Teil 4
Mobbing an Schulen im Kreis Germersheim: Schulsozialarbeit - wo die Fäden zusammenlaufen, wenn alle Stricke reißen

Bernhard Würtz
 

 | Foto: KV GER/hk

Landkreis Germersheim. Schulsozialarbeiter*innen sind diejenigen, die an den Schulen im Landkreis Germersheim mehr noch als die Lehrkräfte tagtäglich mit dem Thema Mobbing konfrontiert werden. Sie sind Ansprechpartner von Lehrern, Eltern und - im besten Fall - auch Vertrauenspersonen der Schüler*innen. 
Im Gespräch mit dem "Wochenblatt" berichtet Bernhard Würtz, der Teamleiter "Jugendbildung" des Kreisjugendamtes, davon, wie das geschulte Fachpersonal das Mobbing an den Schulen im Landkreis erlebt. Ist es wirklich Tagesgeschäft, sind die Jugendlichen bereit, sich den Schulsozialarbeiter*innen anzuvertrauen oder gehen die wirklich schlimmen Mobbing-Fälle auch an der Schulsozialarbeit spurlos vorbei?

Das Interview: Wie geht die Schulsozialarbeit mit dem Mobbing um?

???: Herr, Würtz, wo wende ich mich hin, wenn ich als Jugendlicher/Kind an einer Schule im Kreis Germersheim gemobbt werde? Gibt es Beratungsstellen, Ansprechpartner außerhalb der Schulen?
Bernhard Würtz: "Ein Ansprechpartner sind die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter an den Schulen im Landkreis. Sowohl Schülerinnen und Schüler, aber auch Eltern und Lehrkräfte können sich mit ihren Anliegen, auch beim Thema Mobbing, an die Fachkräfte vor Ort wenden. Da die Schulsozialarbeitenden stark in den Schulalltag eingebunden sind, gehen sie auch aktiv auf Schülerinnen und Schüler zu, wenn sie beobachten, dass es Konflikte gibt. Sie arbeiten dann sowohl mit den Schülerinnen und Schüler die gemobbt werden, aber auch mit den Schülerinnen und Schülern die mobben. Ein weiterer Ansprechpartner sind auch die Jugendpfleger und die Mitarbeitenden in den Jugendzentren. Auch hier können Kinder und Jugendliche ihre Anliegen in einem vertrautem Rahmen besprechen und sich Unterstützung holen".

???:Ist Mobbing an den Schulen im Kreis ein Problem? Wie viele Fälle sind Ihnen derzeit (Vorjahr?) bekannt? Gibt es dazu Statistiken? Und Stellen Sie a einen Anstieg der Fallzahlen  und b eine Zunahme des Gewaltpotenzials fest?
Bernhard Würtz: "Zu diesen gibt es keine Statistiken".

???: Einige Eltern betroffener Kinder sagen, die Schulen sind mehr um ihren guten Ruf besorgt als um die Lösung der Mobbingproblematik – wie stellt sich diese Anschuldigung aus Ihrer Sicht dar? Konkret liegt uns unter anderem ein Bericht über ein 6-jähriges Mädchen aus einer Grundschule im Kreis vor, das nach Angaben der Mutter so sehr gemobbt wird, dass es Selbstmordgedanken geäußert hat. Die Schule selbst gibt an, kein akutes Problem mit Mobbing zu haben – wie erklären Sie sich diese Diskrepanz in der Wahrnehmung?
Bernhard Würtz: "Aus Gesprächen mit Schulleitungen, aus den Sachberichten und der Rückmeldungen der Schulsozialarbeit können wir diese Aussage nicht bestätigen. Gemeinsam durchgeführten Präventionsprojekte an weiterführenden Schulen wie z. B. „Trau Dich“ zeigen, dass Schulen Themen wie Mobbing, sexualisierte Gewalt etc. sehr ernst nehmen, aber auch entsprechend darauf reagieren. Jugendhilfe und Schulen sind hier eng miteinander vernetzt".

???:
Wie gehen Sozialarbeiter vor, wenn sie zu einer Mobbing-Situation hinzugezogen werden?
Bernhard Würtz: "Die Vorgehensweise richtet sich nach der Person, die mit einem Anliegen an die Schulsozialarbeit herantritt. Mit Schülerinnen und Schülern, die mit ihrem Anliegen Kontakt zur Schulsozialarbeit aufnehmen, wird gemeinsam geschaut, welche Lösungsmöglichkeiten es gibt, bzw. wo Unterstützungsbedarf besteht und, welche weiteren Personen eingebunden werden sollen. Eine Lösungsmöglichkeit wäre die No-blame-approach Methode, bei der nicht nur mit dem Opfer und dem Täter gearbeitet wird, sondern auch mit einer Unterstützergruppe, die sich aus unbeteiligten Schülerinnen und Schüler zusammensetzt.

Eine weitere Aufgabe der Schulsozialarbeit ist neben der Einzelfallarbeit die Durchführung von Präventionsangeboten.
Präventionsangebote der Schulsozialarbeit werden grundsätzlich mit der Schulleitung und dem Lehrerkollegium abgestimmt und teilweise auch gemeinsam durchgeführt. In einigen Grundschulen führt die Schulsozialarbeit z. B. das Programm „Faustlos“ zur Prävention von Gewalt an Schulen durch. Ziel des Programms ist neben dem Unterlassen von körperlicher Gewalt auch auf verbaler Ebene fair miteinander umzugehen. Zu diesen Programmen organisiert die Kreisverwaltung für die Schulsozialarbeit Fachtage und Schulungen für die Schulsozialarbeitenden, damit auf Themen wie Mobbing, Gewalt, aber auch Partizipation und soziales Miteinander professionell reagiert werden kann".

Schulsozialarbeit - niederschwellig und ohne lange Wartezeiten

???:Kommen Schüler/Eltern häufig direkt zu den Schulsozialarbeitern?
Bernhard Würtz: "Angebote der Schulsozialarbeit sind möglichst niederschwellig angelegt und ermöglichen so Kindern, Jugendlichen und junge Erwachsene aber auch Eltern bzw. Erziehungs- und Sorgeberechtigten einen direkten und unkomplizierten Zugang, das heißt es gibt keine bürokratischen Hürden oder lange Wartezeiten. Die Schulsozialarbeit ist in den Schulalltag eingebunden und sowohl den Schülerinnen und Schülern und vor allem in den Grundschulen auch den Eltern bekannt und präsent. Durch diesen niederschwelligen Ansatz ist die Schulsozialarbeit ein verlässlicher und greifbarer Partner.
Sowohl von Elternvertretungen, einzelnen Eltern, aber auch von Schulen gibt es immer wieder den Ruf nach mehr Schulsozialarbeit, da die Arbeit auch eine positive Auswirkung auf das Schulklima hat. Deshalb hat die Kreisverwaltung die Schulsozialarbeit in den letzten Jahren bedarfsgerecht ausgebaut. Alleine in diesem Jahr werden weitere zwei Stellen an Grundschulen im Landkreis geschaffen".

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Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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