Teil 1
Mobbing an Schulen im Kreis Germersheim: Einzelfälle oder strukturelles Problem?

Jessica Kersten hilft Menschen in Not | Foto: Heike Schwitalla
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Germersheim. Laut OECD-Daten, die in der PISA-Studie 2022 erhoben wurden, sind in Deutschland fast sieben Prozent der 15-jährigen Schüler*innen von häufigem Mobbing betroffen. Zwölf Prozent werden mindestens mehrmals im Monat von ihren Mitschüler*innen gemobbt - neben den bekannten und gemeldeten Mobbing-Fällen gibt es jedoch auch eine hohe Dunkelziffer - auch im Landkreis Germersheim leiden viele der jungen Mobbingopfer, ohne sich jemandem anzuvertrauen. Erst wenn die Symptome nicht mehr zu verbergen sind, werden diese Fälle bekannt und manchmal ist es dann auch schon zu spät. Mobbing kann viele Ursachen haben: Neid, Missgunst, Streit, unterschiedliche Ansichten oder auch schlicht das Bedürfnis, den eigenen Frust an Schwächeren auszulassen.

Persönliche Erfahrungen mit Mobbing an Schulen im Kreis Germersheim

Jessica Kersten ist mit Herz und Seele Mutter - das Wohl ihrer Kinder liegt ihr am Herzen. Die 41-jährige Germersheimerin hat selbst 9 Kinder und weiß, dass Familienleben nicht immer einfach ist. Daher setzt sie sich seit vielen Jahren schon als "Helfendes Mami Herz" im gesamten Landkreis für Kinder, Familien, Menschen in Not ein.
Seit einigen Wochen beschäftigt sie nun ein ganz neues und nicht minder brisantes Thema - "Mobbing an den Schulen im Kreis Germersheim". Und ihr erster Kontakt mit dieser schwierigen Thematik war nicht ganz freiwillig: "Es gab in der Schule meiner Tochter einen Vorfall -  eine Schlägerei in der ein Mädchen von mehreren anderen Mädchen auf der Schultoilette geschlagen wurde. Leider war meine Tochter da auch involviert. Und das fand ich so schlimm, dass ich mir Hilfe suchen wollte, um mit dieser Tatsache richtig umzugehen. Ich habe mich gefragt, wo ich mich als Mutter hinwenden kann und habe festgestellt: Es ist im Umkreis niemand auffindbar, der sich damit beschäftigt und da dachte ich ganz spontan, ich muss das ändern", berichtet sie. "Für mich war es schwierig, anzuschauen, wie hilflos die Schule ist, wenn es darum geht, Opfern zu helfen, Opfer zu schützen. Wenn man einem Mobbingopfer vorschlägt, später zur Schule zu kommen, um dem Mobbing aus dem Weg zu gehen, kann das doch nicht der richtige Ansatz sein."

Ehrenamtliches Engagement gegen Mobbing

Nachdem sie schon einen Kurs zur Unterstützung bei Fällen von häuslicher Gewalt abgeschlossen hat, hat sie nun auch eine Ausbildung zur  IMOTIK®-Trainerin bei dem Projekt "stark auch ohne Muckis" begonnen. (IMOTIK® erkennt und fördert die einzigartigen emotionalen und kognitiven Fähigkeiten jedes Kindes/Menschen, um gezielte Resilienz- und Lebenskompetenzentwicklung zu ermöglichen). Die nicht unbeträchtlichen Kosten für diese Ausbildung trägt Jessica Kersten selbst. "Das ist es mir wert", sagt sie, "wenn ich danach Kindern und Jugendlichen in Mobbing-Situationen helfen kann."

Mobbing ist präsent... und zwar an den meisten Schulen im Kreis Germersheim - sagt Jessica Kersten 

Durch den Fall in ihrer eigenen Familie ist sie auch in Kontakt mit Schulen in der Region gekommen und hat festgestellt: "Die Reaktionen auf Mobbing ist nicht immer ideal. Es wird geschwiegen und gesagt 'Mobbing ist an unserer Schule kein Thema', obwohl ich aktuell an fast allen Schulen im Kreis Germersheim von akuten Mobbingfällen berichtet bekomme. Leider ist es so, dass der Ruf der Schule meist wichtiger zu sein scheint, als die Sicherheit der Schüler selbst."
Auf die Frage, welche Arten von Mobbing ihr in den letzten Wochen bei ihren Gesprächen begegnet sind, sagt die Germersheimerin: "Am häufigsten finden verbale Gewaltformen wie Beleidigungen und Beschimpfungen statt. Mit den Social-Media-Plattformen haben sich die Möglichkeiten erweitert, mit denen Gewalt ausgeübt werden kann. In diesem Zusammenhang wird immer häufiger Streit provoziert. Die Kinder schubsen schlagen, spucken die Opfer an nehmen ihnen Sachen weg...! Ich war echt fassungslos, als ich das alles - in diesem Umfang - mitbekommen habe."
Durch die Arbeit, die Jessica Kersten nun schon seit einigen Wochen in das Thema Mobbing investiert, habe sie gesehen, wie extrem die Zunahme der Gewaltbereitschaft und extremen Brutalität schon bei sehr jungen Kindern sei.  "Das man auf einen Schwächeren, der schon am Boden liegt, weiter eintritt und dass man damit im schlimmsten Fall in Kauf nimmt, dass jemand stirbt, das ist meiner Meinung nach die Realität bei uns - und da genau da sollte Prävention und Aufklärung stattfinden", sagt sie. Aber leider würden die Schulen das nicht so annehmen, wie sie gehofft hat. "Die meisten Schulleiter sagen 'an unserer Schule gibt es kein Mobbing, keine Gewalt' und genau darum wird es ja immer schlimmer." Aber auch wenn Kinder betroffen sind, fänden sie - so Jessicas Meinung, oft gar keine Anlaufstelle - und genau das möchte die Germersheimerin mit ihrer Ausbildung nun ändern.

Einzelfälle oder gesamtgesellschaftliches Problem?

"Die Schulen reagieren nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte. Es gibt Aussagen, dass es alles nur Einzelfälle seien und die ja schon von der Schule selbst geklärt werden. Aber meiner Meinung nach stimmt das nicht in den Fällen, die gerade aktuell sind. Ich glaube, die Schulen reagieren noch sehr skeptisch auf mich, denn ich bin ja noch ganz neu für das Thema Mobbing unterwegs, aber ich denke und hoffe, dass ich mit der Zeit auch angenommen werde", fasst Jessica Kersten die momentane Lage zusammen. "Aber es ist schlimm, durch meinen Aufruf in den sozialen Netzwerken habe ich täglich Mütter, die sich mit ihren Geschichten bei mir melden. Erst heute wieder, ein Mädchen, kaum sechs Jahre alt, wird schon in der ersten Klasse so gemobbt, dass sie Selbstmordgedanken hat."

Gegen Mobbing - Arbeit mit Opfern... und den Tätern

Über ihre Arbeit sagt sie: "Ich arbeite mit den Opfern, aber ich arbeite auch mit den Tätern zusammen. Ich möchte und muss natürlich in erster Linie für die Opfer da sein, sie in allen Lagen unterstützen, ihnen helfen, wieder stark zu werden, sie aufbauen und dafür sorgen, dass sie wieder angstfrei zur Schule gehen können. Aber ich arbeite auch mit den Tätern zusammen, denn ich möchte auch für diese Kinder da sein. Diese jungen Täter - oft unter 14 Jahre alt und noch gar nicht strafmündig - wissen es meist  nicht besser. Auch sie müssen Hilfe bekommen, damit sie lernen, dass Gewalt nie eine Lösung ist - und gleichzeitig müssen sie Strategien an die Hand bekommen, die ihnen zeigen, man kann auch anders handeln und Konflikte ohne Gewalt und Mobbing lösen."
Jessica Kersten ist davon überzeugt, dass man Mobber nicht nur bestrafen muss, sondern die Gründe für ihre Verhalten erspüren und daran arbeiten muss. Denn nur wenn nicht mehr gemobbt wird, wird es keine neuen Opfer mehr geben.

So könnt Ihr Jessi erreichen, wenn Ihr Ihre Hilfe braucht

Facebook-Seite
E-Mail: jessicakersten11@gmail.com
Tel. / WhatsApp: 0176 27587312


Teil 2 der Artikelreihe - jetzt sprechen die Schulen

Mobbing - Einzelfälle oder Flächenbrand: Das sagen die Schulen im Kreis Germersheim

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Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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