Religionsfreiheit als Grundrecht und ihre Bedrohung
Kamingespräch
Ein Gespräch mit Volker Kauder und Professor Franz Reimer über Religionsfreiheit
Am Freitag Abend 12.11 treffen sich 55 Personen im Vinzentiushaus Bruchsal. Angenommen haben die Einladung zu dieser geschlossenen Gesprächsrunde MdB Olaf Gutting, einige Bür-germeister des Umkreises, Vertreter des Gemeinderates, der Pfarrgemeinden, evangelische und katholische Pfarrer, Direktoren und Lehrer und einige Freunde von Kulturinitiative e.V.
Was bedeutet Religionsfreiheit als Grundrecht in Zeiten des politischen und gesellschaftli-chen Umbruches?
Wir alle haben diesen Drang in uns, unser ganzes Potential zu entfalten und wir alle haben den Wunsch in uns, die Wahrheit zu suchen und an ihr festzuhalten. So ist die Frage der Reli-gionsfreiheit eine Frage von einem Jeden von uns.
Die Begegnung mit Professor Reimer aus Giesen, der diese Frage aus der Sicht des Glaubens durch die juristische Brille und Volker Kauder, ein Politiker, der zum weltweiten parlamenta-rischen Netzwerk für Religionsfreiheit gehört und diese Frage durch die politische und jahr-zehntelange Erfahrung aufnimmt, führte zur regen Diskussion unter allen Beteiligten im Saal.
Kauder ist in dieser Frage kein Unbekannter. Der Einsatz für die Religionsfreiheit und für verfolgte Christen ist und bleibt für den evangelischen Christen ein Herzensanliegen. Auf sein Engagement geht es zurück, dass der Bundestag seit 2017 für die Religionsfreiheit einen Beauftragten hat, der jährlich einen Bericht zur Lage der Religionsfreiheit und Verfolgung von Christen veröffentlichte.
Wie viel Freiheit im einem gemeinsamen Glauben mitschwingt, zeigte, dass Franz Reimer und Volker Kauder möglich war, die Frage der Neutralität des Staates auch sehr kontrovers zu diskutieren. Kann man überhaupt neutral sein, war die Frage gestellt worden, als Person prägt doch der Glaube mein Tun. Der nun aus dem Bundestag ausgeschiedene Kauder ver-teidigte mit Vehemenz die staatliche Neutralität von Beamten und wiedersprach damit Pro-fessor Reimer Bemerkung von einem „wolkigen Neutralitätsgrundsatz“. Ist nicht ein offen-sichtliches Bekenntnis zur eigenen Identität einer Lehrerin mit Kopftuch eine notwendige Provokation angesichts des Verlustes der Wahrheitsfrage. Bedeutet das Kopftuch einer Rechtsreferendarin schon eine Infragestellung der im Staatsdienst tätigen Person notwendi-ger Neutralität? Die Diskussion an diesem Punkt blieb offen.
Es zeigte sich, Religionsfreiheit ist eine Provokation auf vielen Ebenen:
Auf der Seite der Gläubigen, die im „Wettbewerb der unterschiedlichen „Wertegeber“ zu Zeugnis herausgefordert sind und nicht nach „Vater Staat rufen können“. Klar, wer sie für sich einfordert, muss sie auch anderen zugestehen. An diesem Punkt war die Provokation von Herr Kauder sehr klar. Er forderte, und das in seinem öffentlichen Wirken nicht das erste Mal, die Gläubigen im Saal heraus, ihrem Missionsauftrag ernster zu nehmen und sich nicht zu beklagen, wenn die Moscheen sich füllen und die Kirchen sich leeren.
Interessant in diesem Kontext war der Beitrag eines ehemaligen Schulleiters einer katholi-schen Mädchenschule in Kairo. Er erzählte, dass es die muslimischen Eltern waren, die ihn gebeten hatten, den Sonntag als den Feiertag der Christen schulfrei zu belassen und nicht aufgrund der muslimischen Mehrheit seiner Schülerinnen darauf zu verzichten.
Auf der Ebene einer sich breit machenden nationalistischen Instrumentalisierung der Reli-gion, wie Kauder von Erfahrungen aus Indien und China berichtete, bedeutet die Religions-freiheit als Grundrecht ein klares Stoppschild.
…. Auf der Seite derjenigen, die Grund- und Menschenrechte zur neuen Zvilreligion erheben möchten, erinnert die Religionsfreiheit an die eigentliche transzendente Dimension im Men-schen, in unseren Worten, an den Religiösen Sinn und das Warten auf eine Antwort, die sich ereignet.
Einer der Anwesenden hob in seinem Beitrag die gefährliche Reduzierung des Glaubens auf Werte und die Verstärkung der Selbstsäkularisation des Christentums durch den Verlust der Wahrheitsfrage hervor und fand bei Franz Reimer und anderen breite Zustimmung.
Wie ist es nun mit dem kirchlichen Arbeitsrecht. Die Ampel der neue Regierung sprachen in ihren Programmen von Abschaffung dieses Rechtes. Franz Reimer wies auf das unaufhebba-re Recht der Kirchen als Körperschaft des öffentlichen Rechts, ihre Angelegenheiten selbst regeln zu dürfen. Kauder fordert eine Konzentration dieses Rechtes auf die Bereiche, in de-nen es um Verkündigung und Bildung geht.
Es war ein Abend, an dem die Präsenz von Christen, nicht nur von der Bewegung und auch nicht nur von der katholischen Kirche eine Anziehungskraft entfaltete, die sich in der Diskus-sion und in mehreren Rückmeldungen zeigte. Es blieb der Wunsch bei Vielen, dieses Ge-spräch fort zu setzen, auch bei Volker Kauder.
Hubert Keßler
Fotos privat
Autor:Hubert Keßler aus Bruchsal |
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