Robert Brandalik erarbeitet Methode, um die Netzauslastung zu ermitteln
Neues Rechenverfahren behält Verbrauch im Stromnetz im Blick
TUK. Um beim Bau von Stromnetzen etwa die Versorgung von geplanten Häusern sicherzustellen, spielten früher vor allem Erfahrungswerte eine wichtige Rolle. Messdaten haben Netzbetreiber dazu nicht erhoben. Im Zuge der Energiewende stoßen die Netze aber an ihre Grenzen.
„Dies liegt zum einen daran, dass immer mehr Privathaushalte Energie aus ihren Photovoltaikanlagen ins Netz einspeisen, aber auch andere Stromverbraucher wie etwa Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen hinzugekommen sind und dafür sorgen, dass mehr Energie übertragen wird“, erklärt Elektroingenieur Robert Brandalik.
Um die Auslastung jetziger, aber auch künftiger Stromnetze zu überwachen, sind Messwerte notwendig. Auf dem Markt gibt es zwar moderne Messeinrichtungen, sogenannte Smart Meter, die nach dem Willen der Politik auch flächendeckend installiert werden sollen. Mit ihnen könnten Netzbetreiber den Verbrauch oder die Erzeugung einzelner Haushalte direkt ermitteln, wenn diese an ein entsprechendes Kommunikationsnetz angeschlossen sind. „Allerdings dürfen als personenbezogene deklarierte Daten nicht erhoben werden. Dazu zählt etwa die Leistung von Haushalten; die Spannung oder die Leistung von Photovoltaik-Anlagen hingegen nicht“, sagt Brandalik.
Wie kann es nun gelingen, den Zustand des Netzes besser im Blick zu haben, ohne dabei den Datenschutz zu verletzten? Mit dieser Frage hat sich Brandalik im Rahmen seiner Promotion am Lehrstuhl für Energiesysteme und Energiemanagement bei Professor Dr. Wolfram Wellßow an der TUK befasst. Der Elektrotechniker hat zunächst einen Algorithmus entwickelt, mit dem er Ersatzwerte ermittelt, die die Schätzungen für den Stromverbrauch von Haushalten darstellen. „In diese Berechnungen fließen zum einen Werte von Spannungsmessungen ein, die aus Datenschutzgründen unkritisch sind. Hinzu kommt noch der gesamte Verbrauch, der sich an Transformatoren ermitteln lässt – also an den Stellen, an denen der Strom in das Niederspannungsnetz verteilt wird“, erläutert der Ingenieur.
Mit diesen Ersatzwerten ist es wiederum möglich, eine sogenannte Zustandsschätzung für Niederspannungsnetze vorzunehmen. „Netzbetreiber nutzen diese bei Hochspannungsnetzen, um die Auslastung im Blick zu behalten“, erläutert Brandalik. Auch dafür hat der Kaiserslauterer Ingenieur ein neues Rechenverfahren entwickelt. Er hat dazu bereits vorhandene Algorithmen angepasst, die für die Schätzungen bei Hochspannungsnetzen zum Einsatz kommen.
Seine Rechenverfahren hat er am Lehrstuhl auf dem Campus in verschiedenen Computersimulationen unter die Lupe genommen. „Wir haben einige Modelle von Niederstromnetzen für Städte und ländliche Regionen“, sagt der Ingenieur. „Mit ihnen haben wir getestet und gesehen, dass die Methode funktioniert.“ Darüber hinaus hat Brandalik die Algorithmen bei einem Netzbetreiber geprüft. „Die Überwachung des Stromnetzes ist präzise genug und so für den Netzbetrieb vertretbar“, fasst er die Ergebnisse kurz zusammen. „Private Daten werden dabei nicht erhoben.“ Sollte es beispielsweise plötzlich zu starken Schwankungen, einem Leistungsabfall oder -anstieg im Netz kommen, wird dies erkannt, die Ergebnisse liefern aber keine präzisen Angaben über das Verbraucherverhalten.
Mit dem Verfahren ist es möglich, Niederspannungsnetze zu überwachen, ohne persönliche Daten der Verbraucher zu nutzen. Netzbetreiber könnten es verwenden, um rechtzeitig Überlastungen entgegenzusteuern. Mithilfe der Messdaten ließen sich zudem neue Geschäftsmodelle entwickeln, bei denen etwa der Strompreis der Nachfrage besser folgt.
Mit seiner Arbeit „Zustandsschätzung in Niederspannungsnetzen mit niedrigredundanter Messwertaufnahme: Anforderungen und Umsetzung“ hat Brandalik den ersten Platz beim Ideenwettbewerb Energie-Campus „Energie und Umwelt – meine Idee für morgen“ der Stiftung Energie & Klimaschutz belegt. Der Preis ist mit 2.000 Euro dotiert.
Der Kaiserslauterer Forscher hat die Arbeit im Rahmen des Verbundprojekts „CheapFlex – Entwicklung eines kostengünstigen Smart Grid-Kommunikationssystems auf Basis der Rundsteuertechnologie“ angefertigt. Es wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie von Mai 2015 bis Oktober 2017 gefördert. Koordiniert wurde es vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg. Neben der TUK waren die Stadtwerke Ahaus GmbH und das Steuertechnik-Unternehmen Swistec GmbH beteiligt.
Robert Brandalik arbeitet mittlerweile beim Übertragungsnetzbetreiber Amprion GmbH in Pulheim bei Köln.ps
Weitere Informationen:
Ein Teil der Algorithmen ist öffentlich
zugänglich und frei nutzbar:
https://github.com/lik1212
Autor:Jens Vollmer aus Wochenblatt Kaiserslautern |
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