KIT-Forscher in Karlsruhe analysieren die Hitzewellen
"Europäische Hitze ist auch hausgemacht"

Karlsruhe. Mitteleuropa stöhnt unter der aktuellen Hitzewelle. Waldbrandgefahr und gesundheitliche Folgen gehören zu den Begleiterscheinungen solcher Wetterextreme. Heute, 26. Juni, dem voraussichtlich heißesten Tag der Woche, sind Rekordtemperaturen von über 40 Grad Celsius möglich. Als ursächlich für diese schweißtreibenden Spitzenwerte werden üblicherweise nach Norden wandernde Luftmassen aus der Sahara genannt. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun herausgefunden, dass dies nur teilweise zutrifft – die bodennahen Luftmassen im „Glutofen Mitteleuropa“ sind auch ein europäisches Produkt.

„Als Hitzewellen bezeichnen wir Perioden, in denen sich mindestens drei Hitzetage aneinanderreihen. Hitzetage gehören in der jeweiligen Region zu den wärmsten zehn Prozent einer Jahreszeit“, erklärt Professor Andreas Fink vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Department Troposphärenforschung (IMK-TRO) des KIT. Meistens werde zur Bestimmung von Hitzetagen ein Referenzzeitraum von 30 Jahren herangezogen, so Fink. Die heiße bodennahe Luft komme jedoch nicht aus der Sahara zu uns, sondern sei hausgemacht: „Die unteren Luftschichten in bis zu zwei Kilometern Höhe sinken ab und erwärmen sich durch sogenannte adiabatische Kompression. Das kann man sich wie in einer Luftpumpe vorstellen, in der die Luft ebenfalls durch Zusammenpressen erwärmt wird. Im Vergleich zu vergangenen Hitzewellen ist die Erwärmung durch Absinken diesmal außergewöhnlich stark.“

Christian Grams, der die Nachwuchsgruppe „Großräumige Dynamik und Vorhersagbarkeit“ am IMK-TRO leitet, ergänzt: „Diese Luftmasse kommt ursprünglich aus dem Ostseeraum und hatte noch am Samstag eine Temperatur von nur etwa zehn Grad Celsius.“ Dennoch sei die Saharaluft nicht ganz schuldlos, merkt Grams an, denn „sie schafft die Voraussetzungen für die lokale Entstehung heißer bodennaher Luft. In den mittleren Luftschichten, also in drei bis fünf Kilometern Höhe, werden Luftmassen aus Nordafrika nach Europa geführt und verstärken das Hoch ‚Ulla‘. Der Beginn dieser Großwetterlage mit einem Hoch über Europa und einem Tiefdruckgebiet über dem Ostatlantik hat sich bereits zehn Tage vor dem erwarteten Höhepunkt der Hitzeperiode angedeutet.“

Luftmassen haben ungewöhnlich viel Staub
Auch auf die Vorhersage der Temperaturen hat die Saharaluft einen nicht unerheblichen Einfluss. „Diese Luftmassen führen ungewöhnlich viel Staub mit sich“, erklärt der Leiter der Arbeitsgruppe „Spurenstoffmodellierung und Klimaprozesse“ am IMK-TRO, Bernhard Vogel. „Dadurch ergeben sich Unsicherheiten in der Vorhersage der Maximaltemperaturen. Der Staub schwächt einerseits die direkte Einstrahlung ab, könnte andererseits aber auch die Bildung von Wolken beeinflussen und damit die Sonneneinstrahlung drastisch reduzieren.“ Diese Prozesse besser zu verstehen, ist Gegenstand aktueller Forschung am KIT.

Neben einer Nachwuchsgruppe ist das KIT auch an weiteren Forschungsprojekten beteiligt: Der DFG-geförderte SFB/Transregio „Waves to Weather“ (W2W) hat unter anderem zum Ziel, die Vorhersagbarkeit von Hitzewellen zu verbessern. Im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt „Klimawandel und Extremereignisse“ (ClimXtreme) gehen Forscherinnen und Forscher unter anderem der Frage nach, wie Klimawandel und Hitzewellen miteinander zusammenhängen und wie stark diese künftig über das bislang erwartete Maß hinausgehen werden. Das Projekt „Photovoltaikertragsreduktion durch Saharastaub“ (PerduS) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) hat zum Ziel, die Leistungsprognosen für die erwartete Produktion von Solarstrom während eines Saharastaub-Events zu verbessern.

Infos: www.imk-tro.kit.edu/7543.php

Autor:

Jo Wagner

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