Klima könnte Fungizide überflüssig machen und Weinbaulandschaft verändern

Biosphären-Guide Ute Seitz | Foto: Julia Glöckner
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Siebeldingen. Inmitten der Weinberge am Haardtrand liegt das Bundesinstitut für Rebenzüchtung Geilweilerhof. Noch ist das Weinlaub sattgrün. Doch Studien zufolge könnte die Trockenheit in den nächsten fünfzig Jahren den Weinbau in Mittellagen, also in der ganzen Pfalz, erheblich beeinträchtigen.

„Reben wurzeln bis zu acht Meter in die Tiefe, so dass man hier nicht bewässern muss“, erklärt Biosphären-Guide Ute Seitz. Sie führt durch die Institutsweinberge zum Thema „Weinbau zum Klimawandel“. Dessen positive und negative Folgen zeigen sich schon jetzt. Nach dem Sprichwort „Kleiner Rhein − Großer Wein“ können trockene Jahre weniger Ertrag, aber einen qualitativ hochwertigen Wein bringen.

Würden sich allerdings die negativen Prognosen der Klimaforscher in den nächsten zwanzig bis fünfzig Jahren bewahrheiten, würde sich die Weinberglandschaft der Pfalz verändern. „Der Weinanbau könnte sich in höhere Lagen der Mittelgebirge verlagern sowie in die norddeutsche Tiefebene. In England werden bereits Sektgrundweine angebaut“, erklärt Seitz.

Mit dem Klimawandel ändern sich auch die Schwerpunkte der Forschung am Geilweilerhof. Dort züchtete man schon in den 1920er Jahren Rebsorten, zunächst um neue Geschmacksrichtungen zu erhalten. Heute steht die Widerstandsfähigkeit gegen Pilze wie Mehltau, Grau- und Schwarzfäule im Vordergrund. „Mit den PIWIs, den pilzwiderstandsfähigen Rebsorten, werden wesentlich weniger Spritzmittel benötigt“, erklärt Seitz. „Ähnlich wie in Spanien könnten bald nur noch wenige Spritzmittel gegen Pilze notwendig sein, die nur unter feuchten Bedingungen gedeihen.“

In Geisenheim forschte man lange an der Frostresistenz. „Diese Studien brauchen wir heute nicht mehr. Es wird nun nach der Resistenz gegen Trockenheit, Sonnenbrand und Hitzestress geschaut. Auch nach Kniffen bei der Bewirtschaftung wird gesucht, mit denen Winzer in heißen, trockenen Jahren gesunde, ertragreiche Pflanzen erhalten“, berichtet Seitz.

Die 25 Hektar umliegenden Weinbergen sind größtenteils lebendige Gendatenbanken von 3.000 Rebsorten. Zucht ist ein aufwendiger Vorgang: Wein ist Selbstbestäuber, so dass die Blüten der Mutterpflanzen mit Pinzetten kastriert werden müssen. Danach werden sie mithilfe von Pinseln mit Pollen der Vaterpflanze bestäubt und mit Folie gegen andere Pollen geschützt. Jedes einzelne Individuum, das mit der Kreuzung entsteht, wird 25 Jahre lang beobachtet. Die robustesten davon werden ausgewählt und ihr Wein in Proben verköstigt, denn er muss einem breiten Publikum schmecken.

Während 2021 die Feuchtigkeit durch Pilzbefall zu schaffen machte, werden in diesem Jahr viele Sorten schon Ende August statt erst im Oktober geerntet, um die Weine leicht und frisch zu halten.

Die großen Klima-Verlierer sind die Mittelmeerländer, wo Möglichkeiten des Anbaus klimabedingt bereits limitiert sind. Nach deutschem Weingesetz sind viele mediterrane Rebsorten inzwischen hier zugelassen, etwa Alvarinho und Tempranillo. Regionale Winzer experimentieren, ob diese Sorten ursprüngliche Rebsorten ersetzen können. jg

Weinprobe im denkmalgeschützten Hof  | Foto: Julia Glöckner

#verrücktaufmorgen

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Autor:

Julia Glöckner aus Ludwigshafen

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