Mehr Zeit für die Menschen
Gemeinschaftspfarramt Landau könnte kommen
Landau. Im Rahmen des Erprobungsraums „Mehrstellenpfarramt – gemischt-professionelle Teams in der Region“ wird der Protestantische Kirchenbezirk Landau ab 1. Januar 2024 in den drei Kooperationszonen „Landau-Mitte“, „Storchen“ und „Nordwest“ erstmals neue Wege gehen. Auf der siebten Tagung der Bezirkssynode Landau wurde ein Umsetzungsmodell für die neue Arbeitsstruktur in der Region vorgestellt. Im Anschluss gab es die Möglichkeit, in Kleingruppen zu diskutieren und den Verantwortlichen konkrete Empfehlungen für die Umsetzung auszusprechen. Am Ende empfahlen die Synodalen mit nur fünf Enthaltungen mehrheitlich den Presbyterien, der Errichtung gemeinschaftlich verwalteter Pfarrstellen im Kirchenbezirk ab dem 1. Januar 2024 zuzustimmen.
Einzelpfarramt langfristig nicht aufrechtzuerhalten
„Das Einzelkämpfertum von Gemeinden und Pfarrpersonen ist vorbei, wir werden in Zukunft arbeitsteilig zusammenarbeiten,“ so Dekan Volker Janke in seinem Einführungsvortrag. Vor dem Hintergrund stark rückläufiger Mitgliederzahlen und des sich in den nächsten Jahren noch verstärkenden Fachkräftemangels sei die Arbeit in den Einzelpfarrämtern langfristig ohnehin nicht mehr aufrechtzuerhalten. Laut Prognosen wird die Evangelische Kirche der Pfalz bis 2035 ein Drittel ihrer Mitglieder verloren haben. Damit werden dem Kirchenbezirk zwangsläufig weniger finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Zugleich werden in der pfälzischen Landeskirche in den nächsten zehn Jahren jährlich bis zu 30 Pfarrer in den Ruhestand versetzt, wohingegen jährlich nur mit rund zehn Neueinstellungen gerechnet werden kann. Der Fachkräftemangel unter Pfarrpersonen wird sich also noch weiter zuspitzen.
Aufgrund der rückläufigen Mitgliederzahlen wird der Kirchenbezirk bis zum Jahr 2025 zwei weitere Pfarrstellen einsparen müssen. Von 24 Pfarrstellen im Jahr 2012 reduziert sich die Zahl auf 16 Pfarrstellen im Jahr 2025.
Arbeitsteilung in den Kooperationszonen
Um den gegenwärtigen Herausforderungen zu begegnen, sollen ab dem 1. Januar 2024 die derzeitigen Gemeindepfarrstellen in den drei Kooperationszonen des Kirchenbezirks durch „gemischt-professionelle Teams“ in drei Gemeinschaftspfarrämtern ersetzt werden. Zukünftig teilen sich alle Pfarrstelleninhaber gemeinsam die Verantwortung innerhalb des Gemeinschaftspfarramts. Eine Pfarrperson ist somit nicht mehr ausschließlich für die eigene Gemeinde verantwortlich, sondern für den ihr übertragenden Aufgabenbereich. Die jeweiligen Aufgabenbereiche werden durch Stellenbeschreibungen definiert. Dies geschieht in Übereinkunft mit den Presbyterien und unter Genehmigung des Bezirkskirchenrats.
Die Gemeinschaftspfarramtsverordnung der Landeskirche regelt die Zusammenarbeit der Pfarrpersonen innerhalb des Gemeinschaftspfarramts: Die Aufgabenbereiche können fortan auch gemeindeübergreifend definiert werden. So kann beispielsweise eine Pfarrperson mit der Geschäftsführung in der gesamten Kooperationszone beauftragt oder die Geschäftsführung von mehreren Personen übernommen werden. Weitere Arbeitsschwerpunkte können in der Seelsorge, der Konfirmandenarbeit oder den Kasualien (Taufen, Trauungen, Bestattungen) gesetzt werden. Ferner können Seelsorgebezirke gebildet werden. Die Pfarrer sollen konstruktiv zusammenarbeiten. Die geschäftsführende Pfarrperson beruft hierfür regelmäßige Dienstbesprechungen ein.
Gabenorientiertes Arbeiten und Qualitätssteigerung
So neu ist die Idee von Arbeitsteilung in der Kirche allerdings nicht, erläuterte Dekan Janke in seinem Plädoyer für das Gemeinschaftspfarramt. Bereits der Apostel Paulus beschreibt sie im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth als einen Leib mit vielen Gliedern (1. Kor 12.). Die Arbeit in Gemeinschaftspfarramt ermöglicht es zukünftig den Pfarrern, wieder vermehrt gabenorientiert zu arbeiten. Fachfremde Aufgaben sollen sukzessive von Nicht-Theologen übernommen werden, sodass mehr Zeit für die pastorale Arbeit mit den Menschen vor Ort bleibt. Von der arbeitsteiligen Arbeitsweise profitieren insbesondere die Gemeinden, die ansonsten von Vakanzen betroffen wären, da personellen Veränderungen flexibler begegnet werden kann.
Die Spezialisierung führe somit insgesamt zu einer Qualitätssteigerung und Arbeitsentlastung unter den Kolleginnen und Kollegen in den gemischt-professionellen Teams. Damit steige auch die Arbeitszufriedenheit.
Im Rahmen von Regionalkonferenzen im September 2023 werden die 33 Presbyterien des Dekanats über die Einführung der drei Gemeinschaftspfarrämter zum 1. Januar 2024 entscheiden.
Rückblick
Im November 2019 wurde das Projekt „Mehrstellenpfarramt – gemischt-professionelle Teams in der Region“ erstmals dem Bezirkskirchenrat vorgestellt. Seit Mitte 2021 arbeiten drei Steuerungsgruppen unter der Projektleitung von Pfarrer Dr. Uwe Laux an der Umsetzung des Erprobungsraums. Im Januar 2023 formulierte der Pfarrkonvent vor dem Hintergrund einer vorausgegangenen Bedarfsabfrage in den Presbyterien ein konkretes Umsetzungsmodell, welches am 24. März 2024 dem Bezirkskirchenrat vorgestellt wurde.
Am 19. November 2022 beschloss die Landessynode ein Gesetz zur Änderung der Kirchenverfassung. Zur Erprobung neuer Formen der Zusammenarbeit kann die Kirchenregierung künftig im Einvernehmen mit den beteiligten Kirchengemeinden und nach Anhörung des zuständigen Bezirkskirchenrats mehrere Pfarrstellen mit gemeinschaftlich verwaltetem Pfarramt errichten.
Die Teams werden neben Pfarrpersonen aus weiteren theologischen und nicht-theologischen Hauptamtlichen bestehen. Dazu gehören beispielsweise Mitarbeitende aus dem Gemeindepädagogischen Dienst, der Jugendzentrale, der Kirchenmusik, des Kindertagesstättenverbands Landau und Umgebung, einer Standardassistenz und ab 2025 einer Fachkraft für Gebäudemanagement.
Der Erprobungszeitraum beträgt acht Jahre. Er kann um weitere vier Jahre verlängert werden. Nach erfolgter Evaluation besteht die Möglichkeit, in das alte Modell zurückzukehren. red
Autor:Christine Schulz aus Wochenblatt/Stadtanzeiger Landau |
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