Posaunenchor Unteröwisheim feiert 125jähriges Bestehen
Musik und Gemeinschaft

Der Posaunenchor Unteröwisheim in seiner aktuellen Besetzung mit Männern und Frauen, Jung und Alt sowie einer Vielzahl von Instrumenten. | Foto: Maximilian Ockert
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  • Der Posaunenchor Unteröwisheim in seiner aktuellen Besetzung mit Männern und Frauen, Jung und Alt sowie einer Vielzahl von Instrumenten.
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Seine Premiere feierte der Posaunenchor in Unteröwisheim im Jahr 1896 bei der Begrüßung des ersten Eisenbahnzuges von Bruchsal nach Menzingen. So berichtet der Chronist in der Karlsruher Wochenzeitung für Stadt und Land am 13. März: „Auch der Posaunenchor des hiesigen evangelischen Männer- und Jünglingsvereins spielte unter der Leitung seines tüchtigen Dirigenten Herrn Kaufmann Trautmann zwei Choräle zur Begrüßung der neuen Eisenbahn.“

Mit einem tüchtigen Dirigenten fing es an

Von diesem ersten öffentlich dokumentierten Auftritt an rechnet der Posaunenchor Unteröwisheim sein Lebensalter und feiert deshalb 2021 sein 125jähriges Bestehen. Die Verantwortlichen haben sich dafür ein attraktives Programm ausgedacht, von dem aber bereits drei Veranstaltungen wegen Corona abgesagt werden mussten: Eine Familienfreizeit im Januar, der Jubiläumsgottesdienst mit Ehrungen im März und der Deutsche Evangelische Kirchentag in Frankfurt/Main im Mai. Nun hofft man, dass weitere Veranstaltungen doch stattfinden dürfen. Dabei denken die Bläserinnen und Bläser an die Kirchenmusiktage im Mai, ein Open-Air-Konzert im Juli mit dem Jubiläumsgottesdienst, der eigentlich jetzt im März hätte stattfinden sollen, und an den Bezirksposaunentag im September. Zum Jubiläum hat der Posaunenchor eine Festschrift herausgegeben, die die Entwicklung des Chors beschreibt. Sie schildert die einzelnen Bereiche des Chorlebens und zeigt, dass Posaunenchor mehr ist als Musik.
Den Posaunenchor Unteröwisheim kann man mit den beiden Begriffen Musik und Gemeinschaft charakterisieren. Günter Lautenschläger, seit fast 60 Jahren dabei, sagt: „Wir lernten ein Instrument zu spielen und tobten uns aus bei Fußball und Handball. Das hat uns motiviert und zusammengehalten.“ Aus den Jugendlichen wurden gestandene Männer.

1975 kam die erste Frau dazu

Es kamen Familien dazu und seit 1975 spielen mit dem Eintritt von Carmen Steinhilper auch Frauen in dem Posaunenchor. Viele Mitglieder sind seit Jahrzehnten begeisterte Bläserinnen oder Bläser. Im Laufe der Jahre sind es mehrere Generationen geworden, die miteinander im Unteröwisheimer Chor blasen. Jährliche Feste, Ausflüge, Wanderungen und Bergtouren fördern diese Gemeinschaft. Besondere Erlebnisse waren und sind immer wieder die Großereignisse, wo mehrere Hundert oder gar Tausend Bläserinnen und Bläser zusammen musizieren. Dazu gehören die Landesposaunentage, wie im Jahr 2019 in Bruchsal, Deutsche Posaunentage, wo die Unteröwisheimer in Dresden spielten und die Deutschen Evangelischen Kirchentage. Der nächste ist in Hamburg. „Das geht einem immer wieder unter die Haut“, sagt Ludwig Sulzer, der Obmann des Unteröwisheimer Posaunenchores, „wenn man mit so vielen anderen Bläserinnen und Bläsern zusammenspielt und einen großen Chor bildet zur Ehre Gottes.“

Kirchentag und "Platzblasen"

Für Chorleiter Eckehard Ockert ist es dann auch die Vielfalt der Posaunenmusik, die ihn begeistert. „Mit ganz verschiedenen Interessengruppen auf unterschiedlichsten Niveaus zusammen gute Musik zu machen, das macht den Reiz aus und geht nur bei Posaunenchören“, sagt er. Das Gemeinsame in der Vielfalt spiegelt sich auch im Unteröwisheimer Chor wider. Hier musizieren Jüngere und Ältere miteinander, Männer und Frauen, Posaunen, Trompeten, Hörner, Euphonien und Tuben. Die Bläserinnen und Bläser hält es nicht nur in der Kirche.

Nicht nur in den Kirchenmauern

Das Kapitel „Posaunenchor aktiv“ in der Festschrift beschreibt die verschiedenen Aktionen in Unteröwisheim wie die Waldgottesdienste und Open-Air-Konzerte, Bläsergottesdienste und das beliebte „Platzblasen“ zu Ostern und Weihnachten an mehreren Standorten in „Uneroise“. „Die Posaunenchöre sind ein wichtiges Verkündigungsmittel, das gerne gehört wird“, sagt Ockert. „Gerade in dieser Corona-Zeit können wir den Menschen Hoffnung und Zuversicht bringen mit unserer Musik gespielt in der zulässigen Art und Form.“
Die Anfänge der Posaunenchöre in Deutschland liegen in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Westfalen. Als Gründer gilt Johannes Kuhlo (1856 bis 1941), der zusammen mit seinem Vater Eduard Kuhlo (1822–1891) die ersten Posaunenchöre zusammenstellte. 1930 hat Johannes Kuhlo, auch „Posaunengeneral“ genannt, beim Posaunenfest in Pforzheim den Unteröwisheimern eine von ihm handschriftlich erstellte Erinnerungsurkunde überreicht.

Musikalische Bruderhilfe von Westfalen nach Baden

Von Westfalen aus verbreiteten sich die Posaunenchöre als Musikbewegung in ganz Deutschland und waren eng verbunden mit den evangelischen Jünglingsvereinen, dem heutigen CVJM, Christlicher Verein junger Menschen. Anfangs waren sie geprägt vom reinen Choralblasen. Die Literatur hat sich aber ständig weiterentwickelt und bietet den Chören heute eine große musikalische Vielfalt. Das breite Repertoire reicht bis hin zu Swing, Jazz, Pop und Filmmusik. Die Blasinstrumente dienten ursprünglich der Liedbegleitung in Gottesdiensten als Ergänzung, zum Teil auch Ersatz, der Orgel. Sie bieten den Vorteil, dass man sie ortsunabhängig auch außerhalb der Kirchen einsetzen kann. In Posaunenchören sind fast alle Arten von Blechblasinstrumenten vertreten, vornehmlich aber Trompeten und Posaunen. Die Deutsche UNESCO-Kommission hat Posaunenchöre im Dezember 2016 in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Autor:

Martin Stock aus Bruchsal

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