Drama Dreifach am Staatstheater
Tosca, Chanmin Chung und das Duett der Bonbon-Diven

Symbol Karikatur: Bibi & Tina | Foto: Marko Cirkovic
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In der neuesten Aufführung von Puccinis „Tosca“ am Badischen Staatstheater Karlsruhe präsentierte sich das Orchester unter der Leitung von Chanmin Chung mit einer robusten, fast ungestümen Energie. Trotz der beeindruckenden Vertrautheit des Orchesters mit dem Stück, das es durch hunderte Aufführungen tief verinnerlicht hat, gelang es Chung, diese Routine mit einem anspruchsvollen Tempo und druckvoller Dynamik herauszufordern. Jedoch, bei all der Fokussierung auf Kraft und Geschwindigkeit, ließ die Aufführung die notwendige Feinfühligkeit vermissen, die die subtileren Nuancen von Puccinis Partitur fordert.

Barbara Dobrzanska, die als Floria Tosca auftritt, verdient weit mehr als die einfache Bezeichnung unserer "Haus-Tosca". Ihre stimmliche Leistung strahlt mit einem solchen Glanz und Kraft, dass sie in dieser Rolle unangefochten bleibt. Ihre Interpretation der Tosca fesselt durch eine Mischung aus emotionaler Intensität und einer stimmlichen Reinheit, die das Publikum in jeder Szene in ihren Bann zieht. Dobrzanska bestätigt mit jeder Note, warum sie in dieser Partie die unbestrittene Spitze darstellt.

Xavier Moreno, der den Mario Cavaradossi verkörpert, hat sich in Karlsruhe als ein Bekannter etabliert, dessen Leistung sowohl ausdrucksstark als auch stimmlich schön ist. Sein technisches Können steht auf einem bemerkenswerten Niveau und ermöglicht es ihm, die Komplexität und die emotionalen Tiefen seiner Rolle mit scheinbarer Leichtigkeit zu navigieren. Moreno bringt eine Leidenschaft und eine Präsenz auf die Bühne, die die tragische Figur des Cavaradossi mit einer rohen und packenden Energie erfüllt.

Seung-Gi Jung kehrt als Baron Scarpia zurück, eine Rolle, in der er eine beeindruckende Autorität und bedrohliche Präsenz zeigt. Seine Darstellung ist nicht nur machtvoll und stark, sondern auch von einem fein nuancierten Ausdruck geprägt, der Scarpia als einen faszinierend komplexen Antagonisten präsentiert. Jung, einst festes Mitglied des Ensembles und jetzt ein gern gesehener Gast, liefert eine Performance, die sowohl die Tiefe seiner künstlerischen Erfahrung als auch seine Fähigkeit, dominante und einschüchternde Charakterzüge überzeugend darzustellen, unter Beweis stellt. Sein Scarpia ist eine Figur, die man gleichzeitig bewundert und fürchtet.

Die Nebenrollen in dieser Aufführung wurden ebenfalls mit großer Sorgfalt und beachtlichem Talent besetzt. Ks. Heinz Göhrig als Spoletta brachte eine scharfe Intensität in seine Rolle, die die Spannung des Dramas subtil, aber spürbar steigerte. Alexander Huck als Sciarrone und Liangliang Zhao als Cesare Angelotti überzeugten durch ihre soliden, kraftvollen Darbietungen, die ihre Charaktere glaubhaft und lebendig machten. Luiz Molz als verrückter stimmlich kratziger Mesner und Wolfram Krohn als Schließer fügten mit ihren stimmlich starken und überzeugenden Performances weitere Tiefen zum Geschehen hinzu. Besonders hervorzuheben ist Julius Schlun vom Cantus Juvenum Karlsruhe als Hirtenknabe, dessen klare, reine Stimme einen berührenden Kontrast zum dramatischen Geschehen bot und der Aufführung eine zusätzliche Schicht emotionaler Resonanz verlieh.

Wenn die Aufführung so makellos inszeniert ist, wie es diese Tosca im Badischen Staatstheater Karlsruhe war, muss sich der Kritiker schon fast ärgern, nicht genug Nahrung für seine spitze Feder zu finden. Doch dann schickt das Schicksal einem die Retter in der Not - oder besser gesagt die Störer im Parkett. Treten Sie ein, Bibi & Tina nennen wir die beiden mal, zwei elegant gekleidete Damen mittleren Alters, die sich kurz vor Beginn der Vorstellung als wahre Meisterinnen der Dissonanz entpuppten. Mit einer Tüte Bonbons, die anscheinend endlos raschelte, zelebrierten sie ein Pre-Show-Konzert, das jedem Orchestermusiker die Schamröte ins Gesicht getrieben hätte.

Als dann das Orchester zu spielen begann, starteten Bibi & Tina ihr eigenes schmatzendes Konzert. Jedes Bonbon wurde mit solcher Inbrunst genossen, dass man meinen könnte, sie würden aus den letzten Reihen noch gehört. Ihre Eskapaden erreichten den Höhepunkt der Unverschämtheit, als Bibi ihrer Freundin Tina zurief: „Pass auf, jetzt kommt Tosca.“ Es war ein Moment, in dem man sich wünschte, die Opernheldin würde von der Bühne steigen und den beiden eine ihrer berüchtigten Ohrfeigen verpassen. Mein Versuch, durch einen umdrehenden Blick Ruhe zu erbitten, wurde kurz honoriert, bevor das Schmatzen fröhlich weiterging.

Die Pause bot keine Erholung, stattdessen wurde mein Parfüm zum Ziel ihrer spitzen Zungen. Offenbar hatten sie beschlossen, dass die olfaktorische Beleidigung des Abends noch fehlte. So bewiesen Bibi & Tina, dass man sich nicht auf der Bühne befinden muss, um eine unvergessliche Vorstellung zu liefern. Ihr Beitrag zur Aufführung? Eine lebendige Demonstration, wie Geräusch und Gerede die feinsten musikalischen Nuancen überlagern können. Der Abend war aber ein Triumph der Kunst – trotz, nicht dank dieser beiden selbsternannten Kritikerinnen aus der Hölle.

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Autor:

Marko Cirkovic aus Durlach

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