Alpenverein: Durch Sportklettern und Mountainbiking angestaubtes Image längst abgelegt
Wandel zum Trendverein vollzogen

Klettwerwand des DAV  Foto: ps/View
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Kaiserslautern. Wer vom Vereinsjubiläum eines Alpenvereins hört, hat vielleicht gewisse Bilder und Vorstellungen, beispielsweise Kniebundhosen und Gemälde mit röhrenden Hirschen. Dass der Deutsche Alpenverein (DAV) längst weg ist von solch einem verstaubten Image, verdeutlicht Dr. Lothar Lukoschek, erster Vorsitzender der Sektion Kaiserslautern, im Gespräch mit dem Wochenblatt.

von Jens Vollmer

???: Herr Dr. Lukoschek, der DAV Sektion Kaiserslautern feiert 125-jähriges Bestehen. Herzlichen Glückwunsch!
Dr. Lothar Lukoschek: „Vielen Dank, es ist ein wirklich stolzes Ereignis. 125 Jahre sind nur die ältesten Menschen der Welt geworden. Dass ein Verein so lange existiert, ist etwas ganz Besonderes, dazu braucht es ein gutes Stück Glück.“

???: In Kaiserslautern einen Alpenverein zu gründen, war zu der Zeit sicher ungewöhnlich, die Mobilität ist mit der von heute ja in keinster Weise vergleichbar.
Lukoschek: „In der Gründungsphase war das ein wirklich elitärer Club, das who-is-who Kaiserslauterns. Es finden sich im Archiv Namen wie Jänisch, Ritter, Karcher, Bender, Orth oder Neumayer. Es brauchte einen Bürgen, um Mitglied zu werden bei den vornehmen Herren. Man muss auch sehen, dass das Sehnsuchtsgebiet Alpen damals nur von Leuten erreicht werden konnte, die Zeit und Geld hatten. Die Alpen waren kaum erschlossen. Allein die Anreise dauerte eine Woche.“

???: Was waren damals die zentralen Inhalte des Vereins?
Lukoschek: „Der Erfahrungsaustausch stand im Vordergrund, es wurden Vorträge gehalten. Es gab kaum Fotos, kaum genaue Karten. Wissen war extrem wichtig für alle, die ebenfalls die Alpen erkunden wollten. Später waren Diavorträge gefragt. Das hat sich alles geändert. Heute können die Menschen bequem anreisen, finden in Internetportalen Fotos und genaue Beschreibungen aller Touren. Bei Vorführungen müssen es nun schon Multimediashows mit Unterhaltungswert sein, um die Menschen zu begeistern.“

???: Das heißt, die Digitalisierung hält selbst bei Alpenvereinen Einzug?
Lukoschek: „Touren im Internet werden immer wieder aktualisiert, erhalten Kommentare, Tipps und Bilder. Das ist bei Karten und Büchern erst in einer Neuauflage nach Jahren möglich. Hinzu kommt die Navigation über GPS, die Hüttenvergabe über das Internet oder die Verwaltung der Mitglieder in elektronischer Form. Es hat sich schon sehr viel getan bei uns. Trotz alledem ist der DAV immer noch reell, alles echt und draußen.“

???: Vereine haben - je nachdem wie ihre Vereinsinhalte gerade gefragt sind - Höhen und Tiefen, was die Mitgliederzahlen betrifft. Wie war das beim Kaiserslauterer DAV?
Lukoschek: „Große Einschnitte gab es in den Kriegszeiten, nach dem ersten Weltkrieg gab es nur noch 60 Mitglieder. In der Nazizeit wurden alle Vereine gleichgeschaltet, die Sektion stand vor ihrer Auflösung. Das seit Anfang an geführte Vereinsbuch endet am 24. September 1933. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der DAV sogar von den Siegermächten bundesweit verboten wegen seiner Nähe zu den Nazis. Dieses dunkle Kapitel wurde danach aufgearbeitet, ein kompletter Neuanfang war von Nöten. Ab 1949 wurde der einstige DAV Kaiserslautern als Teil des Ski- und Kanuclubs betrieben, erst 1960 gab es wieder eine eigenständige Sektion, die aber seither beständig wächst und mittlerweile 3.100 Mitglieder vorweisen kann. Bundesweit hat der DAV 1,3 Millionen Mitglieder und ist insbesondere in Südbayern sehr stark.“

???: Aus so vielen Jahren gibt es sicherlich auch kuriose Dinge zu berichten?
Lukoschek: „Ja sicherlich, ein Beispiel aus dem Archiv: Im ersten Weltkrieg wurde die Hüttenkasse durch einen Beschluss in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung um 1.000 Mark erleichtert für 'Kriegsliebesdienste'.“

???: Auf welche wichtigen Eckpunkte kann der Verein zurückblicken?
Lukoschek: „Der Verband der Pfälzischen Sektionen erbaute 1928 auf dem Bettlerjoch die „Pfälzer Hütte“, heute gehört sie dem Liechtensteiner Alpenverein. Das war ein großes Unterfangen. Von 1969 bis 1971 wurde die eigene Hütte der Sektion Kaiserslautern in der Nähe von Dahn errichtet. Damit war ein großes Ziel der hiesigen Sektion erreicht, Pläne dafür gab es schon viel früher. 1993 wurde das 100-jährige Bestehen des DAV Kaiserslautern gefeiert und es gelang unserem heutigen Ehrenvorsitzenden Julius Lösch, dass die Hauptversammlung des DAV parallel in der Kaiserslauterer Fruchthalle tagte. 1996 erfolgte außerdem der Beitritt zum Sportbund Pfalz.

???: Alpenvereine hatten ein angestaubtes Image. Wandern scheint als Hobby mittlerweile aber auch jüngere Leute anzusprechen, der Altersdurchschnitt ist gesunken. Wie gelang es, den Verein zu modernisieren?
Lukoschek: „Das ist gut möglich, dass Wandern heutzutage eine breitere Altersschicht anspricht. Junge Menschen sind weltweit unterwegs, um die Natur zu entdecken. Der DAV ist eine gute Plattform für diese Menschen. Selbstverständlich werden im DAV Wandern und Bergsteigen sowohl in der Pfalz als auch in den Alpen immer noch angeboten. Unsere Senioren machen beispielsweise jeden Mittwoch die Hütten in der Pfalz unsicher. In den 90ern kam insbesondere das Sportklettern hinzu, das seitdem immer mehr Anhänger gewinnt. Diese Sportart wird sogar bei den nächsten Olympischen Spielen vertreten sein. Ebenfalls im Trend ist Mountainbiking, das in unserer Sektion auch betrieben wird. Die Jugend kommt heutzutage über die Kletteranlage, die wir im Foyer der Barbarossahalle betreiben, zu uns in den Verein. Auch Schulen nutzen diese Anlage, so dass wir ständig Kontakt zu Neuinteressenten haben.“

???: Das Jubiläumsjahr fing an mit einer Ausstellung in der Stadtsparkasse, erlebte ein Sommerfest im Schweinstal und endet nun am Freitag, 21. September, mit einem Empfang im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern. Was erwartet die Mitglieder?
Lukoschek: „Wir werden am Vortag der Verbandstagung diesen Empfang zelebrieren und freuen uns, dass Josef Klenner, Präsident des DAV, persönlich anwesend sein wird. FIFA-Schiedsrichter Markus Merk – ebenfalls DAV-Mitglied und selbst bergsteigerisch aktiv – wird zudem einen freien Vortrag halten. Bei der Verbandstagung einen Tag später treffen sich die Sektionen aus Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland in Kaiserslautern.“  jv

Weitere Informationen:
www.dav-kaiserslautern.de
www.kletterzentrum-kl.de

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Autor:

Jens Vollmer aus Wochenblatt Kaiserslautern

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