ADFC Germersheim kämpft für Einhaltung des Überholabstands
Mit 1,5 Metern und Fahrrad-Cam für mehr Sicherheit und weniger Angst

Johannes Meichßner, 1. Vorsitzender des ADFC Germersheim, zeigt anhand eines Banners, wie groß der Abstand zum Rad innerorts und außerhalb geschlossener Ortschaften sein muss | Foto: Heike Schwitalla
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  • Johannes Meichßner, 1. Vorsitzender des ADFC Germersheim, zeigt anhand eines Banners, wie groß der Abstand zum Rad innerorts und außerhalb geschlossener Ortschaften sein muss
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Germersheim. 1,5 Meter sind nicht nur bei Corona ein sicherer Abstand, auch im Straßenverkehr spielen diese 150 Zentimeter seit Ende April eine bedeutende Rolle - besonders für Radfahrer. Denn seit 28. April gilt laut Straßenverkehrsordnung : "Beim Überholen mit Kraftfahrzeugen von zu Fuß Gehenden, Rad Fahrenden und Elektrokleinfahrzeug (E-Scooter)-Führenden beträgt der ausreichende Seitenabstand innerorts mindestens 1,5 und außerorts mindestens zwei Meter." Das heißt aber für den Autofahrer gleichzeitig natürlich auch, dass "eine an den vorausfahrenden Radverkehr angepasste Geschwindigkeit" geboten ist, "bis sich eine regelkonforme Überholgelegenheit ergibt." Erstmals seit den 1970er Jahren, in denen der "ausreichende Seitenabstand beim Überholen von Fahrrädern" zum ersten Mal erwähnt wurde, ist dieser auch eindeutig definiert.

Das ist wichtig, denn Studien (Forsa 2017) zeigen, dass die Angst vor zu knappen Überholmanövern zum einen weitere Gefahrensituationen im Straßenverkehr provoziert: etwa das zu nahe vorbeifahren an parkenden Autos oder die Benutzung eines Gehwegs durch die Radfahrer, zum anderen aber auch viele Menschen von der Nutzung des Fahrrads abhält. "Wir wissen, dass Radfahrer auch in der Region bewusst gewisse Strecken meiden, weil sie dort Angst vor dem Autoverkehr haben", erklärt Johannes Meichßner, Erster Vorsitzender des ADFC Germersheim. "Oder sie steigen erst gar nicht mehr aufs Rad", ergänzt er.
Das Hauptproblem der neuen Regelung wird - wie so oft im Straßenverkehr - die Nachweisbarkeit sein. Denn wie will ein Radfahrer beweisen, dass ein Auto ihn zu eng überholt halt, auch Polizeikontrollen an Unfallschwerpunkten sind kaum vorstellbar. 
Der ADFC erprobt derzeit verschiedene Möglichkeiten, um auf die Problematik und die neue Regel in der Straßenverkehrsordnung aufmerksam zu machen, etwa mit einem Banner, dass die 1,5 Meter (innerorts) und zwei Meter (außerorts) deutlich macht. Auch Abstandshalter am Fahrrad sind eine Variante, die getestet wird.

Johannes Meichßner, 1. Vorsitzender des ADFC Germersheim, zeigt anhand eines Banners, wie groß der Abstand zum Rad innerorts und außerhalb geschlossener Ortschaften sein muss | Foto: Heike Schwitalla
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Auch eine Warnweste mit mahnendem Aufdruck soll bald im Internet verkauft werden. Auf dem Rücken des Radfahrers kann der Autofahrer so eine Erinnerung an den Mindestabstand beim Überholen lesen, der Radfahrer ist zudem - durch die Signalfarben der Weste - noch besser sichtbar. "Für noch mehr Sicherheit und Tragekomfort werden wir die Westen auch mit Reißverschluss auf den Markt bringen", sagt Erhardt Vortanz, Beisitzer des ADFC Germersheim.

Erhardt Vortanz, Fahrrad-Aktivist und Beisitzer beim ADFC Germersheim, zeigt die Schutzweste mit dem Abstands-Aufdruck | Foto: Heike Schwitalla
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Nicht ganz unkritisch ist die Methode der "Rücklichtkamera", die Erhardt Vortanz bevorzugt. In ein an- und abmontierbares Fahrradlicht ist eine Kamera eingebaut, mit der man - ähnlich der Dashcam im Auto - den Straßenverkehr filmt. Sie kann an unterschiedlichen Positionen montiert werden, so dass verschiedene Verkehrssituationen dokumentiert werden können.
Damit befindet man sich zwar in einer rechtlichen Grauzone, kann aber Überholvorgänge aufzeichnen und das Filmmaterial, kommt es zur Anzeige, der Polizei als Beweismittel zur Verfügung stellen.
Vortanz, der sich selbst als Fahrrad-Aktivist bezeichnet, sagt: "Ich nutze diese Kamera bereits und habe auch schon einen Fall damit zur Anzeige gebracht. Unsere Rechtsexperten sagen, dass der Film als Beweis entweder abgelehnt und ich bestraft werde, weil ich gefilmt habe, oder man erkennt ihn als Beweismittel an, dann kann die Anzeige weiter verfolgt werden."  Eine Dame in Bellheim hat mich mit kaum 50 Zentimetern Abstand überholt, viel zu schnell in einer Tempo 30-Zone. Ich bin ihr nachgefahren und habe ihr auch gesagt, dass ich sie gefilmt habe und anzeigen werde. Das war ihr völlig egal."

Erhardt Vortanz, Fahrrad-Aktivist und Beisitzer beim ADFC Germersheim, mit einer Kamera, die das Verkehrsgeschehen rund um den Radfahrer aufzeichnet und so Verstöße gegen die Abstandsregelung festhalten kann | Foto: Heike Schwitalla
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Es sei ihm wichtig, auf das Thema "Überholen von Fahrrädern" aufmerksam zu machen und aufzuzeigen, wie man Vergehen verhindern oder schlimmstenfalls nachweisen kann. Polizei, Politik und Öffentlichkeit sollen von den Möglichkeiten erfahren, wünscht er sich und betont: "Das Gesetz und auch der Umgang damit ist für alle noch Neuland. Die Situation muss sich aber zum Wohle aller Verkehrsteilnehmer möglichst bald klären." Dazu will er mit seinen mitunter provokanten Aktionen beitragen.
In der Verwendung der Fahrradkamera sieht Vortanz kein Problem. In anderen Ländern gehe das auch und um den Datenschutz zu wahren, speichere er die Filme nach den Fahrten nie. Komme es zu einer kritischen Situation, die er anzeigen möchte, stelle er das Beweismaterial Passwort-geschützt der Polizei zu Verfügung. So sei gewährleistet, dass die Filme nicht in falsche Hände kommen. 
Außerdem werde auch Beweismaterial aus so genannten "Dashcams" - Kameras an oder über dem Armaturenbrett von Autos montiert  -  immer öfter von Gerichten anerkannt und zur Urteilsfindung verwendet, da könne eine Kamera am Fahrrad, die nach dem gleichen Prinzip funktioniert, ja nicht anders bewertet werden.

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Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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