"Müll-Peinlichkeit" geht weiter
Stadt Karlsruhe darf neuen Vertrag nicht abschließen

Wertstofftonne mit Gurdulic Aufkleber steht am Straßenrand | Foto: Stadt Karlsruhe, Monika Müller-Gmelin
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Karlsruhe. Die Stadt Karlsruhe kann den Entsorger "Knettenbrech + Gurdulic" (K+G) nicht, wie ursprünglich von Verwaltung und Gemeinderat angestrebt, mit einer "Erweiterung der Vollserviceleistung" beauftragen. Dies hat die Vergabekammer beim Regierungspräsidium Karlsruhe im Rahmen eines von einem Konkurrenzunternehmen beantragten Nachprüfungsverfahrens entschieden! Zum Verständnis: Es geht nicht um ein "Mehr" an Service, sondern schlicht um die bisher von Bürgern gewohnten Leistungen bei der Abholung des Wertstoffs.
Derzeit wertet die Stadt Karlsruhe die Entscheidung der Vergabekammer aus und bewertet das weitere Vorgehen. Die Stadt Karlsruhe kündigte an, auch Rechtsmittel beim Oberlandesgericht einlegen zu wollen und bereitet die Einlegung der Beschwerde vor.

"Müll-Peinlichkeit" geht weiter
Für Karlsruher Bürgerinnen und Bürger bedeutet die Entscheidung der Vergabekammer, dass die Wertstofftonnen am Leerungstag auch weiterhin "satzungskonform bereitgestellt werden müssen", so die Stadt Karlsruhe in einer MItteilung - und nicht, wie groß im Dezember angekündigt, wie bisher! "An Standorten, an denen die Behälter frei zugänglich sind, ebenerdig und höchstens 15 Meter von der Straße entfernt stehen, ist am Abholtag nichts zu veranlassen. Für nicht frei zugängliche Wertstofftonnen ist die Zugänglichkeit zu gewährleisten":
Das, was jahrelang meist gut in Karlsruhe funktionierte, geht jetzt nicht mehr - trotz entsprechender Ankündigung der Stadt zum 1. Januar 2024 beim Übergang zum neuen Entsorger "Knettenbrech + Gurdulic".

Der Behälterstandplatz dürfe bei der Abholung "zum nächstmöglichen auf öffentlicher Fläche liegenden Halteplatz des Sammelfahrzeugs weiterhin nicht mehr als 15 Meter entfernt sein", was bei vielen tausend Plätzen in der Stadt so eigentlich nicht der Fall ist - auch nicht bei vielen von der Stadt so favorisierten baulichen Nachverdichtungen in Hinterhöfen.
Dazu sollen die Transportwege befestigt sein und es dürfen keine Stufen und keine Steigungen von mehr als fünf Prozent vorhanden sein. Eine Unmöglichkeit in vielen Stadtteilen bei einer klassischen Bebauung aus dem 18. und 19. Jahrhundert! Jahrelang war dies aber kein Problem - doch seit dem 1. Januar 2024 ist es ein großes!

Statt einer Lösung gibt es nun neue Regeln und Forderungen
Liegen diese genannten Bedingungen nicht vor, "seien die Wertstofftonnen rechtzeitig am Entleerungstag am Straßen- oder Gehwegrand oder an einer anderen entsprechenden Stelle bereitzustellen und nach der Abholung unverzüglich wieder an ihren Standplatz zurückzubringen", so die Stadt in einer Mitteilung!

Formulierung ärgert Bürger
Das ist jedoch sehr, sehr weit von der Ankündigung aus dem Dezernat von Bürgermeisterin Lisbach entfernt, für Bürger würde sich durch den Wechsel des Entsorgers nichts ändern! Zudem fordert die Stadt nun auch Bürger explizit auf, die Tonnen "unverzüglich" wieder an ihren Standplatz zurückzubringen. Mit anderen Worten, man muss die Abholung neben der Tonne abwarten, um "unverzüglich" danach die Tonnen wieder wegzubringen - anders geht "unverzüglich" eigentlich nicht!

Wir haben in der direkten Nachbarschaft - mitunter mehr als 15 Meter entfernt von der Straße & auch mal mehr als eine Stufe hoch und eine Stufe wieder runter zu den Tonnen - schnell nachgefragt. Die Aussagen zum Thema waren wenig "druckreif".

In "leserfreundlicher Form" liest sich das dann etwa so: "Entweder man nimmt sich frei", "Die Abholung muss dann zu festen Zeiten sein", "Das hat die Stadt toll hinbekommen", "Warum klappt das noch immer nicht?" oder "Wir müssen ein Unternehmen beauftragen", und "Wer zahlt das dann?" Dazu kam dann übrigens noch die Frage, ob man jetzt "bis zur Abholung neben den Tonnen warten" müsse?!

Ein Drama in mehreren Akten
Auslöser der Karlsruher "Müll-Peinlichkeit" ist die unterschiedliche Auffassung der Abholung. Keine wirkliche Überraschung, stand in der Ausschreibung doch dieser Passus nicht ein-eindeutig. Dass "K+G", seit Januar 2024 für die Abholung der Wertstoffbehälter zuständig, bei der gegebenen Formulierung Interpretationsmöglichkeiten hat, ist nun nicht wirklich überraschend! Zwischen Stadt und "K + G" gibt es auch in dieser Sache "Meinungsverschiedenheiten zum Umfang der vom Vollservice umfassten Leistungen", so die Stadt. Daher waren Nachverhandlungen nötig, um möglichst vielen Karlsruherinnen und Karlsruhern die gewohnte - und versprochene - Abholung zu ermöglichen. Die übrigens nicht überall in der Stadt so ist: In manchen Stadtteilen mussten Bürger schon vorher ihre Tonnen an die Straße stellen - doch nicht "unverzüglich" zurückstellen.

Diees Thema wurde in Verhandlungen zum Begriff "Vollservice" aber erst nach der Vergabe präzisiert. Sogar der Gemeinderat hatte beschlossen, das entsprechende Angebot über die präzisierten Vollserviceleistungen bei der Wertstoffsammlung mit Wegstrecken bis zu 27 Metern (anstatt 15 Meter) und einer Treppenstufe sowie Klingeln für ein Entgelt in Höhe von 870.000 Euro netto pro Jahr bis zum 31. Dezember 2026 anzunehmen. Was übrigens dann noch immer nicht alle Haushalte so erreicht!

Wenig überraschend: Ein Mitbewerber im Ausschreibungsverfahren erhob die erste Verfahrensrüge und stellte einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer. Die Vergabekammer verpflichtete die Stadt daraufhin bei fortbestehender Vergabeabsicht, über die Wahl der Verfahrensart unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu zu entscheiden und die Entscheidung zu begründen. Das Ergebnis führte dazu, dass der Mitbewerber am 6. Juli 2024 diese "Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb" erneut als rechtswidrig gerügt und nach Rückweisung der Rüge durch die Stadt Karlsruhe ein weiteres Nachprüfungsverfahren erwirkt hatte.

Die Vergabekammer beim Regierungspräsidium gab dem Mitbewerber recht und untersagte der Stadt nun den Vertragsschluss!

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Autor:

Jo Wagner

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