Bergparadies Montafon in Vorarlberg
Geschichten vom Kupferlari bis zu Hemingway
Das Montafon in Vorarlberg ist ein einzigartiges Tal, das von den drei Gebirgszügen des Verwall, der Silvretta und des Rätikon eingerahmt wird. Was dort an Naturschönheiten und einheimischen Lebenswelten auf kleinem Raum erfahrbar ist, erweist sich für Entdecker-Herzen als ein charmantes Bergterrain. Und das ganz zeitgemäß, denn der verträgliche Tourismus wird hier hochgehalten und gelebt.
Über drei Jahre ging es regelrecht bergauf und bergab: Mit Motorsägen, Kleinbaggern, Schubkarren, reichlich Proviant und viel Enthusiasmus gelang einer kleinen Gemeinde am südwestlichen Ende Österreichs ein bemerkenswertes Unterfangen „Alle im Dorf packten mit an, den Themenrundweg über eine Länge von sieben Kilometern anzulegen“, erklärt Niclas Bösch, einer der Helfer, an der Startstelle der „Gargellner Fenster“, die nunmehr seit mehr als zwei Jahren Einblick in die Geschichte und Gegenwart des kleinsten und höchsten Ortes im Montafon geben. „Nur wer das Land kennt, die Reize der Natur und die Menschen, die es mit ihrer kulturellen Betätigung nutzen, weiß, was verloren geht, wenn es einmal nicht mehr ist“, versinnbildlicht der ausgebildete Wanderführer den pionierhaften Nachhaltigkeitskurs in der an die Schweiz angrenzenden majestätischen Bergregion.
Ein Blick in den Agenda-Katalog zeigt, dass die Vorarlberger Regionalplaner und Touristikexperten sich schon einiges einfallen ließen, um die kostbaren Güter „Heimat“ und „Bergwelt“ verantwortungsvoll und bewusst zu nutzen: Der Betrieb der Sessellifte mit Sonnenenergie, ein Biomasse-Kraftwerk für die Versorgung von Gebäuden des Hochtals, die Einrichtung von großen Natur-Europaschutzgebieten bis zu maßvollen Outdoor-Aktivitäten, die Flora und Fauna sensibel in die Touren miteinbeziehen, sind nur einige der ambitionierten Projekte in den Hochtälern.
Für etwas sportlichere Gäste bieten geführte E-Mountainbike-Fahrten – es gibt fast 300 Kilometer ausgewiesene Routen –, ein Erlebnis, bei dem es nicht nur hoch hinauf geht, sondern man taucht gleichzeitig in das Leben, die Gebräuche und die Sagen der Einheimischen ein. „Hemingway war gleich zweimal in den 1920er-Jahren bei uns, damals in Schruns, angetan von der Abgeschiedenheit und Beschaulichkeit des Arlberggebiets“, erzählt unser Bike-Guide Markus Fessler-Jenny. Der berühmte Literatur-Nobelpreisträger schrieb hier seinen Roman „Fiesta“ zu Ende, mit dem ihm der Durchbruch gelang, und in dem späteren Werk „Schnee auf dem Kilimandscharo“ äußert er sich an einer Stelle, dass er „die schönste Zeit des Lebens im Montafon verbracht hatte.“
Schruns als zentraler Ort des rund 40 Kilometer langen Tals zwischen Verwallgruppe, Rätikon und Silvretta dient auch uns als Quartier für Erkundungen der reizvollen Landschaft mit ihren imposanten Kämmen und 200 Gipfeln wie den „Drei Türmen“ oder der „Schesaplana“. Auf dem Weg durch das Silbertal mit seinen sonnigen Alpen (so heißen dort die Almen) lassen sich zwei Rast-Stationen gut mit anregenden Details zur Kultur der Bewohner, die sprachlich rätoromanisch beeinflusst und teilweise von eingewanderten Walsern geprägt ist, verknüpfen: „Jeden Sommer kommen Tausende zu den
Freiluft-Sagenschauspielen hierher und erleben mystische Geschichten wie den Alpenmagier Peppino oder den Kupferlari“, verweist Bike-Führer Markus auf die Laien-Darbietungen auf einer Hangfläche von 20 000 Quadratmetern, „mit Sogwirkung, weshalb man rechtzeitig Tickets buchen sollte.“
Ein paar Kilometer weiter schimmert eine andere, vergangene Welt auf: Der mühsame, harte Abbau von Rohstoffen wie Eisen, Kupfer oder Silber, der in dieser Ecke Österreichs wohl schon in der frühen Bronzezeit begonnen hatte und seine wirtschaftliche Blüte zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert erlebte. Mit Adolf Zudrell, einem Urgestein des Silbertals, geht es zurück in jene Tage des Wohlstands, den die Bergleute oft mit ihrem Leben bezahlen mussten. „Unsere Bergknappen-Kapelle steht vermutlich genau an der Stelle, wo vor 500 Jahren Arbeiter verschüttet und wie durch ein Wunder gerettet wurden“, beschwört er in eindringlichen Bildern die gefahrvolle Welt seiner Vorfahren herauf. „Ihre Rettung verdankt unsere Region die älteste Kirche“, zeigt er stolz auf die originalen Türschnitzereien, die ornamentierte Decke und den prächtigen Barockaltar. Noch stundenlang könnte man dem weithin als „Flötenspieler vom Kristberghof“ bekannten 81-Jährigen zuhören, denn wie er selbst betont, „haben es ihm die Legenden rund um die Stollen und Gruben angetan.“
Ohne jedoch eine weitere einheimische Besonderheit kennengelernt zu haben, lässt uns der ehemalige Gastronom nicht gehen. Auch sie gehört wie der Bergbau zum Gesicht Montafons und das schon seit dem 12. Jahrhundert. „Der Sura Kees ist der fettärmste Käse der Welt“, serviert er uns XL-Vesperbretter mit raffinierten Variationen dieses nur in der Talschaft produzierten Milchprodukts. „In so einer Jause, wie wir unsere zünftigen Mahlzeiten nennen, steckt für mich eine ordentliche Portion Lebensglück“, verabschiedet sich der fidele Senior schmunzelnd und verschwindet noch einmal im Innern des Kirchleins für eine kurzfristig anberaumte Bergknappen-Führung.
Infos zur Region: Das Montafon ist ein knapp 40 Kilometer langes Tal in Vorarlberg nahe an Liechtenstein, es grenzt im Osten an Tirol und im Südwesten an das schweizerische Graubünden. Das Montafon reicht von der Bielerhöhe bis hinunter nach Bludenz, die höchste Erhebung ist der Piz Buin (3312 Meter) im Silvretta-Massiv. Schruns als zentral gelegenem Städtchen mit Bahnanschluss ist umringt von den beeindruckenden Bergketten Verwall, Silvretta und Rätikon, die auf vielfältigste Weise erlebt werden können: Wandern, Klettern, E-Biking, Langlaufen, Skifahren, Rodeln, Motorradfahren oder Golfen und vieles mehr sind nur ein Ausschnitt der Möglichkeiten für Groß und Klein. Zudem gibt es etliche kulturelle und historische Angebote, die Geschichte, Welt und Kultur der Talbewohner kennenzulernen.
Unter den beiden Seiten www.montafon.at und www.vorarlberg.travel finden sich eine umfassende Auswahl zu den genannten Themen, weitere Urlaubs- und Freizeitangebote und Infos zu den aktuellen Corona-Regeln.
Text und Fotos: Daniel Basler
Autor:Daniel Basler aus Karlsruhe |
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