Kreishandwerksmeister Frank Zöller zur aktuellen Situation im Handwerk
„Eine Solidarität von starken Händen“
Region. Verschobene Renovierungen, abgesagte Termine oder auch geschlossene Läden: Der „Zentralverband des Deutschen Handwerks“ spricht von Umsatzrückgängen bei den Handwerkern. Wie es beim Handwerk in unserer Region aussieht, fragte „Wochenblatt“-Redaktionsleiter Johannes Wagner nach bei Kreishandwerksmeister Frank Zöller.
???: Wie sieht es in der Region aktuell aus?
Frank Zöller: Wir haben den Vorteil und auch das Glück, dass die Unternehmen der Region eine Vielfalt aus unterschiedlichen wirtschaftlichen Bereichen aufweisen. Darum hat die Krise andere Dimensionen wie beispielsweise in Regionen, die von automobilen Zulieferern geprägt sind. Viele Handwerksunternehmen ringen um ihre Existenz, weil sie ihre Betriebe schließen mussten. Andere versuchen Auftragsrückgänge mit Kurzarbeit zu begegnen. Einige Handwerksbranchen melden uns Auftragsrückgänge von mehr als fünfzig Prozent. Die Lage wird zunehmend bedrohlich für viele Handwerksbetriebe.
???: Versorgungsschwierigkeiten, unterbrochene Lieferketten, fehlende Komponenten oder „Angst vor dem Virus“?: Was sind die größten Hemmnisse für Handwerker aktuell?
Zöller: Es sind die auf unbestimmte Zeit verfügten Berufsverbote, es sind die unterbrochenen oder gestörten Liefer- und Prozessketten, es sind aufgeschobene Aufträge. Die Hilfsmaßnahmen des Landes und des Bundes sowie die KfW-Anträge unterliegen einer gewissen Trägheit – aber weiter arbeiten wir mit Hochdruck an Lösungen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von der Kurzarbeitergeld-Regelung betroffen sind, und oft nicht mehr wissen, wie sie ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen können.
???: Bau- und Ausbauhandwerk, gewerblicher Bedarf oder zum Beispiel Kfz-Bereich: Sind alle Bereiche betroffen?
Zöller: In dieser Krise bleibt leider keine Branche verschont. Es gibt aber Branchen, die es härter trifft als andere. Aber in der Not fragen wir im Handwerk nicht nach der Branche, sondern wir stehen zusammen! Eine Solidarität von starken Händen muss jene Hände unterstützen, die unverschuldet in eine Notsituation geraten sind.
???: Wie kann das Handwerk auf die Situation aktuell reagieren, auch gegensteuern?
Zöller: In erster Linie gilt es, eine transparente Kommunikation mit Auftraggebern, Kunden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufrecht zu halten. Es gilt, auf Probleme und Lösungsansätze hinzuweisen. Wir alle müssen verstehen, dass wir uns nur gegenseitig helfen können. Diejenigen, die die Möglichkeit haben, Aufträge zu erteilen, sollten dies auch tun, um schwerwiegende Folgen für unser Wirtschaftssystem abzuwenden. Das Handwerk muss, sofern möglich, zudem innovative Dienstleistungen, die diese Krise erfordert, anbieten.
???: Wie könnten sich Verluste aus der Krise minimieren lassen?
Zöller: Es ist mir in dieser außerordentlichen Situation ein besonderes Anliegen, dass die Last von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Handwerk genommen wird. Wenn die Wirtschaft in Phasen wieder anläuft, gilt es eben, die Verluste aus der Krise zu minimieren. Dies könnte beispielsweise über Mehrarbeit erfolgen. Grundvoraussetzung für die Leistungsträger wären jedoch, dass die Mehrarbeit für einen begrenzten Zeitraum steuerfrei gestellt wird, so dass unsere Mitarbeiter auch ihre Verluste begrenzen können – und nicht ein weiteres Mal finanzielle Einbußen hätten. Unterm Strich böte das die Chance für mehr Nettogehalt in der Geldbörse. Sollte sich der Nachholbedarf aber in die Schattenwirtschaft verlagern, würden Unternehmen und Staat gleichermaßen geschädigt!
Autor:Jo Wagner |
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