Hunderttausende werden erwartet
Fridays for Future streikt auch in Frankenthal
Frankenthal. Fridays for Future (FFF), die heute weltweit größte Jugendbewegung, ruft auch in Frankenthal zum zehnten globalen Klimastreik auf, die am Speyerer Tor startet.
„Am 25. März gehen wir wieder auf die Straße“, sagt die Frankenthaler FFF-Sprecherin Smilla Friedel, „wir streiken unter dem Motto: ’Menschen nicht Profite.’“ Denn die Klimakrise sei auch eine soziale und wirtschaftliche Krise. Klimakatastrophen träfen die Menschen am schlimmsten, die sich am wenigsten davor schützen können. Grund dafür seien Ungerechtigkeiten wie Armut, Neo-Kolonialismus und Rassismus.
Die 22-jährige Studentin, die aus Großniedesheim kommt und das Karolinen-Gymnasium besuchte, fügt hinzu: „Zudem darf die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze nicht zulasten der Menschen gehen, die am wenigsten dazu beigetragen haben.“
Daher fordert die FFF auch in Frankenthal von der deutschen Politik, „neokoloniale Abhängigkeitsverhältnisse aufzulösen“, wie sie das nennen. Internationale Politik müsse den Interessen der Länder gerecht werden, die davon am stärksten betroffen seien. Gleichzeitig müsste sie diskriminierende Beziehungen auflösen, die auf die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze zielten. „Profite“ dürften nicht „über Menschen und Klimaschutz stehen“.
Fridays für Future ist heute die weltweit größte soziale Jugendbewegung. Wie viele junge Menschen nach dem Beispiel Greta Thunbergs freitags für Klima-Demos die Schule bestreiken, weiß selbst FFF nicht. Beim letzten globalen Streiktag vor Corona brachten die Aufrufe von FFF allein in Deutschland 1,4 Millionen Menschen auf die Straße.
Die Bewegung will darauf aufmerksam machen, welche tiefgreifenden Folgen der Klimawandel für kommende Generationen haben wird. Zudem fordert sie von Politik und Regierung eine strengere und ambitioniertere Klimapolitik ein. So pochen sie etwa auf konkrete Pläne, um die zu erwartende Klimaerwärmung auf die im Pariser Klimaabkommen vereinbarten 1,5 Grad zu begrenzen. „Zum 1,5-Grad-Ziel hätten sich fast alle demokratischen Parteien in Europa bekannt, ausreichende Maßnahmen zur Umsetzung dessen hat jedoch bis heute keine Partei vorgestellt“, heißt es auf der Website von FFF.
FFF will jeden einzelnen daran erinnern, verantwortlich zu handeln. Die Zeit, in der Handeln möglich sei, um die Erderwärmung auf ein kontrollierbares Maß zu beschränken, werde immer kürzer. Dabei seien die nächsten vier Jahre entscheidend. Die Schüler und Studenten von FFF streiken während der Schule und Uni, damit ihre Forderungen ernst genommen werden.
Die 22-jährige Studentin Smilla Friedel ist Sprecherin der FFF-Ortsgruppe Frankenthal. Sie vertritt ihre Gruppe auf Online-Bundeskonferenzen von FFF und stimmt dort bei wichtigen Entscheidungen mit. Per WhatsApp und Social Media brieft sie ihre Ortsgruppe über im Bundesgremium beschlossene Streik-Mottos, Pläne und Aktionen, die dann - wie überall in Deutschland - umgesetzt werden. Im Interview mit dem Stadtmagazin Frankenthaler verrät sie, was die bislang größten Erfolge von FFF sind und welche tiefgreifenden Folgen Forscher mit dem Klimawandel in der Pfalz erwarten.
Was hat Dich motiviert, bei Fridays for Future mitzumachen?
Wer unseren Lebensstandard bewahren, soziale Gerechtigkeit umsetzen will und kommenden Generationen eine lebenswerte Zukunft und einen lebenswerten Planeten hinterlassen will, der kommt um Klimagerechtigkeit nicht herum.
Was hat die Bewegung bislang schon erreicht? Was sind Eure größten Erfolge?
Wir haben tausende Menschen zusammengebracht und inspiriert. Sei es in Form anderer Wahlentscheidungen, einer neuen Lebensweise oder durch Aktivismus. Politiker nehmen uns ernst, auf was Wissenschaftler schon seit Jahren hoffen und warten. Zudem haben wir auch Erfolge mit bahnbrechenden Entscheidungen vor Gerichten gefeiert, etwa mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes im vergangenen Jahr. Das Gericht urteilte, dass das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung unzureichend sei und verpflichtete die Bundesregierung mit einer strikteren Vorlage nachzubessern.
Welche Formate sollen Eure Aktionen 2022 prägen?
Für den Sommer planen wir einen Aktionstag mit Infoständen und Podiumsdiskussion, um mit Bürgern gemeinsam einen Plan für ein klimaneutrales Frankenthal zu entwickeln. Zudem findet vom 16. bis zum 20. Mai die Public Climate School wieder statt. Bei der Public Climate School handelt es sich um ein digitales Bildungsprogramm, das von Studierenden der FFF Bewegung koordiniert und von Wissenschaftlern und Lehrern mitgestaltet ist. Lehrer sollen diese Formate im Unterricht einbauen. Ferner ist eine Baumpflanzaktion mit der Stadt geplant, im Rahmen des Storchenwald-Projekts.
Wo sind die Auswirkungen des Klimawandels in der Vorderpfalz bereits deutlich zu spüren?
Klimatisch zählt die Vorderpfalz zu den trocken-warmen Regionen. Prognosen zeigen, dass es bei uns derzeit immer wärmer und damit auch trockener wird. Dies trägt zur Veränderung der Ökosysteme bei und begünstigt die Ausbreitung von Schädlingen und gebietsfremden Arten. Die Trockenheit wird zunehmen, was zu Wasserknappheit führen kann. Hitzewellen und mehr heiße Tage sind vor allem in Ballungsgebieten ein Problem. Auch von Flusshochwassern werden wir mehr betroffen sein. Allein die Flutkatastrophe im letzten Sommer hat uns weit mehr als zehn Milliarden Euro gekostet. Der Dürresommer 2018 hat nur im Bereich Landwirtschaft Schäden von mehr als 680 Millionen Euro verursacht und jeder 25. Betrieb wurde in seiner Existenz bedroht.
Welche tiefgreifenden Folgen sind für die Vorderpfalz zu erwarten, wenn wir den derzeitigen Kurs bei CO2-Reduktion beibehalten?
Beim jetzigen Kurs der Bundesregierung werden wir das 1,5 Grad-Budget auf jeden Fall überschreiten. In Deutschland liegen wir schon jetzt bei einer Erwärmung von 1,6 Grad. Wetterextreme wie etwa der Dürresommer 2018 werden häufiger werden. Das heißt, dass wir künftig bei längeren Hitzewellen und Dürreperioden Wasser rationieren müssen und Ernteausfälle haben. Regionale Weinsorten werden schwieriger anzubauen sein, womit wir ein Stück weit auch Kulturgut verlieren. Vor allem älteren Menschen wird es schlecht gehen: Die Gefahr, durch Hitzeschläge zu sterben, wird erheblich steigen. Durch Fluten und der damit verbundenen Verunreinigungen des Wassers gehen Anbauflächen verloren. Im schlimmsten Fall werden Menschen in einigen Gebieten aufgrund des hohen Risikos in der Pfalz nicht mehr leben können.
Wie viel Zeit bleibt uns noch, um die Netto-Emissionen zu halbieren, damit das Klima nicht kippt?
Um die globale Erderwärmung in diesem Jahrhundert auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssten wir unsere Emissionen innerhalb der nächsten acht Jahre, also bis spätestens 2030, halbieren. Mit den aktuellen Zusagen der Staaten, vorausgesetzt sie werden eingehalten und die Emissionen steigen ab diesem Jahr nicht weiter, landen wir stattdessen bei einer Reduktion von lediglich 7,5 Prozent. Damit sind wir auf dem Weg Richtung Drei-Grad-Erwärmung. Im schlimmsten Fall landen wir bei vier Grad Erwärmung.
Welche Maßnahmen fordert ihr von der Politik, um die Netto-Emissionen bis 2030 zu halbieren?
Von der aktuellen Regierung fordern wir konkrete Gesetze und ein Budget, um uns auf den Weg Richtung maximaler Klimaerwärmung von 1,5 Grad zu bringen. Auch für den Erd-gasausstieg bis 2035 und den Kohleausstieg bis 2030 setzen wir uns ein. Ferner sprechen wir uns für den Stopp des Verbrennungsmotors bis 2025 aus, die Beseitigung der politischen Hürden beim Ausbau der Sonnen- und Windenergie. jg
Autor:Stadtmagazin Frankenthaler aus Frankenthal |
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