Stolpersteine in Frankenthal erinnern an die Opfer der NS-Zeit
Gegen das Vergessen
Frankenthal. „Hier wohnte Jacob Wolf. Jahrgang 1885. Deportiert 1940 nach Gurs. 1943 Auschwitz. Ermordet.“ steht auf einem, in das Pflaster eingelassenen Stein, in Frankenthal. Wenn man durch die Straßen Frankenthals schlendert, stolpert man häufiger über die Schicksale der während des Nationalsozialismus politisch Verfolgten und ermordeten Juden Frankenthals. Das ist die Intention der sogenannten Stolpersteine. Insgesamt 87 Stolpersteine gibt es in Frankenthal. Am 9. September werden elf weitere Steine für die jüdischen Familien Nachmann und Pfeifer sowie für den Widerstandskämpfer Karl Huber verlegt.
Von Laura Braunbach
Die Stolpersteine sind ein Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Es handelt sich dabei um 10x10 Zentimeter große Messingplatten, die vor den Häusern von Opfern des Nationalsozialismus in das Straßenpflaster verlegt werden. In die Messingplatten werden die Namen und Lebensdaten sowie Hinweise auf das Schicksal des Opfers eingraviert. „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, sagt Gunter Demnig. „Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst hier wohnten.“
Seit 1966 wurden fast 90.000 Steine in über 1.800 Kommunen verlegt. Sie erinnern an die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der Sinti und Roma, der politisch Verfolgten, der Homosexuellen, der Zeugen Jehovas und der Euthanasie-Opfer.
Seit 2005 in Frankenthal
Am 24. April 2005 wurden die ersten Frankenthaler Stolpersteine für die jüdische Familie Adler in der Fächergasse am Willy-Brandt-Platz verlegt. 87 Stolpersteine erinnern inzwischen in Frankenthal an jüdische Männer, Frauen und Kinder, die verfolgt, vertrieben und ermordet wurden.
Erinnerung an Moritz, Meta, Ludwig, Kurt, Hans und Irene Nachmann
Die Verlegung beginnt um 10.30 Uhr vor dem Haus am Rathausplatz 2-4. Früher stand hier das große und bekannte Kaufhaus der jüdischen Familie Nachmann. Das Kaufhaus wurde unter der nationalsozialistischen Herrschaft „arisiert“, das heißt die Familie wurde enteignet, beziehungsweise zum Verkauf gezwungen. Die Besitzer Moritz und Meta Nachmann wurden im Konzentrationslager (KZ) Theresienstadt ermordet, ihre Kinder Ludwig, Kurt und Hans Nachmann konnten in die USA flüchten. Tochter Irene Nachmann überlebte die Haft in den Konzentrationslagern Auschwitz und Ravensbrück.
Erinnerung an Berthold, Toni, Paula und Robert Pfeifer
Im Neumayerring 34 erinnern künftig vier Steine an die Familie Pfeifer. Berthold und Toni Pfeifer sowie die Tochter Paula wurden im Oktober 1940 in das Internierungslager Gurs in Südwest-Frankreich deportiert. Während ihre Eltern 1942 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurden, konnte Paula als Krankenschwester mit einem Schiffstransport 1942 nach Amerika „auswandern“. Ihr Bruder Robert, der bereits 1940 in die USA geflüchtet war, half ihr bei der Flucht.
Erinnerung an Karl Huber
In der Sterngasse 2 erinnert ein Stolperstein künftig an Karl Huber. Er wurde politisch verfolgt. 1935 wurde er verhaftet, weil er Flugblätter gegen die Diktatur verteilte. Er war in Gefängnissen in Frankenthal und München sowie in den Konzentrationslagern Dachau, Mauthausen und Buchenwald. Karl Huber wurde 1945 von den Alliierten befreit.
Wann werden Stolpersteine verlegt?
Ein Stolperstein wird verlegt, wenn jemand die Patenschaft, das heißt die Kosten für die Herstellung und Verlegung in Höhe von 120 Euro, übernimmt. Der Förderverein für jüdisches Gedenken ist auf Spenden angewiesen. Wer für einen Stolperstein spenden möchte, setzt sich mit Herbert Baum vom Förderverein per E-Mail an: herbaum@t-online.de in Verbindung. Zahlreiche Bürger, Schulen, Kirchen, Parteien, Gewerkschaften und Justizbehörden haben bereits für die Verlegung von Stolpersteinen gespendet. Mehrere Nachfahren nahmen an der Verlegung teil.
Führungen durch Frankenthal
Am Sonntag, 5. September, führt Rüdiger Stein ab 11 Uhr zu den Stolpersteinen. Treffpunkt ist vor der Zwölf-Apostel-Kirche, Carl-Theodor-Straße.
Ab 15 Uhr führt Werner Schäfer über die beiden jüdischen Friedhöfe. Treffpunkt ist in der Trauerhalle des Hauptfriedhofs in der Wormser Straße.
Ab 17 Uhr führt Herbert Baum durch die Innenstadt. Treffpunkt ist der Gedenkplatz für die Synagoge in der Glockengasse. Die geschichtliche Führung endet in der Wormser Straße vor dem ehemaligen Möbelhaus Abraham.
Die Führungen sind eine Kooperation der Volkshochschule und des Fördervereins für jüdisches Gedenken Frankenthal. Die Teilnahme ist kostenfrei. laub
Weitere Informationen:
Weitere Informationen zu den Standorten der Stolpersteine, der Geschichte der Opfer und der Arbeit des Fördervereins gibt es unter www.juden-in-frankenthal.de
Autor:Laura Braunbach aus Neustadt/Weinstraße |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.