Bruchsaler Kulturfenster
Nicht bloß Namen – Noch einmal das Familienarchiv Diemer
Jeden Donnerstag laden das Städtische Museum und das Stadtarchiv zum Blick durch das „Bruchsaler Kulturfenster“ ein. Dieses Mal stellt Dr. Tamara Frey vom Stadtarchiv noch einmal das Familienarchiv Diemer vor.
Erinnern Sie sich noch an das Familienarchiv Diemer? Im August haben wir hier einen Brief von Elisabeth Diemer an ihre Nichte Luitgard, in dem sie die Freude über ein Geschenk der Großherzogin Sophie zum Ausdruck brachte, vorgestellt. Doch nicht nur in die Vergangenheit reichte Emil Diemers genealogisches Interesse. Er versuchte auch, alle noch lebenden Verwandten ausfindig zu machen. So erstreckte sich seine Korrespondenz auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch zu Nachkommen der „St. Louis Diemer“, die in den 1890er Jahren nach Amerika ausgewandert waren. Tatsächlich war es diese Linie, die den Namen Diemer am Längsten weitertrug.
Emil Diemer selbst hatte keine Enkel. Mehrere Kinder verstarben jung. Sein Sohn Emil Josef und er brachen miteinander, als sich der Sohn dem Nationalsozialismus zuwandte. Eindrückliche Briefe zwischen dem Vater und einem Bekannten, der versuchte, in der ersten Zeit des Zerwürfnisses zu vermitteln, machen deutlich, was geschah, wenn Gesinnungsgräben direkt durch Familien verliefen. Der Sohn, der sich mehr schlecht als recht durch Preisgelder bei Schachturnieren über Wasser hielt, verklagte den Vater sogar auf Unterhalt – gleichzeitig wurde der Fall durch die nationalsozialistische Presse gezogen und der treu katholische Zentrumsanhänger Diemer verlor seinen Beamtenposten.
Das Einkommen wurde knapp und Emil Diemer hielt sich durch Veröffentlichungen in Historischen Zeitschriften und genealogische Auftragsarbeiten über Wasser; später beherbergte die Familie einquartierte französische Soldaten, nahm auch französische Kinder als Pfleglinge auf und Emil Diemer wurde im Rahmen der „Wiedergutmachung“ entschädigt. Die Tochter aus zweiter Ehe, Hildegard, entschied sich nach einer Zeit im Erzieherinnen-Seminar für den Eintritt ins Kloster. Noch bis in die 1950er reichen die Fotos, die von Besuchen der Eltern bei ihr am Starnberger See zeugen.
Das Familienarchiv Diemer ist deshalb nicht nur für etwaige Nachfahren interessant. Es zeichnet ein detailliertes Bild einer deutschen Familie über drei Jahrhunderte hinweg und die Verwobenheit jedes Einzelnen mit den kleinen und großen politischen Entscheidungen seiner Lebenszeit.
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