Versorgung mit elektrischem Strom wird zunehmend volatil
Hauenstein (Südwestpfalz). Die Versorgungssicherheit mit elektrischem Strom ist ab dem Jahr 2030 nicht mehr gegeben, sieht Martin Pfeifer voraus, Betriebsführer des Energie- und Bäderbetrieb Hauenstein. „Dem Koalitionsvertrag (von 2021) zufolge sollen bis dahin die Kohlekraftwerke durch Gaskraftwerke ersetzt sein und noch kein einziges davon ist gebaut. Außerdem werden die Netze zunehmend instabil. Wir können froh sein, dass wir in das Europäische Verbundsystem eingebunden sind. Wir bezahlen Norwegen, Finnland und der Schweiz Geld, dass diese Länder uns überschüssigen Strom abnehmen und kaufen zu Marktpreisen zurück.“
Erneuerbare wettbewerbsfähig, wenn sie produzieren
„Windkraftanlagen produzieren inzwischen zu wettbewerbsfähigen Preisen - wenn sie produzieren“, sieht Martin Pfeifer. Wenn nicht, müssten hauptsächlich Gaskraftwerke einspringen, die schnell angefahren werden könnten. Eigentlich seien diese zur Deckung von Bedarfsspitzen vorgesehen und lieferten den teuersten Strom. Heutzutage würden Gaskraftwerke allerdings oft Grundlast fahren. Die Einspeisung von Solarstrom in die Netze verursache zusätzliche Herausforderungen, weil auch dieser stark schwanke, nach Tageszeit, Wetterlage und Jahreszeit. Der weitere Ausbau von Wind- und Solarenergie erfolge nach wie vor unkoordiniert und für Netzbetreiber und Erzeuger unvorhersehbar. „Wo erneuerbare Energien neu entstehen sollen, muss ein Netzverknüpfungspunkt eingerichtet werden, das ist Verpflichtung.“
Abhängig vom Ausland
„Unsere Stromversorgung würde ohne das Ausland nicht mehr funktionieren. Die Übertragungsnetzbetreiber dort sind sauer auf uns. Diese müssen mittlerweile fast permanent Netzstabilisierungsmaßnahmen durchführen, damit das europäische Verbundsystem konstant mit den erforderlichen 50 Hertz betrieben werden kann“, beschreibt Martin Pfeifer.
Neben aus Frankreich würde auch von Rumänien und Bulgarien Atomstrom bezogen und somit von Kernkraftwerken die weniger sicher seien als die in Deutschland vorzeitig abgeschalteten. „Da wurden ideologische Ziele mit aller Gewalt durchgesetzt. Da kann ich nicht mitgehen.“
Risiko für Blackout steigt
Vor drei oder vier Jahren hätte Deutschland wegen Windstrom vom Norden kurz vor einem „Blackout“ (hier: großflächiger Stromausfall über längere Zeit) gestanden, erinnert sich Martin Pfeifer, der in Personalunion auch Geschäftsführer des kommunalen Versorgers Nahwerk Energie GmbH & Co.KG (Waldfischbach-Burgalben, Südwestpfalz) ist. Grüner Strom habe immer Vorrang. Falls dennoch dessen Einspeisung zur Netzstabilisierung vorübergehend gedrosselt werden müsse, erhielten betroffene Betreiber Entschädigungszahlungen. Energieversorger sollen künftig berechtigt sein, nötigenfalls den Strombezug auf 4,2 Kilowattstunden pro Haushalt zu begrenzen. „Das ist für mich ein Zeichen, dass es immer unsicherer wird.“ Auch seien die Netze noch nicht ausreichend ertüchtigt für Stromfluss in beide Richtungen.
Erneuerbare können bis 80 Prozent des Bedarfs decken
Die Kapazität der bestehenden Erneuerbaren Energien reiche mittlerweile an einzelnen Tagen aus um bis 80 Prozent des Bedarfs an Strom in Deutschland zu decken. Zum Ausgleich der unregelmäßig und nicht nachfrageentsprechend anfallenden Mengen sei ein umfangreicher Zubau von Speicherkapazität erforderlich. „Da sehe ich bislang keine Ansätze. Batteriespeicherwerke sind keine ausreichende Lösung und auch nicht in namhaftem Umfang geplant. Wasserstoff als Zwischenspeicher ist ebensowenig absehbar“, schildert Martin Pfeifer.
Regionale Elektrizitätswerke benachteiligt
Regionale Elektrizitätswerke wären effektiver als Großkraftwerke, da auch die anfallende Abwärme verwertet werden kann. Allerdings seien die inzwischen bestehenden komplexen Regelungen personell nicht mehr umsetzbar. Hauenstein beispielsweise sei der Betrieb des gemeindeeigenen Versorgungsbetriebes ohne externe Dienstleister nicht mehr möglich gewesen (wir berichteten). „Man muss abwarten was will die Regierung“.
Rahmenbedingungen für Kommunale Wärmeplanung stehen aus
Im Zug der derzeit anstehenden „Kommunalen Wärmeplanung“, zu deren Erstellung kleinere Kommunen bis 2028 und größere bis 2026 vor kurzem von der Bundesregierung verpflichtet wurden, böte sich in Pfälzerwald-Gemeinden auch die Errichtung von Holzhackschnitzel-Heizkraftwerken an. Damit könnte man sich an der Abdeckung von Strom-Bedarfsspitzen beteiligen und Heizenergie liefern wo keine Wärmepumpe möglich ist. Aktuell würden aber die Rahmenbedingungen komplett fehlen und die Finanzierung der Planungskosten sei derzeit offen. Zudem frage sich, wo die vielen erforderlichen Fachleute plötzlich zu finden sein sollen.
Strompreis in Deutschland einer der höchsten der Welt
„Ja, der Strompreis in Deutschland ist inzwischen einer der höchsten der Welt“, bestätigt Martin Pfeifer auf die entsprechende Frage. Das sei wettbewerbsschädlich für das heimische Gewerbe sowie unsozial gegenüber Familien mit erhöhtem Strombedarf wegen Kindern, Geringverdienenden sowie Leuten mit niedriger Rente. Der Endkunden berechnete Preis setze sich zusammen aus jeweils rund einem Drittel Erzeugungskosten, Netzentgelten sowie Steuern und Abgaben. Erzeugung und Netzentgelte enthielten ihrerseits Steuern und Abgaben und auf alles bezahle man obendrauf 19 Prozent Mehrwertsteuer. Im Jahr 1988 habe ein Stromanbieter noch um Kunden geworben mit dem Slogan „19/19“ - 19 D-Mark Grundgebühr und 19 Pfennig für die Kilowattstunde, erinnert er sich.
Es fehlt eine Leitplanung
„Wir haben bereits 80 Prozent Erneuerbare Energien zur Verfügung. Die müssen wir bedarfsgerecht zum Abnehmer bringen. Uns mangelt es an Speichermöglichkeiten. Es fehlt eine Leitplanung und es ist auch keine im Ansatz erkennbar“, fasst Martin Pfeifer die gegebene Situation zusammen.
Autor:Werner G. Stähle aus Hauenstein |
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