Noch lange keine Trendwende für den Wald
Nachwirkungen der Hitzejahre überlagern die positiven Effekte aus 2021
Von Ralf Vester
Waldzustandsbericht Rheinland-Pfalz. Was Revierförster Klaus Platz vom Forstamt Kaiserslautern zum Jahreswechsel über den Wald rund um die Barbarossastadt berichtete, schlägt sich eins zu eins im neuesten Waldzustandsbericht auch für ganz Rheinland-Pfalz nieder.
Im Jahr 2021 waren die Witterungsbedingungen für das Gedeihen der Pflanzenwelt durchaus günstig. Weder fehlte es an Feuchtigkeit, noch gaben Hitzewellen oder längere Dürreperioden Anlass zu Stress. Wer jedoch auf die Dokumentation einer spürbaren Erholung der Wälder von den Wirkungen der Hitze- und Dürrejahre 2018 bis 2020 gehofft hat, wird durch den aktuellen Waldzustandsbericht enttäuscht. Die Nachwirkungen der langanhaltenden schweren Belastungen dieser Jahre überlagern weithin die positiven Effekte einer vermeintlichen Rückkehr zu eher durchschnittlichen Witterungsbedingungen.
Das Schadniveau bleibt wie im Vorjahr unverändert hoch. Der Anteil deutlich geschädigter Waldbäume ist gegenüber dem Vorjahr zwar um zwei Prozentpunkte zurückgegangen und der Anteil an Probebäumen ohne sichtbare Schadmerkmale liegt um zwei Prozentpunkte höher, doch die mittlere Kronenverlichtung blieb nahezu unverändert. Viele der im Vorjahr mittelstark geschädigten Bäume haben sich in ihrem Kronenzustand weiter verschlechtert und zeigen nun starke Kronenschäden, einige sind sogar abgestorben.
Absterberaten nach wie vor auf hohem Niveau
Die Absterberate ist definiert als der Anteil an Probebäumen, die im Jahr der Erhebung tot (100 Prozent Nadel- bzw. Blattverlust) angetroffen werden, nachdem sie im Vorjahr noch gelebt hatten. Ab dem Jahr 2019 führten hier die extremen Borkenkäferschäden bei der Fichte zu wesentlich höheren Werten. 2021 ist auch die Absterberate bei Kiefer und Buche auffällig erhöht. Zuvor war die Absterberate in der Zeitreihe der Waldzustandserhebung seit 1984 unauffällig und auf einem unbedeutend niedrigen Niveau.
Nach den drei vergleichsweise zu trockenen und zu warmen Jahren 2018 bis 2020 war im Jahr 2021 der Witterungsverlauf in der Vegetationszeit günstig für den Wald. Die Niederschläge fielen gleichmäßiger verteilt über das Jahr, ausgeprägte Trockenphasen traten in Rheinland-Pfalz bis Ende August nicht auf. Eine durchgreifende Erholung im Kronenzustand der Waldbäume, wie es bei dem günstigen Witterungsverlauf und dem ausgebliebenen Fruchtbehang zu erwarten gewesen wäre, ist jedoch nicht eingetreten.
Keine Verbesserung bei den Luftschadstoffen
Die Wälder leiden stärker und langfristiger unter den Folgen der Dürrejahre, als bisher beobachtet wurde. Auch wurde in den letzten Jahren keine durchgreifende Verbesserung bei den Luftschadstoffen mehr erreicht. Die Säure- und Schadstoffbelastung übersteigt trotz der Reduktionserfolge bei Schwefeldioxid und Schwermetallen weiterhin das Pufferpotenzial vieler Waldstandorte. Die Stickstoffeinträge liegen weiter über dem Schwellenwert der Ökosystemverträglichkeit. Ozon, dessen Verträglichkeitsgrenzen für Waldbäume an allen Messstandorten überschritten werden, wirkt weiterhin waldschädigend.
Der stete Kampf gegen den Borkenkäfer
Bei der Fichte schreitet die mit der Trockenheit der Vorjahre verbundene Borkenkäferkalamität fort. Die hohe Ausgangspopulation im Frühjahr und Vorschädigungen aus dem Vorjahr führten zu anhaltend hohen Mengen an Kalamitätsholz. Dank der häufigeren Niederschläge in der Vegetationsperiode konnten die Fichten etwas bessere Widerstandskraft aufbauen. Die kühlere Witterung verzögerte den Schwärmflug und die Entwicklung der Larven, sodass sich im Jahr 2021 nur zwei Käfergenerationen entwickeln konnten. So besteht jetzt die Chance befallene Fichten noch vor dem Ausflug der Käfer zu fällen, die Stämme aus dem Wald zu entfernen und so die überwinternde Buchdruckerpopulation effektiv zu reduzieren.
Die Buche als neues Sorgenkind
Die aktuelle Schwächung der Buche als der von Natur aus dominierenden Baumart in Mitteleuropa ist sehr beunruhigend. Auch wenn die ermittelten Absterberaten im Vergleich zur Fichte sehr gering sind, liegen sie doch um ein Vielfaches höher als in der gesamten Zeitreihe der bisherigen Waldzustandserhebung. Erste Ergebnisse begonnener Zusatzuntersuchungen bestätigen die Trockenstresssensitivität der Buche. Neben im Klimawandel zu erwartenden Arealverschiebungen führen natürliche und anthropogen verursachte Störungen des Bestandsgefüges geschlossen aufgewachsener älterer Buchenwälder zu zusätzlichen Belastungen der Buche, die diese in Stressjahren wie 2018 bis 2020 nicht immer kompensieren kann.
Kronenzustand als Indikator für Vitalität
Die jährliche Waldzustandserhebung stützt sich auf den Kronenzustand als Indikator für die Vitalität der Waldbäume. Veränderungen des Kronenzustands sind eine Reaktion auf Belastungen durch natürliche und durch menschenverursachte Stresseinflüsse.
Im Jahr 2021 hat sich der Kronenzustand über alle Baumarten im Schnitt kaum verändert. Doch gibt es im Berichtsjahr bedeutsame Entwicklungen, weniger zwischen den verschiedenen Baumarten, sondern besonders innerhalb einzelner Baumarten durch eine stärkere Aufspreitung der Kronenzustände hin zu den Extremen bis zum vermehrten Absterben. rav
Autor:Ralf Vester aus Kaiserslautern |
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