Straßen-ÖPNV in Germersheim
Was die Parteien vor der Kommunalwahl dazu zu sagen haben (oder auch nicht) Teil 2

(Überschrift in der "Rheinpfalz" am 14. Mai 2019)

Infrastrukturvorschläge - Entwicklung verschlafen

Durch die Aussagen zur Infrastruktur auf der Postkarte, mit der die CDU Germersheim zu Bürgervorschlägen aufruft, wird deutlich: Der Ortsverband hat die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte verschlafen und erkennt nicht, dass sich einiges an dem im Vergleich zu vielen Kommunen ähnlicher Größe armseligen innerstädtischen Mobilitätsangebot ändern muss, wenn Germersheim, das Mittelzentrum sein und Touristen anlocken will, ein "attraktiver" (Wohn- und) "Wirtschaftsstandort" WERDEN soll.
Wenn die CDU von "ÖPNV" spricht ("umsteigefreie ÖPNV-Verbindungen in die Karlsruher Innenstadt erhalten"), gewinnt man den Eindruck, dass für sie der öffentliche Personennahverkehr nur das ist, was auf der Schiene mit S- und Stadtbahn stattfindet.
Zu ihm gehört aber auch der Bereich Straße, durch den die Beförderung von einer Haltestelle in zumutbarer Entfernung (höchstens 300 m) von der Wohnung zu den Bahnhöfen und zu Zielen innerhalb des Stadtgebiets barrierefrei - im wörtlichen Sinn (wer mit Rollator, Kinderwagen oder im Rollstuhl unterwegs ist, muss problemlos in kürzester Zeit ein- und aussteigen können) wie auch im übertragenen (keine vorherige telefonische Anmeldung, keine Beschränkung der Fahrgastzahl) - sichergestellt wird.
Diese Anforderungen erfüllt das städtische Ruftaxi-Konzept nicht, wofür man keinesfalls das beauftragte Taxiunternehmen verantwortlich machen kann und darf. Somit besteht, abgesehen von den stündlichen Fahrten der Buslinien 590 und 550 zwischen Bahnhof Germersheim und Stadthalle bzw. Wasserturm, kein den gesetzlichen Vorgaben entsprechender Straßen-ÖPNV. Es stellen sich folgende Fragen:
Warum gibt es wenigstens von Montag bis Freitag von spätestens 6.00 bis mindestens 22.00 Uhr keinen das gesamte Stadtgebiet abdeckenden Linienverkehr mit (Klein-)Bussen?
Warum zieht die Stadt demjenigen, der mit dem Ruftaxi zu einem Bahnhof und von dort zu einem Ziel innerhalb der Verbundgebiete weiterfährt, zusätzlich Geld aus der Tasche durch die fehlende Eingliederung des Ruftaxis in die Verbundtarife? Wer z. B. vom Haardtweg in Germersheim zum Dom in Speyer fährt, zahlt 1,50 € Ruftaxi + 4,20 € Verbundticket = 5,70 €, wer es von Hördt oder Kuhardt aus tut, kauft sich dort im Bus ein Verbundticket zu 5,90 € und muss damit nur 20 Cent mehr ausgeben.
Die Behauptung: "In Germersheim und Sondernheim ergänzt das Ruftaxi den ÖPNV durch eine stabile Verbindung" (was soll denn das sein?) entspricht nicht den Tatsachen, denn das Ruftaxi kann den - wie beschrieben - fehlenden Straßen-ÖPNV nicht ergänzen, und es unterstützt auch nicht den Schienen-ÖPNV, denn der Fahrplan ist überhaupt nicht auf die Stadtbahn-Zeiten am Bahnhof Sondernheim abgestimmt, am Bahnhof Germersheim nur auf die Taktminuten 45 und 49, nicht aber auf die Minuten 09/12, von weiteren Stadtbahn- oder gar den Regionalexpress-Fahrten ganz zu schweigen.
Mit dem "exzellenten Preis-Leistungs-Verhältnis", den das Ruftaxi biete, auf Stimmenfang zu gehen, ist der Gipfel der Unverfrorenheit - es ist nämlich eine Mogelpackung. Sie wird finanziert durch das beauftragte Taxiunternehmen, das nicht leistungsgerecht entlohnt wird, denn der Grundpreis von 1,50 € und die Zuzahlungen durch die Stadt und den VRN wurden seit 2004 nicht angepasst. Der Taxizentrale 1611 wurden so über die Jahre mehrere zehntausend Euro vorenthalten.
Nicht nur die CDU Germersheim, die den Anlass dazu gab, ist aufgefordert, zu diesen Fragen und Ausführungen Stellung zu nehmen, sondern auch die anderen Parteien, die sich um Sitze im Stadtrat und im Kreistag, der nach dem Nahverkehrsgesetz für den ÖPNV auf der Straße im Kreisgebiet - also auch in der Stadt Germersheim - zuständig ist, bewerben.

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Autor:

Hermann Völkel aus Germersheim

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