Badepark Haßloch: Die unendliche Geschichte
Tschüss Badepark - Hallo 08/15-Bad

Vergleich: Bestehender Badepark (links) und geplantes Neubad (rechts)
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Am 15.12.21 stimmte eine Mehrheit des Gemeinderats für den Abriss unseres reparaturbedürftigen Badeparks. Nicht die Mehrheit der Koalition aus CDU, Grünen und FWG (die an diesem Abend gar keine Mehrheit gehabt hätte, weil zwei CDU-Mitglieder fehlten) sondern eine Mehrheit aus CDU, SPD und AfD und dazu der Stimme des Bürgermeisters Tobias Meyer.

Mit dieser Entscheidung befürwortete die Mehrheit nicht nur eine extreme Neuverschuldung. Sie unterstützen damit auch die Wegwerfmentalität in einem Ausmaß, das beispiellos ist. Vor allem aber zeigten die Ratsmitglieder, wie wenig sie auf den Bürgerwillen geben… Der wird jetzt nicht nur ignoriert sondern direkt mit Füßen getreten.
Außerdem lässt die große Mehrheit Weitblick und Verantwortungsbewusstsein vermissen: Der Neubau tritt direkt in Konkurrenz zum Plopsa-Bad, beim Altbau wäre das nicht der Fall gewesen.
Eigentlich sind alle Ratsmitglieder verpflichtet, Schaden von der Kommune abzuwenden. Wie das Dorf Haßloch den Betrieb des eigenen 08/15-Bades in Konkurrenz zum Rutschenparadies im Holidaypark stemmen wird, kann man sich leicht ausmalen. Und wenn sich der Bürgermeister dann erst seiner Verantwortung besinnt , wenn durch die Dumping-Preise der innerörtlichen Konkurrenz die Badegäste von außerhalb abgeworben sind, wird er dann auch wieder sagen, der Gemeinderat hat es so entschieden? Die Plopsa-Leute denken wirtschaftlich und beherrschen das Marketing. Wie will die politische Gemeinde, die Fraktionen, die Verwaltung da mithalten? Oder Wer?
Vernünftig wäre, diesen Beschluss wieder zurück zu nehmen, und den offensichtlichen Bürgerwillen umzusetzen.

Wie kam es dazu? - Ein Rückblick

Die CDU begründet den Wechsel in ihrem Abstimmungsverhalten damit, dass ihr erst durch die jüngste Kostenaufstellung (Bremer & Bremer, 2020) für die Sanierung bewusst wurde, was die notwendigen Reparaturkosten sind. Das ist insofern unrichtig, weil Herr Bremer sich auf mindestens drei Schadensgutachten berufen konnte, die er in seiner Präsentation vor dem Gemeinderat zusammenfasste.

Aus dem Bericht der Unternehmensberatung Altenburg aus dem Jahr 2016: 3.500 Tausend Euro (=3.5 Mio Euro, erste Zeile der Tabelle) geschätzte Investitionskosten für die Sanierung des Badeparks.
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Darunter auch eines von einem anderen Architekturbüro (BKT, 2017). Damals wurden die Reparaturkosten auf 3,5 Mio € beziffert, nur 3 Jahre später kommt Herr Bremer auf fast 10 Mio €. Das kann mit der allgemeinen Preissteigerung am Bau wohl Nichts zu tun haben.
Woran kann es dann liegen? Möglicherweise liegt das am Missmanagement durch den Betreiber, die Gemeindewerke Haßloch und damit zumindest indirekt der politischen Gemeinde Haßloch. Statt auftretenden Schäden an der Holztragewerkskonstruktion entgegen zu wirken, hat man immer nur von Jahr zu Jahr dokumentiert, welche Balken neu zu den Wasserschäden gekommen sind. Und das trotz lauter Schreckensmeldungen von Seiten der Werksleitung: Schon Herr Schlosser beschwor vor vielen Jahren einen bevorstehenden Einsturz des Daches herauf und wollte es für eine 1 Mio € erneuern. Das Dach ist in den 10 Jahren noch nicht eingestürzt und hält noch immer. Aktuelle Gutachten sagen, dass man es weiterhin im Auge behalten müsse, aber eine akute Gefahr noch nicht vorliege. Die Werke haben aber auch nur kosmetische Reparaturen in den 10 Jahren gemacht und Nichts an der Tragewerkkonstruktion erneuert, obwohl man an solchen Holzkonstruktionen jederzeit Balken hätte austauschen können (Zitat Architekt Bremer: "Holz ist ein wunderbares Baumaterial!"). Deswegen sind auch noch so viele Fachwerkhäuser aus dem Mittelalter erhalten geblieben, weil man daran hin und wieder marode gewordene Holzbalken austauschen konnte. Das wurde aber über viele Jahre hinweg im Badepark unterlassen. Und obwohl die Gemeindewerke in ihren jährlichen Ausgleichsrechnungen immer wieder Millionenbeträge unter „Materialaufwand“ anführten, flossen nur noch Beträge in Höhe von 100 Tausenden Euro in den Erhalt des Gebäudes. Schließlich erwartete man ja vor dem Hintergrund der langen politischen Diskussionen, dass es ohnehin abgerissen würde. Dass das Gebäude noch nicht mal abbezahlt ist, spielte bei den Überlegungen auch keine Rolle mehr.
Herr Trösch fragte: Wer von Ihnen fährt ein 32 Jahre altes Auto und baut dann noch einen neuen Motor ein?
Gegenfrage Herr Trösch: Angenommen es regnet hinein am Dach Ihres Eigenheimes, das 32 Jahre alt ist. Wen rufen Sie an: Einen Dachdecker oder ein Abrissunternehmen?
Ich hoffe, die Hausbesitzer unter den Lesenden werden bei der Bewertung Ihrer eigenen Immobilie einen passenderen Vergleich finden als den mit einem Automobil.

Was wird jetzt passieren? - Ein Ausblick

Der Badepark wird bis zur Kellerdecke abgetragen: Die einzigartige Konstruktion und das Alleinstellungsmerkmal eines außergewöhnlich schönen Bauwerkes (mal abgesehen vom Farbkonzept aus den 80ern, das ebenso wie der Gebrauch ungeeigneter Farben von den Gemeindewerken zu verantworten ist) mit seinen Ziegeldächern und wunderbaren Baumaterialien wird entsorgt werden (mit wenigen Ausnahmen). Der gut angenommene Badepark wird einer rechteckigen 08/15-Schwimmhalle weichen, die auftragsgemäß so preiswert wie möglich errichtet werden wird, mit günstigen Materialien wie Stahlbeton und Trapezblechen. Nachwachsende Rohstoffe, die man auch reparieren kann, wird man im Neubau kaum finden, weil zu teuer. Dafür spart (?) man Energie, jedoch ohne regenerative Energien eingeplant zu haben. Klimaschutzziele wurden dem Spardiktat untergeordnet.
Wenn die Gemeindewerke das Bad auch weiterhin betreiben werden, wird sie die Kreditaufnahme und die Baukosten in eine Existenz-gefährdende Schieflage bringen. Den Unterhalt werden sie noch weniger leisten können als am bestehenden Badepark. Und in 30 Jahren wird er wieder nicht abbezahlt sein, aber dafür noch mehr reparaturbedürftig sein und noch weniger reparabel als der heutige Badepark. Die Gemeindewerke werden auch weiterhin mit den nicht gerechtfertigten Vorwürfen leben müssen, dass die Energie- und die Wassersparte die Bädersparte quer subventionieren muss.
Gleichzeitig wird das neue Haßlocher Bad mit seinem standardartisierten Badeangebot und -konzept in Konkurrenz treten müssen zum Spaßbad von Plopsa und zur Luxustherme in Bad Dürkheim, aber auch den Freibädern in Neustadt und seinen Ortsteilen. Spätestens dann wird man in der Politik auch wieder über Eintrittspreise reden müssen. Das hat man ja in der jüngsten Diskussion vorsorglich unterlassen. Allerdings sind die von Plopsa-Geschäftsführern genannten Dumpingpreise eine echte Kampfansage: Unter 100 € für eine Jahreskarte im Holidaypark gegenüber 120 € für eine Drei-Monats-Karte im alten Badepark? Wie wird das Angebot im neuen 08/15-Bad sein?
Das neue Bad fokussiert sich auf die Familie als Zielgruppe wie das alte bisher auch. Das Plopsa-Bad im Holidaypark tut das auch, allerdings eingebettet in ein komplettes Freizeit-Angebot für Kurzurlauber, mit Freizeitpark und Hotel, in dem es auch nur Familienzimmer (4-Bett-Zimmer) geben soll. Gerade die vielen Badbesucher aus der näheren Umgebung werden sich also überlegen, welches Bad sie künftig (zu welchem Preis) besuchen werden. Wenn man sich die Vermarktung des kommunalen Bades in den letzten Jahren ansieht, kommen berechtigte Zweifel an der Zukunftsfähigkeit des Neubaus auf.

Bürgerwillen? Wtf?

Der wird jetzt nicht nur ignoriert sondern direkt mit Füßen getreten. Allen voran ausgerechnet von der AfD! Ausgerechnet von denen, die sich für mehr direkte Demokratie, mehr Bürgerbefragungen, mehr Bürgerbeteiligung einsetzen wollten.

Bürgerbefragung 2020: Ergebnis nach Auszählung der Ja/Nein-Abstimmung | Foto: Gemeinde Haßloch
  • Bürgerbefragung 2020: Ergebnis nach Auszählung der Ja/Nein-Abstimmung
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Ausgerechnet, weil deren Fraktionsvorsitzender das eindeutige Ergebnis einer Bürgerbefragung mathematisch-rechnerisch umdeutete: Wenn zwei Drittel der abgegebenen Stimmen gegen den Abriss und Neubau waren, kann das nicht der Wille der Mehrheit gewesen sein, weil ja nur ein Drittel der Stimmberechtigten überhaupt ihre Stimme abgaben. Damit hätte ja nur ein Sechstel aller Stimmberechtigten gegen den Abriss gestimmt.
Damit ist die AfD jetzt endgültig im Kreis der etablierten Parteien und „Altparteien“ angekommen. Das macht den feinen Unterschied aus: Vor der Wahl - Nach der Wahl!

Dr. Dietzen stellte für die AfD klar, dass sie sich schon in ihrem Kommunalwahlkampf für die Attraktivierung des Badeparks stark machten. Damit beriefen Sie sich ausgerechnet auf das Ergebnis der Bürgerbefragung 2016.

Bürgerbefragung 2016: Mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten beteiligten sich, aber mehr als 1000 Stimmzettel konnten aus formalen Gründen nicht berücksichtigt werden. Ist das Verfahren niederschwellig genug?  | Foto: Gemeinde Haßloch
  • Bürgerbefragung 2016: Mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten beteiligten sich, aber mehr als 1000 Stimmzettel konnten aus formalen Gründen nicht berücksichtigt werden. Ist das Verfahren niederschwellig genug?
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Damals stimmten 35% für die Attraktivierung. Der kruden Logik von Herrn Stephan folgend, war das aber noch viel weniger der Bürgerwille… Auf den Plakaten zum Badepark schrieb die AfD damals: „Bürgerwillen umsetzen“. Wer den Bürgerwillen umgesetzt sehen will, muss ihn erst mal anerkennen.
Liebe AfD-Wähler! Ich hoffe, dass Sie sich bei der nächsten Wahl noch daran erinnern werden, wie leicht der Bürgerwillen umgedeutet wird, wenn er nicht zur AfD-Meinung passt.

Zur Umfrage 2016:
Bei der Akttraktivierung (="Angebotserweiterung") handelte es sich damals um eine Sanierung (2,9 Mio €) plus eine Investition (7 Mio €).

Eigentlich hätte man sagen müssen: 24% Sanierung + 35% für die in der Attraktivierung eingeschlossenen Sanierung macht: 59% für die Sanierung. Und das hätte man tun sollen, als der jetzt beschlossene Abriss und Neubau von der Mehrheit der Aufsichtsratmitglieder der Gemeindewerke abgelehnt wurde (Januar 2019). Die GroKo im Gemeinderat überstimmte damals den Aufsichtsrat und beschloss eine weitere halbe Million für die Fortführung der Planung auszugeben.
Trotz zweier Befragungen (von denen die Koalition zumindest die letzte zu verantworten hat), wurde nie eine Variante gestrichen, die bereits in der Bürgermeinung durchgefallen war. Deswegen sind die Kommunalpolitiker in der Badeparkfrage auch nie weiter gekommen. Arthur Canon Doyle (Erfinder von Sherlock Holmes) formulierte das mal so: „Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein, so unwahrscheinlich sie auch klingen mag.“ Statt wieder mit Plopsa-Varianten aufzuwarten oder immer noch den Abriss und Neubau vorzubereiten, hätte man die beiden unmöglichen Varianten streichen sollen. Wenn man denn die „Wahrheit“ finden wollte - Unwahrscheinlich!

Jetzt gibt es ja auch Menschen, die denken, dass die zweite Befragung ganz eindeutig in Richtung Freibad ging. Das war aber auch nur eine „gefühlte“ Mehrheit, denn die zugelassenen Stimmzettel (und nur die wurden gezählt) gaben das nicht her:

Ergebnis der Bürgerbefragung 2020 inklusive Auswertung der Kommentare
  • Ergebnis der Bürgerbefragung 2020 inklusive Auswertung der Kommentare
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Auswertung der Bürgerbefragung 2020 inklusive Anteile der kommentierten Stimmabgaben | Foto: Ralf Berger
  • Auswertung der Bürgerbefragung 2020 inklusive Anteile der kommentierten Stimmabgaben
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Von den insgesamt 6029 gültigen Stimmzetteln waren 1587 mit dem Wunsch nach einem "Freibad" kommentiert - das ist etwas mehr als ein Viertel aller Stimmen und es ist der größte Teil der kommentierten Abgaben, aber nicht annähernd die Hälfte der abgegebenen Stimmzettel.

Außerdem hätte man niemals die beiden Befragungen alleine stehen lassen dürfen. Nur beide Befragungen zusammen liefern konkreten Aufschluss über den Bürgerwillen. Und der war gegen eine Schließung, gegen eine Plopsa-Kooperation und auch gegen das Freibad. Niemand verzichtet gerne auf so einen Luxus, wenn er ihn nicht für schädlich hält. Nimmt man noch die Modernisierung heraus, weil sie nicht finanzierbar ist, bleibt ja nur noch, was die HaßLocher Liste (HLL) von Anfang an gefordert hat: Sanieren, Reparieren, weiter betreiben... 

Einige Menschen kommentierten recht ausführlich und nahmen die neuerlichen Ereignisse quasi vorweg:

Statement eines Haßlocher Bürgers zur Befragung 2020
  • Statement eines Haßlocher Bürgers zur Befragung 2020
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Was ist an „schön hergerichteten Schwimmbad“ so schwer zu verstehen?

Wie geht es weiter mit der Koalition? - Eine Einschätzung

Die Koalition aus CDU, GRÜNEN und FWG wird an der Badepark-Frage nicht so richtig zerbrechen.
Zu gefasst und ruhig haben Pia Werner (GRÜNE) und Max Postel (FWG) die vorgefertigten Statements und Anträge bei der Ratssitzung vorgetragen. Zu wenig Empörung über den vermeintlichen Bruch des Koalitionsvertrages war spürbar, als dass man sich nach einem anderen politischen Modell umsehen möchte. Zu sehr haben sich die Partner bei den Koalitionsverhandlungen bereits verbiegen müssen. Und die CDU kann sich den Meinungswechsel jetzt wieder leisten, nachdem sie als letzte von den geheimen Postenverteilungen im Hinterzimmer profitiert hat. Der vereinbarte ehrenamtliche Beigeordnetenposten ist ihr wieder sicher. Es war doch von Anfang an klar, dass diese Koalition Personalfragen einen höheren Stellenwert einräumt als den Sachfragen in der Kommunalpolitik. GRÜNE und FWG unterstützten den CDU-Kandidaten im Bürgermeisterwahlkampf. Frau Werner konnte sich keinen besseren Kandidaten vorstellen als Tobias Meyer. Und im Interview mit der Rheinpfalz räumte sie ein, dass man mit der CDU sachthemenbezogen auch weiterhin zusammen arbeiten könne. Wie soll man sich den Bruch der Koalition jetzt vorstellen? Alle behalten ihre Beigeordneten und die suchen sich wechselnde Mehrheiten für ihre Vorhaben? Inklusive der Haushaltsentwürfe? Das traue ich Niemandem in der Verwaltung zu, auch nicht dem Bürgermeister oder den Beigeordneten. Für weitere Koalitionspartner sind die Stimmungsschwankungen der CDU auch keine Empfehlung.

Die Grünen könnten sich für den Betrieb des Bades mit der CO2-neutralen Geothermie als Energiequelle einsetzen. Ob diese Form der Energieversorgung mit dem Betrieb des Bades durch die Gemeindewerke zu vereinbaren ist, werden wir alle noch sehen. Sollte das ein Sachthema werden?

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Autor:

Ralf Berger aus Haßloch

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