IHK Karlsruhe verzeichnet erneuten Rückgang an Ausbildungsverträgen
"Betriebe suchen dringend Nachwuchs"
Karlsruhe. Ob Bauzeichner, Köche, Fachinformatiker oder Veranstaltungskaufleute: Die Ausbildungsbetriebe in Industrie, Handel und Dienstleistungen ließen bis zum 31.8.2021 insgesamt 2.764 neue Ausbildungsverhältnisse bei der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe eintragen. Allerdings: Dies entspricht einem Minus von 474 Ausbildungsverträgen bzw. 14,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Landesweit wurden 1.895 Verträge weniger eingetragen, ein Minus von 5,5%. Allerdings ist es zum dritten Mal in Folge im Kammerbezirk Karlsruhe ein Rücckgang.
Den erneuten Rückgang der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge schreibt die IHK Karlsruhe insbesondere der im Zuge der Corona-Pandemie ausgefallenen Berufsorientierungsmaßnahmen und Ausbildungsplatzvermittlungen sowie sinkenden Bewerberzahlen zu, erläuterten IHK-Präsident Wolfgang Grenke und Wencke Kirchner, Geschäftsbereichsleiterin Aus- und Weiterbildung. Dazu kämen sinkendes Interesse an einer Ausbildung, keine Praktika zur Berufsorientierung in dieser Zeit, sowie sinkende Schülerzahlen.
Rückgang je nach Branche unterschiedlich
Der Rückgang der Ausbildungsverträge im IHK-Bezirk Karlsruhe fiel in gewerblich-technischen Berufen etwas stärker aus als in kaufmännischen Berufen. Zu den Branchen, die einen überdurchschnittlichen Rückgang aufweisen, zählen die Hotellerie und Gastronomie und das Verkehrs- und Transportgewerbe, sowie Berufsfelder im Metalltechnikbereich. In diesen Branchen sind die Vertragszahlen teilweise sehr deutlich zurückgegangen. Bereits 2020 gab es starke Rückgänge bei den Tourismuskaufleuten oder bei der Fachkraft für Veranstaltungstechnik. Hier verharren die Eintragungszahlen nach wie vor auf einem sehr niedrigen Niveau.
Die IT-Berufsbilder hatten im vergangenen Jahr deutliche Einbußen verzeichnet, dafür ist aber der beliebteste IT-Beruf – der
Fachinformatiker, die Fachinformatikerin für Systemintegration in diesem
Jahr von Platz 10 der beliebtesten Berufe der Region Karlsruhe auf
Platz 5 gestiegen.
Erfreuliche Entwicklungen ergeben sich vor allem bei den Berufen im Handel, so nahmen die Zahlen im Bereich Kaufmann und Kauffrau im Einzelhandel und Verkäufer erneut nochmal deutlich zu. Insgesamt sei die Menge der zur Verfügung gestellten Ausbildungsplätze auf ähnlichem Niveau wie im Vorjahr, dazu gab es auch rund zehn Prozent weniger Bewerber. "Dennoch", so Grenke und Kirchner, stünden jedem Bewerber rechnerisch rund 1,44 Plätze zur Wahl: "Die Auzubildenden haben noch die Wahl!"
Gründe für Rückgang der Ausbildungsverträge
Dass die Anzahl der Ausbildungsverträge weiter gesunken ist, liegt nach Ansicht der IHK Karlsruhe weniger daran, dass die Ausbildungsbetriebe ihr Ausbildungsplatzangebot wegen der Corona-Krise eingeschränkt hätten. „Es gibt stattdessen deutlich weniger Bewerber und Ausbildungsinteressierte“, so der IHK-Präsident. „Auf Grund der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Betriebe sind viele Jugendliche verunsichert bzw. haben Bedenken, eine duale Ausbildung zu beginnen und gehen stattdessen lieber weiter zur Schule oder beginnen ein Studium, obwohl das nicht immer zielführend ist.“ Denn in beiden Fällen könnten Jugendliche wertvolle Zeit verlieren, so Grenke. „Trotz Corona-Pandemie sucht der Großteil der Ausbildungsbetriebe jetzt dringend Nachwuchs.“
Im Zusammenhang mit den rückläufigen Bewerberzahlen seien der demografische Wandel und sinkende Schülerzahlen nicht zu vergessen, betonten Grenke und Kirchner. Durch die Lockdowns und Beschränkungen habe zudem die übliche Kommunikation nicht stattgefunden - Auswirkungen gab es so auch bei der Ausbildungsplatzssuche. Weitere Gründe für die rückläufigen Ausbildungszahlen schreibt die IHK ausgefallenen Ausbildungsmessen, Berufsorientierungsunterricht und Betriebspraktika zu. Bei der vergangenen Ausbildungsmesse in Präsenz waren immerhin rund 20.000 Besucher vor Ort, doch eine Online-Messe würde niemals das persönliche Gespräch ersetzen. Corona zeige auch hier massive Auswirkungen
Gerade die Phase der Berufsorientierung und Ausbildungsplatzsuche lebe von persönlichen Kontakten, vom Ausprobieren in unterschiedlichen Berufen, von Gesprächen mit Ausbildern und Auszubildenden, um authentische Einblicke in Berufe zu erhalten, Fragen loszuwerden sowie falsche Vorstellungen und Bedenken abbauen zu können, so Kirchner. „Der persönliche Draht zwischen Ausbildungsbetrieben und den potenziellen Bewerbern ist durch die Corona-Pandemie jedoch vielerorts verloren gegangen. Digitale und virtuelle Angebote konnten dies nur teilweise auffangen.“
Vielfältige Karrierechancen auch nach dem offiziellen Ausbildungsbeginn
Bekräftigt wird die Einschätzung der IHK durch einen Blick in die IHK-Lehrstellenbörse. Dort haben die Ausbildungsbetriebe der IHK Karlsruhe zurzeit noch rund 370 offene Ausbildungsplätze in etwa 60 unterschiedlichen IHK-Berufen eingetragen. „Jugendliche haben also auch nach wie vor vielfältige Chancen, in diesem Jahr mit einer dualen Ausbildung ins Berufsleben starten zu können. Das Angebot der Betriebe ist vorhanden“, so Grenke. „Offizieller Start des neuen Ausbildungsjahres ist zwar der 1. September. Doch was viele nicht wissen: Eine duale Ausbildung kann zu jedem Zeitpunkt im Jahr begonnen werden.“ Auch für das nächste Ausbildungsjahr werden bereits mehr als 750 Lehrstellen in der IHK-Lehrstellenbörse angeboten.
Interesse an Klimathemen wächst
Die "Generation Fridays for future" interessiere sich stärker in Themenbereiche Richtung Klimawandel und Nachhaltigkeit, das merke auch die IHK, so Kirchner, dadurch würden auch andere Unternehmen in den Fokus der Bewerber rücken. Das wiederum habe dann auch Auswirkungen auf Anbieter und die Standardberufsbildpositionen.
IHK-Angebote für Ausbildungsinteressierte: Noch sind nicht alle direkten Kontakte im Alltag wieder möglich: Suchende können sich direkt über die im IHK-Bezirk Karlsruhe vorhandenen freie Ausbildungsplätze informieren - online. Unterstützung bei der Ausbildungsplatzsuche bietet die IHK-Lehrstellenberatung. Termine können unter vereinbart werden. Außerdem bieten IHK Karlsruhe und Agentur für Arbeit Karlsruhe-Rastatt in diesem Jahr wieder eine gemeinsame Ausbildungsplatzvermittlung an. Bei der Aktion „Ausbildung to go“ am 9. September informieren Ausbildungsexperten in den Fußgängerzonen in Bruchsal, Karlsruhe und Rastatt über offene Ausbildungsstellen, Karrierechancen mit einer dualen Ausbildung und Bewerbungsmodalitäten.
www.ihk-lehrstellenboerse.de
www.karlsruhe.ihk.de/lehrstellenberatung
www.karlsruhe.ihk.de/ausbildungtogo
Autor:Jo Wagner |
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