Titelgewinn bei virtueller Capoeira-Europameisterschaft

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Lila Sax dos Santos Gomes vom Verein Capoeira Karlsruhe e.V. hat in den letzten 12 Jahren bereits zahlreiche Capoeira-Meistertitel gewonnen: Fünfmal den deutschen, viermal den europäischen und einmal den Weltmeistertitel – wohlgemerkt bei Wettkämpfen mit physischer Präsenz. Seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie ist dies so nicht mehr möglich, auch weil der internationale Austausch zum Wesen der afrobrasilianischen Kampfkunst Capoeira gehört.

Der Weltverband „Abadá Capoeira“, welcher die diesjährige Europameisterschaft am  Osterwochenende ausrichtete, entschied sich für ein innovatives Format, eine virtuelle Form des  Events - sowohl das Rahmenprogramm als auch die Wettkämpfe fanden in Videokonferenzen statt. Und wieder gelang es Lila Sax dos Santos Gomes mit dem zweiten Platz in der höchsten Kategorie einen Titel in die Fächerstadt zu holen.

Meisterschaft virtuell – wie geht denn das?

Der Verein Capoeira Karlsruhe e.V. hatte bereits im März vergangenen Jahres schnell mit einem speziell abgestimmten virtuellen Trainingsangebot auf den Lockdown reagiert. Bald kamen zu den Einzeltrainings auch die Zweierspiele mit Online-Partnern hinzu – eine gute Vorbereitung auf spätere Wettkämpfe, wie sich zeigen sollte.

Capoeira-Meisterschaften werden immer von einem Rahmenprogramm aus Trainings und Workshops begleitet, das zahlreichen Capoeiristas aus verschiedenen Ländern den Austausch und eine Teilnahme jenseits der Wettkämpfe ermöglicht. Bei den diesjährigen Jogos Europeus, den Europameisterschaften, mit rund 500 virtuellen Teilnehmenden gab es ebenfalls die Möglichkeit, an drei parallelen Workshop-Programmen, je nach Graduierungsgrad unter der Anleitung verschiedener Capoeira-Lehrer und -Lehrerinnen teilzunehmen.

Im Unterschied zu reinen Kampfsportarten wie Karate oder Kickboxen, bei denen Körperkontakt
zwingend notwendig ist, kommt der Grundgedanke des Capoeira-Spiels dem virtuellen Format
sehr entgegen. Die beiden kämpfenden Personen treten nicht gegeneinander an, sondern
spielen miteinander in einem Spiel, welches einem Dialog ähnelt. Es geht darum, anzugreifen,
anzutäuschen und auszuweichen. Dieser Gedanke findet sich auch im Punktesystem einer
Capoeira-Meisterschaft wieder: Pro Spiel gibt es eine Maximalpunktzahl, die beide Spieler
erreichen können. Die Höhe dieser Maximalpunktzahl richtet sich nach der Qualität des Spiels,
die wiederum davon abhängt, wie gut beide Personen aufeinander eingehen. Jede einzelne
Person hat also ein Interesse daran, dass das Spiel in seiner Gesamtheit gut bewertet wird.

Per Video standen sich bei der Europameisterschaft jeweils zwei Capoeiristas gegenüber – jede
Person für sich zu Hause mit Kamera und Laptop, teilweise über Länder voneinander entfernt.
Auch die Jury und die sogenannte „Bateranga“, die die Capoeira-Spiele mit Musikinstrumenten
und Gesang rhythmisch begleitet, waren per Video zugeschaltet. Das Publikum konnte das
Geschehen über den Laptop oder das Smartphone verfolgen. Eine besondere Herausforderung
des Online-Spiels lag darin, trotz Distanz und eventueller Verzögerung des Videos rasch auf die
Tritte und Finten des Gegenübers zu reagieren. Denn eben diese angemessenen Reaktionen
konnten aus dem Wettkampf ein echtes Capoeira-Spiel machen, welches den Teilnehmenden
wiederum gute Punkte einbringen konnte.

Innovatives Format

Weil das Abhalten einer Online-Meisterschaft neue innovative Ideen erfordert, wurden neben
den klassischen Kategorien noch weitere geschaffen. So konnten Capoeiristas, die gemeinsam
vor dem Bildschirm waren - meistens Familienangehörige - an zusätzlichen Wettkämpfen für ein
Partnerspiel oder ein Musik-Trio mit dem klassischen Capoeira-Instrument
„Berimbau“ teilnehmen. Eine dritte Kategorie bestand aus einer Solo-Performanz, bei der die
Teilnehmenden sich von ihrer schönsten und akrobatischsten Seite präsentieren konnten. Es gab
bei der gesamten EM keine Geschlechtertrennung, Frauen und Männer traten innerhalb ihrer
Capoeira-Kategorie gegeneinander an.

Neu war auch die eurobrasilianische Kategorie von in Europa lebenden Brasilianern und
Brasilianerinnen. Ein echter Vorteil der virtuellen Meisterschaft war die Teilnahme von
Zuschauenden rund um den Globus. Neben Europäern und Europäerinnen gab es zahlreiche
Teilnehmende aus Brasilien, Japan, USA, Mexiko, Australien und afrikanischen Ländern wie Kap
Verde und Angola.

Silber und Sonderauszeichnungen für den Karlsruher Capoeira-Verein

Lila Sax dos Santos Gomes, die in Capoeira-Kreisen als „Instrutora Lilás“ bekannt ist, gewann
Silber und sicherte sich somit den zweiten Platz auf dem virtuellen Siegertreppchen. „Es war mir
eine Ehre, mit einem guten Freund aus Portugal im Finale antreten zu können“, freut sich die
amtierende Vizeeuropameisterin. „Mit dieser Online-Meisterschaft hat Capoeira ein weiteres
Mal bewiesen, dass sich die Sportart auch an schwierige Situationen wie eine Pandemie
anpassen kann. Und das ist für mich das Schöne an Capoeira, dass es spontan und innovativ ist.“

Lilás, die neben ihrem sportlichen Einsatz auch Teile der Veranstaltung moderierte, gewann
weitere Auszeichnungen in zwei Sonderkategorien. Das Finalspiel mit ihrem Mitspieler „Instrutor
Yuri Kalú“ wurde als bestes Spiel in der höchsten Kategorie ausgezeichnet. Außerdem
überzeugte die Karlsruherin mit ihrem musikalischen Talent und gewann den zweiten Platz in der
Kategorie „Berimbau“, in dem das gleichnamige brasilianische Musikinstrument zum Einsatz
kommt. Der Vize-Weltmeister 2017 Christiano Rozendo dos Santos („Instrutor Café“), Trainer in
den Vereinen Capoeira Karlsruhe e.V. und Capoeira Schwetzingen e.V., wurde als bester Spieler
seiner Graduierung bei den neu eingeführten eurobrasilianischen Wettkämpfen ausgezeichnet.

Der gemeinnützige Verein Capoeira Karlsruhe e.V. bietet auch im Lockdown täglich Trainings für
Kinder und Erwachsene im Online-Format an, teilweise mit Unterstützung des Heidelberger
Trainers, Michael Krenbauer, als „Instrutor Jabuti“ bekannt, ebenfalls einer der erfolgreichen
Teilnehmer der Europameisterschaft. Zusätzlich wird zweimal monatlich Musikunterricht mit
Capoeira-Instrumenten angeboten und seit diesem Jahr auch ein Portugiesisch-Sprachkurs für
verschiedene Niveaus.

Weitere Informationen zur Sportart auf www.capoeira-karlsruhe.de und zur Anmeldung für eine
Schnupperstunde bei info@capoeira-karlsruhe.de

Text: Dr. Andrea Nestl und Dana Graulich
Fotos: Capoeira Karlsruhe e.V.

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Autor:

Dana Graulich aus Karlsruhe

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