Selbstbestimmtes Sterben - Filmvorführung „Alles ist gutgegangen“ zum Thema Suizidhilfe

Im Bundestag gab es am 6. Juli keine Mehrheit für die Gesetzesentwürfe zur Sterbehilfe | Foto: jyugem/stock.adobe.com
  • Im Bundestag gab es am 6. Juli keine Mehrheit für die Gesetzesentwürfe zur Sterbehilfe
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Landau. Drei Organisationen in Deutschland begleiteten 346 Freitode im Jahr 2021, 227 vermittelte die Deutsche Gesellschaft Humanitäres Sterben (DGHS) 2022. Der Bundestag stimmte am 6. Juli über zwei Gesetzesvorschläge zur Sterbehilfe ab.

von Katharina Schmitt

Beide Gesetzesentwürfe fanden nicht die erforderliche Mehrheit. Für Ursula Bonnekoh von der DGHS ist eine neue Gesetzgebung nicht zwingend erforderlich, stattdessen brauche es mehr Aufklärungsarbeit.

Unwissenheit

„Große Teile der Bevölkerung denken, dass man für Sterbehilfe in die Schweiz fahren muss“, berichtet Ursula Bonnekoh von den Erfahrungen der DGHS. Die Unwissenheit zu Themen rund um das Tabuthema Tod sei groß. Die DGHS versuche hier Aufklärungsarbeit zu leisten. So auch am Samstag, 15. Juli, ab 14.30 Uhr, im Kinocenter Filmwelt in Landau mit der Filmvorführung „Alles ist gutgegangen“. Denn, was viele nicht wissen: Auch ohne neues Gesetz ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2020 gültig.

Durch Filmveranstaltungen wie diese will die DGHS mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen und über die Rechtslage in Deutschland aufklären.

Hilfe bei der Selbstbestimmung

Ursula Bonnekoh ist seit 2020 im Präsidium bei der DGHS aktiv. Sie ist ehrenamtliche Ansprechpartnerin für die Mitglieder in der Region. Die gelernte Diplompädagogin bezeichnet sich selbst als „Mensch, der sehr großen Wert auf Selbstbestimmung legt.“ Die 68-Jährige will andere unterstützen, ihre Selbstbestimmung sicherzustellen.

Die DGHS berät ihre Mitglieder zu allen möglichen Themen und Anträgen – besonderer Schwerpunkt liegt auf der Patientenverfügung. Darüber hinaus vermittelt die DGHS seit dem Urteil 2020 Ärzte, die beim Freitod helfen.

Das Urteil 2020

2020 entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, dass es erlaubt ist, jemandem beim Suizid zu helfen. Die aktive Sterbehilfe steht aber weiter unter Strafe. Das Urteil von 2020 legt bestimmte Rahmenbedingungen fest. Deutschland gibt im Unterschied zur Schweiz oder Holland keine Einschränkung bezüglich der Gründe oder des Alters vor.

Die betroffene Person muss sich die Entscheidung gut überlegt haben. Durch Anträge, Vorgespräche mit Juristen, Psychologen und Ärzten wird die Entscheidung lange vorbereitet.

Der Bundestag wollte am 6. Juli ein Gesetz finden, dass die Sterbehilfe reglementiert. Bonnekoh begrüßt es, dass kein Gesetz verabschiedet wurde: „Das ist gut. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits einen Rahmen vorgegeben: Die Freiverantwortlichkeit muss gegeben sein. Die Entscheidung muss gut überlegt sein, so dass der Wunsch eine gewisse Dauerhaftigkeit mitbringt. Die Betroffenen sollten ihre Alternativen und Möglichkeiten kennen. Wenn diese alle bekannt sind, kann eine fundierte Entscheidung getroffen werden. Und es darf kein Druck durch Dritte wie Angehörige oder andere Instanzen ausgeübt werden.“
Falls Beteiligte dies feststellen und übersehen und dennoch beim Suizid helfen, machen sie sich strafbar.

Vermittlung an Ärzte

Diese Grenzen gibt der DGHS vor und will an Ärzte vermitteln, die zur Begleitung zum Freitod bereit sind. Nicht alle Ärzte stehen der Sterbehilfe offen gegenüber. „Es ist eine freie Entscheidung. Kein Arzt muss diese Hilfe leisten“, betont Bonnekoh.

Gründe für Ärzte, nicht zu helfen, seien etwa Zeitaufwand, Scheu oder Unwissenheit: Scheu, weil nach dem Tod die Kriminalpolizei gerufen werden muss und ein normales Todesfall-Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Unwissenheit, weil die Begleitung zum Freitod kein Studieninhalt ist und manche Ärzte vielleicht gar nicht wissen, was genau sie machen müssten, vermutet Bonnekoh. Aber auch die Rechtssicherheit sei für viele Ärzte das Problem, die DGHS sichert hier ab. Die Lösung sei, so Bonnekoh, nicht zwingend ein Gesetz, sondern eher Ärztefortbildungen, die Ärzte über den Rechtsrahmen informieren und schulen.

Es gibt keine Auflistung von Ärzten, die zu solch einem Verfahren bereit sind. „Wir informieren über die Möglichkeiten. Wir geben aber keine Empfehlung“, erklärt Bonnekoh. „Wenn Betroffene wissen, ich habe die Möglichkeit, dann beschäftigen sich viele gedanklich erstmal nicht damit. ,Wenn es mal eng wird, habe ich einen Ausweg.’ Dieses Wissen beruhigt die Menschen“, nennt Bonnekoh einen Grund, wieso Aufklärungsarbeit ihrer Meinung nach so wichtig ist.

Dass der Tod in der Gesellschaft solch ein Tabuthema ist, ist für Bonnekoh logisch: „Wer denkt schon gerne über sein Ende nach?“ Gerade weil das Thema wie bei einer Patientenverfügung auch Angehörige betrifft, sei es dennoch sinnvoll, sich früh damit auseinanderzusetzen. 

Weitere Informationen:

Die Filmvorstellung von "Alles ist gutgegangen" in Landau ist am Samstag, 15. Juli, im Filmwelt Kinocenter. Ab 14.30 Uhr geht es los, der Film startet um 15 Uhr. Anschließend, gegen 16.50 Uhr, ist ein Filmgespräch mit Ursula Bonnekoh mit aktuellen Informationen zur Freitodbegleitung in Deutschland geplant. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite der DGHS. Für den Film müssen Karten gekauft werden.

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Autor:

Katharina Wirth aus Herxheim

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