Vor Hintergrund der Corona-Krise
Mediengespräch zur Zukunft der Verbandsgemeinde Hauenstein

Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hauenstein im Mediengespräch, pandemiebedingt auf Abstand. Im Hintergrund Fernsehleute des OK-TV Südwestpfalz. An den Tischen von links: F.-J. Schächter, P. Weißler, W. Kölsch, H. Rippberger, M. Zimmermann (verdeckt), A. Ladenberger, M. Schoch, T. Funck. | Foto: W. G. Stähle
  • Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hauenstein im Mediengespräch, pandemiebedingt auf Abstand. Im Hintergrund Fernsehleute des OK-TV Südwestpfalz. An den Tischen von links: F.-J. Schächter, P. Weißler, W. Kölsch, H. Rippberger, M. Zimmermann (verdeckt), A. Ladenberger, M. Schoch, T. Funck.
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  • hochgeladen von Werner G. Stähle

Hauenstein (Südwestpfalz) Zu einem „Mediengespräch“ kamen gestern Abend der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hauenstein und nahezu alle Ortsbürgermeister zusammen um vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen über die Zukunft ihrer Kommunen zu sprechen. Fragen stellten der Journalist Franz-Josef Schächter von der „Rheinpfalz“ (Ludwigshafen) und der Verfasser, der auch moderierte. Der Fernsehsender OK-TV Südwestpfalz (Rodalben) zeichnete auf und wird den Beitrag am kommenden Dienstag (9. Juni) um 18 Uhr erstmals ausstrahlen.

Durch die gesamte einstündige Gesprächsrunde zog sich erkennbar der Wille der örtlichen Kommunalpolitiker, die Folgen der gegenwärtigen Corona-Pandemie zu meistern sowie Zuversicht. Überzeugt zeigten sich die versammelten Bürgermeister auch, dabei weiterhin auf ihre jeweilige Bevölkerung zählen zu können, wie sich dies bereits gezeigt habe, als angesichts von Kontaktsperre und Schließungen gegenseitige Unterstützung besonders gefragt war. Andererseits blieb an Kreis und Land gerichtete sachliche Kritik nicht aus.

Es wird Einschnitte in den Haushalten geben müssen
„In Gefahr sind die Kommunen (der Verbandsgemeinde) sicherlich nicht“, antwortete Werner Kölsch, Bürgermeister der Verbandsgemeinde auf die entsprechende Eröffnungsfrage. Was die Corona-Pandemie bringt, könne man gegenwärtig nicht absehen. Erhebliche Einschnitte in den Haushalten werde es geben müssen. Am 27. Mai habe Ministerpräsidentin Dreyer angekündigt, über unsere Kommunen werde ein „Rettungsschirm“ von mehr als 700 Millionen Euro ausgebreitet, da dürfe man gespannt sein was unten ankommt. Bis auf weiteres müsse man „auf Sicht“ fahren und die Steuerschätzung im September abwarten.
   Im laufenden Jahr müsse nach vorsichtiger Schätzung von einem Rückgang der Einnahmen der Verbandsgemeinde um 400.000 Euro ausgegangen werden „und bei der Gewerbesteuer wird’s rund eine Million sein“, antwortete Bürgermeister Kölsch auf die Frage des Journalisten Schächter. Bei den vorgesehenen Projekten müsse man nun sehen, welch man angeht oder schiebt. Er sei allerdings zuversichtlich, dass es wieder zu einer positiven Entwicklung kommen werde.

Zu den unterschiedlichen Auswirkungen auf die verschieden strukturierten Ortsgemeinden äußerte Thomas Funck (Dimbach), seine Kommune habe ohnehin keine großen Gewerbesteuereinnahmen. „In wie weit uns die Einkommensteuer im Zug der Kurzarbeit betreffen wird, muss man sehen.“ Man habe schon seit Jahrzehnten sparsam wirtschaften müssen „und statt den Euro zweimal umzudrehen müssen wir den jetzt fünfmal wenden“.
   Hauensteins Ortsbürgermeister Michael Zimmermann betonte, die Einbrüche hätten an vorderer Stelle die Ortsgemeinden zu verkraften, weniger die Verbandsgemeinde oder der Kreis. Die Einbrüche bei der Gewerbesteuer würden wohl in erster Linie (die Ortsgemeinden) Hauenstein und Schwanheim treffen. „Wir werden den Gürtel sehr, sehr eng schnallen müssen“, weil einige Großprojekte anstünden, beispielsweise die neue Kindertagesstätte. Freiwillige Leistungen, „die eine Gemeinde lebenswert machen“, werden wohl wegbrechen, befürchtet Michael Zimmermann, auch weil auf diese freiwilligen Leistungen „die Kreisverwaltung immer den Finger draufhat“.

Vereine besonders schwer betroffen
An Ortsbürgermeister Zimmermann gerichtet erkundigte sich Franz-Josef Schächter ob ob man den Vereinen, die notleidend seien, und die derzeit kaum monetär unterstützt werden könnten, auf andere Weise entgegenkommen könne. Schon in der Vergangenheit habe man sich vielfältig bemüht den Vereinen unter die Arme zu greifen, beispielsweise bei Baumaßnahmen, erklärte der Angesprochene. „Allerdings ist das genau der Punkt bei dem das Gemeindeprüfungsamt der Kreisverwaltung immer sagt, freiwillige Leistungen müssen massiv zurückgefahren werden“.
   Hermann Rippberger, der für Lug mit Rückgängen vor allem aus der Einkommensteuer rechnet, fürchtet die bislang üblichen Ausschüttungen an die Vereine nicht aufrecht erhalten zu können. Patrick Weißler, Erster Beigeordneter in Schwanheim, appellierte an die Vereine initiativ zu werden und zu schauen ob sie unter vorhandene Rettungsschirme schlüpfen könnten.

Hilfen von Bund und Land könnten an kleinen Gemeinden vorbeigehen
Armin Ladenberger schilderte, seiner Gemeinde Dimbach, die auserkoren sei als „Wohngemeinde“ so gut wie kein Gewerbe zu haben, sei es zwar meist gelungen die Haushalte nahezu auszugleichen, aber nur weil Aufgaben, die zu den Pflichtaufgaben gehörten, von der Bürgerschaft freiwillig übernommen würden. Freiwillige Leistungen der Gemeinde würden gegen null tendieren. Wenn jetzt Entlastungen angekündigt würden, sei zu erwarten, dass sich diese wieder an den Sozialleistungen orientieren. „Wir haben keine Sozialleistungen in unseren kleinen Gemeinden.“ Es werde sein wie immer: „Wir, die kleinen Gemeinden, werden nicht wahrgenommen.“ Es wäre fatal, wenn solche Gemeinden außenvor blieben, die sich selbst helfen, pflichtet Dimbachs Ortsbürgermeister bei, sowie sinngemäß Hermann Rippberger aus Lug.
Anmerkung des Verfassers: Administrativ als „Wohngemeinden“ eingestuften Ortschaften ist es nur sehr begrenzt gestattet Gewerbe anzusiedeln.

Wo soll das fehlende Geld herkommen?
Ortsbürgermeister Schoch schilderte, Wilgartswiesen hätte durch Verkauf von Immobilien einen positiven Kassenbestand erwirtschaften können. Nun sei mit einem Rückgang der Einnahmen um 30 Prozent zu rechen. „Wir werden nur das allernotwendigste tun können“. Darauf angesprochen, wo jetzt fehlendes Geld herkommen soll, betonte Bürgermeister Kölsch, hebeberechtigt seine die Ortsgemeinden. Von dort habe er bislang keine Signale erhalten, dass Anhebungen geplant seien. Konjunkturprogramme kämen in Frage, „denn wir müssen ja auch mal unsere Wirtschaft betrachten, unsere Betriebe die massiv betroffen sind“. Programme müssten aufgelegt werden, damit diese Betriebe wieder richtig Fuß fassen könnten, auch um eine Welle von Insolvenzen zu verhindern, die dann schließlich auch die Arbeitnehmer betreffen würden. Kurzarbeitsplätze müssen wieder zu Vollarbeitsplätzen werden. „Das würde auch die Gemeinden wieder besser stellen.“

Von Seiten des Gesetzgebers sei man aufgefordert, alle Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen, also die Hebesätze heraufzusetzen, schloss sich Michael Zimmermann an. „Das haben wir nämlich mal vor zwei Jahren in Hauenstein gehabt. Da hatten wir nicht alle Einnahmemöglichkeiten ausgeschöpft, mit der Folge, dass uns die Kreisverwaltung unseren Haushalt nicht genehmigte. Wir mussten die Grundsteuer um 20 Punkte nach oben heben.“ Wenn sich dieser Teufelskreis erneut ergeben würde, müssten wir den Leuten das Geld wegnehmen, das sie brauchen um die Konjunktur wieder ins Laufen zu bringen.“ Hier müsse man reagieren, schlug er vor. Er sei kein Freund von Steueranhebungen.
   Dem pflichtete Patrick Weißler bei und schilderte die Situation Schwanheims.

Soziale Folgen im ländlichen Bereich geringer
Die menschlichen und sozialen Folgen durch die Kontaktbeschränkungen seinen durch die „in unserem ländlichen Bereich“ verbreitete gegenseitige Hilfe zum großen Teil aufgefangen worden, war einhellig der Tenor der Kommunalpolitiker. Michael Zimmermann war es wichtig, den von der Pfadfinderschaft geleisteten „Einkaufservice“ für ältere Mitbürger hervorzuheben.
   In Lug seien die geschlossene Kirche schon sehr vermisst worden und beispielsweise die Singstunde oder gemeinsame Wanderung, wusste Hermann Rippberger zu schildern. Mannschaftssport werde sehr vermisst sowie die Dorffeste. Aber die Leute seinen einverstanden „und Proteste wie in den großen Städten, die gibt es bei uns nicht“.

Mit Datenleitungen gut ausgestattet
Die technischen Voraussetzungen zur Verlagerungen von Arbeitsplätzen und Schulbänken in heimische Wohnungen hätten sich als gegeben erwiesen, wurde auf Nachfrage einhellig bestätigt. Die mittlerweile vorhandenen schnellen Datenleitungen würden uneingeschränkt ausreichen. „Von zumindest einem Anbieter haben wir überall die höchste Übertragungsrate gewählt“, freute sich Michael Zimmermann über frühere Entscheidungen. Nun habe sich gezeigt, „dass es richtig war, dass wir vor Jahren aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln unser Netzwerk ausgebaut haben“, schloss sich Lugs Bürgermeister an. Ein Ingenieurbüro beispielsweise, das große Datenmengen aus der Welt empfange und in die Welt hinaussende, habe oder finde in der Verbandsgemeinde Hauenstein uneingeschränkt die Voraussetzungen.
   Ganz vereinzelt gäbe es weiße Flecken, berichtete Thomas Funk aus Dimbach. Die Glasfaserleitung liege zwar bis Ortsmitte, aber wenige Haushalte seien noch nicht angeschlossen.

Trend hier wohnen zu wollen und Tourismus scheinen sich zu verstärken
Zum Abschluss wurde perspektivisch besprochen, ob sich Trends in der Fläche wohnen und leben zu wollen verstärken könnten. Zuzüge aus Speckgürteln von Städten wie Landau, Neustadt oder Germersheim nähmen zu, wusste der Bürgermeister der Verbandsgemeinde zu berichten. Dazu trügen die günstigen Wohnkosten bei und die Einbindung in den „Rheinland-Pfalz-Takt“. „Wir sind direkt angebunden an die B 10 und die Schiene, was auch für Gewerbebetriebe sehr interessant ist.“ Die Nachfrage nach Immobilien steige seit einiger Zeit, stellte Hermann Rippberger fest. „Aus diesem Grund werden wir in Lug ein neues Baugebiet entwickeln. Die Machbarkeitsstudie ist in der Endphase.“ Die Baulandpreise würden nach bisheriger Berechnung ein Viertel der in Landau geforderten betragen. Auch Wilgartswiesen sei derzeit dabei, Baugelände zu erschließen, wusste Manfred Schoch zu berichten, in Zusammenarbeit mit einem Investor.
   Michael Zimmermann verwies auf die vorhandene komplette Infrastruktur. „Wir können hier alles bieten, ob das der Arzt ist, der Zahnarzt, … Einkaufsmöglichkeiten, wir sind Luftkurort und haben ein schönes Schwimmbad. Man könne hier wandern, mountainbiken, klettern oder die Seele baumeln lassen. Dank dem neuen gemeinsamen Gewerbegebiet mit Wilgartswiesen könnten Arbeitsplätze wieder näher zu den Menschen kommen und auch Hauenstein erschließe derzeit ein Wohnbaugebiet. Die Nachfrage sei groß.

Die besondere Art des hier gebotenen naturnahen Tourismus gewinne an Attraktivität, berichtete Lugs Bürgermeister. „Auf unserem Premiumweg Geiersteine sind deutlich mehr Wanderer unterwegs als früher.“

Das OK-TV Südwestpfalz teilt mit:
Erstausstrahlung am Dienstag, 9. Juni 2020 um 18.00 und 21.00 Uhr
Wiederholung am Mittwoch, 10. Juni um 0.00, 9.00, 13.00 und 16.00 Uhr
Wiederholung am Sonntag, 14. Juni um 10.10, 14.10 , 18.10 und 22.10 Uhr

Im Kabelnetz der Vodafone Deutschland.
Zeitgleich in unserem Internetstream: https://www.oktv-suedwestpfalz.de/index.php/m-livestream
Und nach der Erstausstrahlung in unserer Mediathek: https://www.youtube.com/watch?v=0IHQQCJw3Fo

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Autor:

Werner G. Stähle aus Hauenstein

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