Seismographen vermelden höchste Aktivitäten auf dem Betzenberg
Mehr als ein gewonnenes Pokalspiel

Mit gestärktem Selbstbewusstsein gehen die Roten Teufel nach dem Sieg im DFB-Pokal in den Ligaalltag  Foto: Jens Vollmer
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FCK.Wenn es um den 1. FCK geht, werden gerne viele Bilder bemüht. Die Roten Teufel begrüßen den Gegner in ihrer Hölle, der Verein gilt als das Schiff „Unzerstörbar“. Doch mittlerweile ist die Glut abgekühlt und die Unzerstörbar schlingert mit Lecks und zerfetztem Hauptsegel über den tiefen Ozean, auf dessen Grund schon einige Traditionsvereine liegen.Das gewonnene Pokalspiel gegen die zwei Klassen höher spielenden Mainzer hat deshalb mehr Bedeutung als nur die Qualifikation zur zweiten DFB-Pokalrunde.

von Jens Vollmer

Samstag, 15.30 Uhr - Eine Uhrzeit, die im Kalender eines FCK-Fans schon lange nicht mehr vorkommt. Das Fritz-Walter-Stadion ist seit Jahren nur noch äußerst selten so voll wie zum Pokalspiel am vergangenen Samstag gegen die Mainzer. Auf dem Papier ist es klar: Mainz wird gewinnen, ein Drittligist hat nur die kleine Chance, dass er eigentlich keine hat.
Nach nervösem Auftakt der Lautrer und druckvollem Angriffsspiel der Mainzer steht es dank der Abschlussschwäche der 05er aber immer noch 0:0 und im Laufe der ersten Halbzeit keimt bei heimischen Fans und Team die Hoffnung: Hier könnte heute doch vielleicht etwas „gehen“. Wenn die Anfangsoffensive der zweiten Halbzeit schadlos überstanden wird, dann ist es nur noch eine halbe Stunde, winzige 30 Minuten, zur großen Ziellinie.
Die Roten Teufel setzen nach, gehen in die Zweikämpfe, gewinnen auch gar nicht wenige davon, haben immer noch einen Fuß zwischen Ball und Tor. Und hinten steht ja auch immer noch ein Lennart Grill, das nächste große Talent aus der berühmten Ehrmann-Schule, und hält den Kasten sauber.
Die Stimmung steigt, jede Balleroberung wird bejubelt, vorbei der ewige Singsang, es geht wieder um die Situation, jeder Spieler, jeder Zweikampf, jeder Spurt wird lautstark unterstützt. Mannschaft und Fans verschmelzen und begreifen: Zusammen ist heute etwas drin. David gegen Goliath - der alte Kampf, den einst die Münchner abgrundtief hassten und auch Tottenham, Barcelona sowie Madrid am eigenen Leib erfuhren, ist plötzlich wieder da - als ob eine fest verschlossene Magmakammer im tiefen Innern des höchsten Fußballbergs Deutschlands ihren Weg nach oben gefunden hätte und sich nun im Spiel gegen die Mainzer entlädt. Der Berg spuckt wieder Feuer!
Längst stehen auch die Fans auf den Sitztribünen und feuern ihre Mannschaft an.
Und dann spielt das Glück des Tüchtigen - endlich mal wieder - in die Karten der Roten Teufel. Diskussionswürdiger Foulelfmeter mit viel Glück verwandelt - der Torschrei hallt durch das Stadion wie Donner - Seismographen vermelden höchste Aktivität eines fast erloschenen Vulkans.

Neue Spielertypen

Am Erfolg beteiligt sind neue Spieler, es besteht berechtigte Hoffnung, dass in diesem Jahr eine mental starke Mannschaft zusammen gestellt wurde.
Lennart Grill führt die Tradition der exzellenten Torhüter weiter. Sicher muss auch er noch lernen, aber Fehler gehören zu einem Erfolgsweg dazu.
José-Junior Matuwila haut die Gegner weg wie einst ein Walter Frosch - Betzementalität pur mit selbstbewussten Gesten auf dem Platz. „Ein stolzer Stammeskrieger“, nannte Trainer Hildmann seinen deutsch-angolesischen Schützling schon nach dem letzten Heimspiel mit einem Schmunzeln.
Dominik Schad ist sich für keinen Weg auf der rechten Außenbahn zu schade. Er läuft, als ob es darum ginge, einen Hans-Peter Briegel zu überholen.
Die Liste neuer Spieler, denen man noch viel mehr zutraut, ist lang, hier kann sich was entwickeln.
Zurück zum Spiel: Dem Bangen um den Pokalsieg bereitet Florian Pick, der quirlige Stürmer aus der eigenen Jugend mit nunmehr fünf Toren in fünf Pflichtspielen, ein Ende - 2:0 für den FCK in der 90. Minute. Jubel, aber auch Schadenfreude, kennen keine Grenzen, denn die Mainzer Ultras - vor dem Spiel noch vollmundig im Worldwideweb unterwegs - verlieren nach andauerndem Zündeln von Pyrofackeln ihre Blockfahne in den Flammen.

Kleine Entlastung bei den Finanzen

Der FCK gewinnt nicht nur das Landesduell und qualifiziert sich für die nächste DFB-Pokalrunde am Dienstag/Mittwoch, 29./30. Oktober 2019, sondern bekommt für einen Drittligisten auch nicht gerade wenig Geld: 351.000 Euro erhält der FCK für den Einzug in die zweite Runde, hinzu kommen TV-Gelder und die Hälfte der Zuschauereinnahmen. Das Spiel wird, da der FCK aus dem Amateurlostopf gezogen wird, wieder auf dem Betzenberg stattfinden. Ziehungsleiter am kommenden Sonntagabend wird Ex-FCK-Vorstand und -Spieler Stefan Kuntz sein.
Einen weiteren Zuschuss beschert der Rücktransfer von Nationaltorhüter Kevin Trapp von St. Germain Paris zur Frankfurter Eintracht. Circa 200.000 Euro aus der Transfersumme sollen dem FCK als Ausbildungsverein zustehen. Weitere 50.000 kommen aus Heidenheim. Dort wurde Robert Glatzel, der 2017 ablösefrei die Pfalz verließ, für sechs Millionen Euro zu Cardiff City transferiert. Zwei Jahre in der Lautrer U23 bringen jetzt wenigstens 50.000 Euro für den FCK ein.
Trainer Sascha Hildmann hofft nun auf einen besonderen Effekt nach dem Sensationssieg im Pokal. „Dieser Erfolg gibt uns Kraft und ist Balsam für die Fan-Seele“. Erst fünf Punkte nach vier Spielen konnte der FCK in der Liga verbuchen, zu wenig für die eigenen Ansprüche. Das 2:0 gegen Mainz soll nun den Gordischen Knoten lösen. Schon am Sonntag, 18. August, gibt es ab 13 Uhr dazu Gelegenheit, wenn der FCK gegen Eintracht Braunschweig antritt.

Zwölfter Mann endlich wieder eingebunden

Der Pokalsieg kann - wenn in der Liga nachgelegt wird - auch wesentlich mehr bedeuten: Wer gegen Mainz und gegen Aufstiegsaspirant Ingolstadt das Team rackern gesehen hat, weiß, dass es sich wieder lohnt, den Betzenberg zu besteigen und vor Ort die Männer in Rot zu unterstützen. Lange vermisste Qualitäten wie Kampfgeist, Laufbereitschaft und Spielwitz sind zurück. Die Mannschaft präsentiert sich zu Hause nicht wie die Vorgängerteams eingeschüchtert, sondern selbstbewusst. Die Möglichkeit, die Westkurve als zwölften Mann einzubinden, wird endlich wieder genutzt. Das bringt verlorene Fans zurück, zeigt jungen Fans, die bisher nur gelitten haben, ungeahnte Perspektiven auf und auch ein junges Team, das sein Brot in der Dritten Liga verdient, ist heiß darauf, mehr zu erleben von dieser Erstligaatmosphäre. Der Sieg gegen Mainz hat Ziele visualisiert. jv

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Autor:

Jens Vollmer aus Wochenblatt Kaiserslautern

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