verständnis erreicht werden können. Herr Morlock ergänzte, dass die israelischen Soldaten bewusst in ihrer Ausbildung an solche Orte geführt werden. Kulturinitiative berichtete von den Zeugnissen, die Andrea Avveduto von Pro terra sancta auf dem Rheinmeeting erzählte. Das Shariagericht, das nach der Bereitschaft eines christlichen Paters, die Strafe eines Bruders auf sich zu nehmen, so beeindruckt war, dass sie nie mehr ein Todesurteil sprachen. Dass das Zeugnis der Schwestern im Gazastreifen unter Muslimen Erstaunen erweckt und das Zeugnis der „Parents Circle“, in denen betroffene israelische und palästinensische Familien sich gemeinsam für Frieden engagieren.
Ist damit Friede möglich? Dazu schrieb mir ein anderer Teilnehmer: „Gleichwohl hat mich der Vortrag in meiner Hoffnung auf Frieden und Ausgleich ernüchtert zurückgelassen. Es wäre zu wünschen, dass die in ihren Beispielen dargestellten zarten Pflänzchen der Hoffnung fruchtbar werden. Sie müssten aber in einer Wüste gedeihen: Es ist seit dem 2. Weltkrieg nicht gelungen, den UN-Auftrag zur demokratischen Staatlichkeit umzusetzen. Vielmehr haben Hass und extremistische Gewalttaten auf beiden Seiten jeden Versuch der Verständigung und Annäherung zunichtegemacht. Ob ein erneuter Versuch mit Abbas und einer Liberalen „nach Netanjahu“ Politik aussichtsreich sein könnte, ist auf den ersten Blick eher spekulativ.“ Oder ein anderer Teilnehmer: „Natürlich sind Initiativen von unten eine wichtige Voraussetzung für den Frieden in der Zukunft. Aber vermutlich wird es ohne UN und USA und zu gewinnende weitere Partner kein Verlassen des Teufelskreises geben.“
Auch wenn es mir angesichts der Geschehnisse ähnlich ergeht, wie den oben zitierten Teilnehmern, bin ich dankbar, dass die Worte Pizzaballas einen Widerhall an diesem Abend gefunden haben und die Fragen und das Pflänzchen Hoffnung geöffnet blieben.

Hubert Keßler
Kulturinitiative e.V.

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Autor:

Hubert Keßler aus Bruchsal

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