Pfalzbibliothek Kaiserslautern
Edith Brünnler bringt eine Handvoll Neuschnee mit
Kaiserslautern. Die Pfalzbibliothek lud am Samstag vor dem ersten Advent wieder zum Weihnachts-Bücherbasar ein. Schnäppchenjäger und Raritätensammler kamen auf ihre Kosten. Vielleicht fand sich eine schöne Ausgabe von Paul Münch oder Heinrich Kraus, auch Bildbände und dicke Schmöker lagen reichlich aus. Für das leibliche Wohl wurden Punsch, Kaffee und Kuchen präsentiert. Das Kaminfeuer brannte ganz hip auf einem großen Monitor.
Um 11 Uhr war Lesezeit. Edith Brünnler aus Ludwigshafen brachte in ihrer Tasche Adventsgeschichten mit, Hochdeutsch wie Mundart, auch wurde munter gerappt. Die ehemalige IT-Fachkraft ist da umtriebige Meisterin ihres Metiers, vielfache Gewinnerin von literarischen Wettbewerben und durch eine hohe Zahl an Lesungen und Poetry-Slam-Events vor allem im Rhein-Neckar-Raum bekannt.
In ihren Geschichten aus dem Alltag mit all seinen skurril-irrwitzigen Momenten wird ein roter Faden deutlich. Der Autorin geht es um das Bewahren von Tradition, des Heimatgefühls, und ja, sie stemmt sich beharrlich gegen die überladene Hetze in der Vorweihnachtszeit, da wird ihrer Protagonisten im Einkaufsrummel auf der Flucht vor Menschen, die sich irgendwie nur noch mit social media selbst beleuchten, in einem alten Café ein "Coffee-to-go" angeboten, ihr wäre aber der handgemachte "Coffee-to-stay" lieber, würde glattweg den doppelten Preis zahlen für eine Verlangsamung der Zeit – plus, das darf als Pointe nicht fehlen, die Schwarzwälder Kirschtorte. Brünnler thematisiert die Vereinsamung und Verständnisschwierigkeiten von Bürgern gegenüber Auswüchsen der Moderne, eine mehr unterschwellige Sozialkritik, gewürzt mit viel Ironie.
In ihrer Geschichte "Eine Handvoll Neuschnee" herrscht kurz vor Weihnachten nebelgrau bei Plusgraden, typisch Klimawandel. Julia bereitet den Christbaum vor. Ihr Mann Alexander ist auf Geschäftsreise in Toronto, wo es schneereich wie im Bilderbuch zugeht. Mit den direkten Nachbarn versteht sie sich nicht mehr so gut, denn diese misstrauen Julias echten Kerzen am Baum, alles könne ja in Flammen aufgehen. Steht schon der Wassereimer bereit? Das Projekt ihres Mannes verzögert sich, dieser hofft, doch noch rechtzeitig zum Fest zurückzukehren. Überraschend erhält Julia ein Päckchen mit einem Glas Neuschnee aus Toronto – ein toller Liebesbeweis. Allerdings hat der Schnee nicht überlebt – das ist ihr egal.
Zum Schluss ein melodischer Pälzer Weihnachtsgruß, die obligatorische Flasche Riesling (in Maßen genossen) soll man nicht missen.
Edith Brünnler gelang während der gut 40 Minuten eine stimmige Balance zwischen Heiterkeit und Besinnlichkeit, auch die schönen Überleitungen zwischen den Texten waren gekonnt vorgetragen – eine Lesung wie aus einem Guss – was man am positiven Feedback der Gäste raushören konnte.
Autor:Peter Herzer aus Kaiserslautern |
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