Abitur in Zeiten der Coronakrise
Ein sehr abruptes Ende der Schulzeit
Germersheim. Zwölfeinhalb Jahre haben sie sich auf diesen Moment vorbereitet, haben über ihren Büchern geschwitzt, den Lehrstoff gebüffelt, Tests geschrieben, Präsentationen vorbereitet, Referate gehalten und vor der einen oder anderen Note gezittert. Jetzt ist es soweit: Die 96 Absolventen des Abiturjahrgangs 2020 am Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasium in Germersheim haben ihre Hochschulreife in der Tasche. Und es passiert: nichts.
Keine Zeugnisverleihung, kein Abistreich, nicht eine einzige Party und ganz sicher kein Abiball mit knapp 600 Leuten in der Stadthalle. Nicht einmal in die Arme durften sie sich fallen, als die Anspannung nach den mündlichen Prüfungen endlich von ihnen abgefallen war. Stattdessen hieß es: Ihr müsst das Schulgelände direkt nach der Prüfung auf schnellstem Weg wieder verlassen. "Ich hab's noch gar nicht richtig realisiert", sagt Alexander Kohrmann aus Bellheim. Der 19-jährige Abiturient fand es schwierig, sich in der aktuellen Krise aufs mündliche Abi vorzubereiten. "Es ist so vieles so schnell passiert - und wir hatten mit der Absage all unserer Veranstaltungen bis zur Prüfung ordentlich zu tun", erzählt er.
Der Abiball am 5. April, er hätte ganz groß werden sollen: mit Moderation, Programm und eigens eingeübten Tänzen. Doch jetzt bleiben die schicken Klamotten erst einmal im Schrank, denn alle von langer Hand vorbereiteten Pläne hat das Coronavirus zunichte gemacht. Aber noch ist da ein Fünkchen Hoffnung. "Wir haben einen guten Kontakt zum Pächter der Stadthalle und würden den Abiball gerne im Spätsommer nachholen", sagt Alexander Kohrmann. Vielleicht ließe sich dann auch noch eine Zeugnisverleihung samt Preisübergabe in feierlichem Rahmen nachstellen, denn so gab es nicht einmal die Gelegenheit, sich vernünftig von den Lehrern zu verabschieden. Ein sehr abruptes Ende der Schulzeit.
Dennoch ist Rusanthi Raventhiran aus Germersheim dankbar, denn es fanden - gerade so - noch alle Unterrichtsstunden zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung statt. Da seien andere Bundesländer schlechter dran. Trotzdem fehle ihr ein richtiger Abschluss ihrer Zeit am Gymnasium - als Zeichen dass jetzt ein neuer Lebensabschnitt anfängt, sagt die 18-jährige Abiturientin.
"Jetzt steht es an erster Stelle, das Gesundheitssystem zu entlasten", sagt Kathrin Bui, 19 Jahre alt und ebenfalls aus Germersheim. Da hätte es sich nicht richtig angefühlt zu feiern. "Wir dürfen jetzt nicht an uns selber denken." Es sei besser zu warten und dann im Spätjahr nachzufeiern, als jetzt Menschen zu gefährden. "Das haben wir an unserer Schule doch auch gelernt: an die Gemeinschaft zu denken und die Zukunft der Gesellschaft im Blick zu haben."
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