Stadt Karlsruhe reicht keine Beschwerde ein
Folge: "Vollservice" nur noch bei "satzungskonformer Bereitstellung"

Foto: Symbolbild Team Saubes Karlsruhe
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Karlsruhe. Das "klassische Eigentor" der Stadt Karlsruhe in Sachen Wertstoffmüll-Abholung wird von Meldung zu Meldung leider mehr sichtbar! Statt eine Dienstleistung, die jahrzehntelang gut geklappt hat, fremd zu vergeben, dabei dann unterm Strich Geld sparen zu wollen, wird das nun eine ziemlich teure Kiste - und Bürger müssen das letztlich ausbaden!

Bürgerinnen und Bürgern sollten - wie zum 1.1.2024 groß von der Verwaltung angekündigt - eigentlich nichts merken beim Wechsel des Anbieters bei der Abholung der Wertstofftonne, von der Stadt zu "K+G". "Eigentlich". Doch schon vom ersten Tag an klappte das nicht; Tonnen blieben stehen, wurden nicht abgeholt, an Haustüren wurde nicht geläutet, Tonnen, die in Innenhöfen standen, wurden so gut wie ignoriert, längere Wege wurden nicht bedient, Stufen auch nicht - und ganze Wohnbereiche wohl auch nicht angefahren!

Das Karlsruher Müll-Desaster" nahm seinen Lauf: Als der Bürger-Unmut dann auch im Rathaus im zuständigen Dezernat nicht mehr zu überhören war, musste die Stadt kleinlaut zugeben, dass die Formulierung bei der Ausschreibung offensichtlich nicht ein-eindeutig und genau formuliert war; denn der neue "Dienstleister" (mit dem offensichtlich günstigsten und billigsten Angebot) hat diese eben dann auch interpretiert, nur eben nicht so, wie sich die Stadt das wünschte!

Mit der Folge, dass Woche für Woche tausende Tonnen stehenblieben & der Unmut wuchs! Die Stadt versuchte, den Fehler auszugleichen - machte aber gleich den nächsten, denn sie verhandelte mit dem neuen Dienstleister nach, nahm dafür Geld in die Hand - um zumindest einen größeren Teil der Haushalte zu "befrieden". Problem aber: Der im Bieterverfahren Unterlege sah, dass es noch mehr Geld geben kann - und hatte was dagegen!

Zum Thema gab es nun seit dem mehr als holprigen Start des Unternehmens, bei dem sichtbar auch die Leerung der Glascontainer in der Stadt nicht rund läuft, jede Menge Treffen, Diskussionen, Verhandlungen - und Meldungen; eine Auswahl steht hier:
15. August:

Nächste Runde in der "Karlsruher Müll-Peinlichkeit"

15. Juli:

Erneuter Nachprüfungsantrag bei der Wertstofftonne eingereicht

20. Mai:

"Karlsruher Müll-Peinlichkeit" geht in die nächste Runde

Keine Erweiterung der Vollserviceleistungen
Jetzt entschied - am 12. August - die Vergabekammer, dass die Stadt Karlsruhe die Firma "Knettenbrech + Gurdulic" (K+G) nicht mit der Erweiterung der Vollserviceleistungen bei der Wertstofftonnenleerung beauftragen darf. Erst sollte es wieder einen Einspruch geben - aber nun hat die Stadt sich gegen das Einlegen einer Beschwerde beim Oberlandesgericht entschieden. Der Auftrag sollte im Rahmen eines Vergabeverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb an "K+G" vergeben werden.

Bedauern aus dem Rathaus
Die Stadt geht davon aus, dass sowohl aus rechtlichen als auch tatsächlichen Gründen nur "K+G" diese Leistung erbringen kann. Die Vergabekammer folgte der Argumentation der Stadt für die Wahl dieser Verfahrensart aber nicht. Zudem ist auch nicht mit einer schnellen Entscheidung zu rechnen. „Die Auftragsvergabe hätte die Möglichkeit geboten, die Probleme beim Vollservice zumindest für einen großen Teil der Karlsruher Haushalte kurzfristig zu lösen“, so Bürgermeisterin Bettina Lisbach. „Wir bedauern sehr, dass wir das Anliegen des Gemeinderates zum jetzigen Zeitpunkt nicht wie geplant umsetzen können.“ Es hätte aber bei genauer formulierter Ausschreibung aber auch gar nicht so weit kommen müssen und dürfen!

Direkt nach Mitteilung der Vergabekammer hatte "K+G" angekündigt, bei verschlossenen Haus- und Hoftüren zukünftig nicht mehr zu klingeln, diese Häuser würden dann außen vor bleiben. Aufgrund dieser und weiterer "Minderleistungen", so die Meinung der Stadt Karlsruhe, durch "K+G", prüfe die Stadt Karlsruhe derzeit die Einleitung rechtlicher Schritte gegen das Entsorgungsunternehmen. Es ist vorgesehen, dass der Gemeinderat sich in seiner nächsten Sitzung am 24. September mit dem weiteren Vorgehen in Sachen Wertstoffabholung befasst.

Bürgerinnen und Bürger weiterhin von diesem Schlamassel aus dem Rathaus betroffen
Noch einmal weist die Stadt Karlsruhe darauf hin, dass der Behälterstandplatz aller Wertstofftonnen zum nächstmöglichen auf öffentlicher Fläche liegenden Halteplatz des Sammelfahrzeugs nicht mehr als 15 Meter entfernt liegen darf! Die Transportwege müssen befestigt sein, dürfen keine Stufen und keine Steigungen von mehr als fünf Prozent haben. Auch müssen Haus- und Hoftüren geöffnet oder selbstständig zu öffnen sein, da bei Abholung bis auf weiteres durch "K+G" nicht geklingelt wird.

"Die Wertstofftonnen, die diesen Anforderungen an den Behälterstandplatz nicht entsprechen, sind rechtzeitig am Entleerungstag am Straßen- oder Gehwegrand oder an einer anderen entsprechenden Stelle bereitzustellen und nach der Abholung unverzüglich wieder an ihren Standplatz zurückzubringen", so die Stadt eindeutig in ihrer Meldung!

Was macht das zuständige Dezernat eigentlich?
"Rechtzeitig" und "unverzüglich"? Diese Formulierung ist aber ein Zumutung! Weiß das zuständige Dezernat nicht, was das für Bewohnerinnen und Bewohner bedeutet? Das impliziert, dass man gewissermaßen auf der Lauer liegt, zudem offene Haustüren bewachen muss, dass nicht Gesindel in die Häuser kommt - und dann auf ein Unternehmen warten muss, das keine Zeitfenster angibt! Auch wenn man sich das vielleicht im Rathaus nicht vorstellen kann - das kostet alles Zeit, und wohl kaum ein Bürger will für Müllabholung auch noch alle zwei Wochen einen halben Urlaubstag nehmen!

Immer mehr Bürger werden deutlich
Wenn die Wertstofftonnen nicht zuverlässig abgeholt werden, die Stadt dieses Geschichte, die jahrzehntelang funktionierte, nicht bald in den Griff bekommt - haben immer mehr Bürger übrigens schon angekündigt, das Problem dann "selbst zu lösen" - zur Not auch mit "Fehlwürfen" des Wertstoffs in andere Tonnen - oder die "Lieferung des Mülls" zum Rathaus! 

Hintergrund
Das private Entsorgungsunternehmen "K + G" übernimmt seit Januar 2024 die Abholung der Wertstoffbehälter. Nach kurzer Zeit entstand eine "Meinungsverschiedenheit" über den Umfang der vom Vollservice umfassten Leistungen und es wurden, so die Stadt Karlsruhe, Nachverhandlungen nötig, um möglichst vielen Karlsruherinnen und Karlsruhern (aber nicht allen!) die gewohnte und funktionierende Abholung zu ermöglichen.
Dazu wurde in Verhandlungen mit "K + G" der "Vollservice" präzisiert, der in der Ausschreibung aber nicht so präzisiert war! Der Gemeinderat hatte in seiner Sitzung vom 19. März 2024 - mit Vorlage aus dem zuständen Dezernat - beschlossen, das entsprechende Angebot über die präzisierten Vollserviceleistungen bei der Wertstoffsammlung mit Wegstrecken bis zu 27 Metern (anstatt 15 Meter) und einer Treppenstufe sowie Klingeln für ein Entgelt in Höhe von 870.000 Euro netto pro Jahr bis zum 31. Dezember 2026 anzunehmen.

Kein Wunder also, dass der unterlegene Mitbieter etwas dagegen hat: Im Zuge der Umsetzung des Gemeinderatsbeschlusses (heftige Diskussion!) erhob ein Mitbewerber im Ausschreibungsverfahren die erste Verfahrensrüge und stellte einen Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer. Die Vergabekammer verpflichtete die Stadt daraufhin, bei fortbestehender Vergabeabsicht über die Wahl der Verfahrensart unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu zu entscheiden und die Entscheidung zu begründen.

Die Stadt Karlsruhe führte dementsprechend ein Verfahren gemäß den Vorgaben des Vergaberechts und der Vergabekammer durch. Ein Mitbewerber hatte daraufhin am 6. Juli 2024 die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb erneut als rechtswidrig gerügt und nach Rückweisung der Rüge durch die Stadt Karlsruhe ein weiteres Nachprüfungsverfahren erwirkt. Die Vergabekammer des Regierungspräsidiums gab dem Mitbewerber recht. Die Stadt akzeptiert diesen Beschluss.

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Autor:

Jo Wagner

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