Der Hunsrück: Ideal zum Runterkommen
Einladend wildes Bergland
Über die Wiesen und durch die Wälder huschen Dachs, Fuchs, Rot- und Schwarzwild, Wildkatzen streunen durch die Naturparks, märchenhafte Felsen und Hangmoore erfreuen das Auge. Um die Natur und ihre Reichtümer intensiv zu erleben, dafür ist der Hunsrück ein wildes Refugium. Ebenso vielfältig zeigt sich die Region im Herzen von Rheinland-Pfalz in Sachen Historie und Kultur – fernab stressiger Metropolen-Hektik.
Legendär sind die Sagen und Mythen, die sich um das schroffe Mittelrheintal ranken. Weniger bekannt, doch genauso wild, dunkel und fantastisch kommen die Volkserzählungen des Hunsrücks daher. Nicht nur der legendäre Räuberhauptmann Schinderhannes soll in der von Rhein, Mosel, Nahe und Saar eingerahmten Region sein Unwesen getrieben haben. Geschichten über Menschen mit übernatürlichen Fähigkeiten, wilde Jäger, ruhelose Tote, Riesen oder den Teufel, über gespenstische Schatzhebungen, über Frevel und Sühne kursieren bis heute in der kleinen, herben und reizvollen Mittelgebirgswelt, die mit ihren „Schätzen“ in den letzten Jahren von den Verantwortlichen maßvoll zu einem der attraktivsten Gebiete hierzulande für Wander- und Outdoor-Aktivitäten im Zeichen eines grünen Tourismus weiterentwickelt wurde:
Gleich drei ausgedehnte Schutzgebiete – der Naturpark Soonwald-Nahe, der Naturpark Saar-Hunsrück und der erst 2015 aus der Taufe gehobene Nationalpark Hunsrück-Hochwald –, stehen für diese Ambitionen wie ein Wanderwegenetz, das den Besuchern die artenreiche Tier- und Pflanzenwelt unter Bewahrung der biologischen Vielfalt erschließen will. Gleichwohl ist das zwischen 400 und 500 Meter hohe Bergland mit seinem herb-schönen Charme, seinen gewundenen Bachläufen, dichten Waldarealen, malerischen Dörfchen, zahlreichen Mittelalter-Burgen und sanften Rebhängen des Nahetals reich an kulturellen und historischen Stätten.
Ihre Zeugnisse, die auf eine bewegte Geschichte verweisen, liegen oft tief in den Wäldern verborgen und sind so bis heute erhalten. Vom Ringwall bei Otzenhausen und anderen Befestigungsanlagen auf dem Hochwaldkamm stößt man vielerorts auf Relikte der Kelten und Römer sowie der nachfolgenden Jahrhunderte. Hunsrück und Hochwald waren in klimagünstigen Zeiten eine intensiv genutzte Kulturlandschaft und während der frühen Neuzeit sogar ein blühendes Industrierevier. Reiche Eisenerzvorkommen und die Ressource Wald sorgten dafür, dass sich an den Gewässern Hütten und Hammerwerke ansiedeln konnten. Fast auf jeder Wanderroute lassen sich Köhlerplätze finden, wo einst Köhler Holzkohle für die Eisenerzgewinnung erzeugten.
Mit Beginn des 19. Jahrhunderts allerdings erlebte der Hunsrück einen merklichen wirtschaftlichen Einbruch, was dazu führte, dass Tausende zur Auswanderung gezwungen waren und daraus eine im Vergleich zu anderen Landstrichen dünner besiedelte Landschaft resultierte. Wohl gerade deswegen erlebt man auf den gut ausgebauten, schier endlosen Wander- und Radwegen wunderbar einsame Momente und Orte, an denen man sich fernab stressgeplagter Zivilisation wähnt, aber zugleich interessante und abwechslungsreiche Tage bei einem Ausflug oder einem Kurzurlaub verbringen kann. Viele der Routen, Premium- und Fernwanderwege (allen voran der Saar-Hunsrück-Steig und der Soonwald-Steig), geführten Ranger-Touren oder „Traumschleifen“, die das ursprüngliche Mittelgebirge erschließen, sind so „gestrickt“, dass man unterwegs auf vielfältige Stationen, Themen und Geschichten zum Entdecken, touristische Anziehungspunkte und kleine und große Abenteuer stößt:
Für Naturliebhaber gibt es eindrückliche, verschlungene Pfade durch Bachtäler und über aussichtsreiche Höhen, kleine Wege durch liebliche Weinberge und verwunschene Hangmoore, über märchenhafte Felshalden oder entlang alter verlassener Schiefergruben bis hin zu hübschen Bauerngärten und geschichtsträchtigen Plätzen wie der imposanten Grimburg, der Wildenburg mit ihrem hohen Aussichtsturm oder der Burgruine Koppenstein hoch auf einem Felsgrat über dem wildromantischen Kellenbachtal.
Für jene, die es etwas spektakulärer mögen, bietet die 2015 eröffnete „Geyerlay“ einen unvergesslichen Adrenalinkick. Denn die längste, stählern-filigrane Hängeseilbrücke Deutschlands 100 Meter über dem Mörsdorfer Bachtal beim pittoresken Burgstädtchen Kastellaun eröffnet wie das Gravel-Biken auf ungewöhnlichen Schotter-Strecken, beispielsweise im mediterran anmutenden Ruwertal oder beim Stausee in Kell am See mit Waldseilgarten, eindringliche Highlights der besonderen Art.
Ein anderes stellt sich im Hahnenbachtal in der Nachbarschaft zum Erholungsort Bundenbach ein: Nirgends sonst in der Gegend stößt man auf engem Raum auf so „geballte“ Hinterlassenschaften der Erdgeschichte und jahrtausendealter menschlicher Besiedlung. Nur wenige hundert Meter voneinander entfernt liegen die Nachbildung eines keltischen Dorfes, die „Altburg“, ihr gegenüber die Schmidtburg, eine der größten Burganlagen Westdeutschlands, sowie auf halbem Wege dazwischen die einstige Schiefergrube Herrenberg – berühmt für ihre einzigartigen 400 Millionen Jahre alten Fossilien, die in renommierten Naturkundemuseen in aller Welt ausgestellt werden.
Dank der zentral gelegenen Kleinstadt Simmern – sie liegt südlich der Hunsrück-Höhenstraße –, und einem guten Unterkunftsangebot sind von dort aus viele der Naturparadiese, Wanderreviere, Fachwerkhaus-Dörfer, Kultur- und Historienorte und attraktiven Ausflugsziele bequem zu erreichen – was in vielen Fällen auch durch die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs geht. In Simmern selbst, in dem Reste der alten Stadtmauer erhalten blieben, lässt sich zudem eine erste kleine Erkundungstour durch den Hunsrück-Kosmos gut zu Fuß angehen.
Ratsam ist zunächst die Besichtigung der Sammlungen im Hunsrück-Museum, die einen breiten Bogen spannen von der Natur- und Volkskunde über die Früh-, Kultur- und Fernsehgeschichte bis zur Stadt- und Regionalgeschichte. Einen Abstecher Wert sind darüber hinaus die spätgotische Stephanskirche mit den Renaissance-Fürsten-Gräbern und der größten Kirchenorgel der Region, entstanden Ende des 18. Jahrhunderts in der Werkstatt der bekannten Handwerksfamilie Stumm und der markante ehemalige Pulvermagazinturm. In diesem städtischen Wahrzeichen war der Räuberhauptmann Johannes Bückler (1783-1803), genannt Schinderhannes, im Jahr 1799 inhaftiert, bevor ihm die Flucht aus dem ausbruchssicheren Verlies gelungen ist, er daraufhin jedoch erneut verhaftet und später in Mainz hingerichtet wurde. Eine Ausstellung im Haus in der Turmgasse erinnert an dessen zwiespältiges Leben als Volksheld, Dieb, Raubmörder und als im 20. Jahrhundert romantisierte Figur in Büchern und Filmen, daneben wurde dem „Robin Hood“ des Hunsrücks ein 38 Kilometer langer Radweg gewidmet.
Er gehört zu den Klassikern der sogenannten Bahntrassen-Radwege und erfordert auf der asphaltierten und durchgängig beschilderten Strecke zwischen Simmern und Emmelshausen kein besonders Können – und ist damit für kleine und große Reiseentdecker eine einladende Möglichkeit, in gelassen-gemütlichem Tempo und kompakter Manier erste Erlebnisse unterwegs in der herb-idyllischen Hunsrück-Landschaft zu sammeln.
Text und Fotos: Daniel Basler
Weiterführende Infos zur Region, seinen Naturparadiesen, Wander- und Radstrecken, historischen Sehenswürdigkeiten und Outddoor-Aktivitäten finden sich auf folgenden Seiten: www.rlp-tourismus.com (Urlaubsregion Hunsrück), www.hunsruecktouristik.de, www.kreis-sim.de, www.hunsrueck-mittelrhein.de, www.saar-hunsrueck-steig.de und www.nationalparkregion-hunsrueck-hochwald.de
Autor:Daniel Basler aus Karlsruhe |
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