"Trau dich" Theaterstück
Theaterstück zur Prävention des sexuellen Kindesmissbrauchs machte Station in Landau
Landau. Landau, 19. November 2019. 520 Schüler, vier Darsteller, Musik mit Xylophon, E-Gitarren und Akkordeon, eine schiefe Bühne und ein großes Tuch, das mal zur Decke, mal zur Wiese, mal zum Zelt oder zu Omas Kleidung umfunktioniert wird. Dazu werden vier Situationen szenisch dargestellt: Die zwölfjährige Paula fühlt sich fürs Küssen noch nicht bereit, hat aber Angst, deshalb von ihren Freunden nicht akzeptiert zu werden. Wie kann der zehnjährige Vladimir seiner Oma sagen, dass er nicht „Purzelbäumchen“ genannt und bei jeder Begrüßung „abschlabbert“ werden möchte? Muss Luca das „schlechte Geheimnis“, das sein Freund ihm anvertraut hat und, das besagt, dass sein Trainer ihn in der Umkleide belästigt hat, wirklich für sich behalten? Und warum fühlt sich die achtjährige Alina wegen eines Übergriffes durch den Mann ihrer Schwester schuldig, obwohl lediglich der Erwachsene etwas Verbotenes getan und sie ausgenutzt hat? Im Rahmen zweier Aufführungen am Dienstag, 19. November von 9:15 bis 10:30 Uhr und von 11:30 bis 12:45 Uhr in der Landauer Jugendstil-Festhalle wurden diese Situationen mit Schülerinnen und Schülern der 6. Klassen aus Landau und dem Kreis Südliche Weinstraße altersgerecht besprochen und Lösungen erarbeitet.
Kinderrechte, körperliche Selbstbestimmung und sexueller Kindesmissbrauch sind die Themen des Theaterstücks „Trau dich!“. Das Theaterprojekt ist zentrales Element der bundesweiten Initiative „Trau dich!“ zur Prävention des sexuellen Kindesmissbrauchs des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Ziel ist es, Mädchen und Jungen zwischen acht und zwölf Jahren über ihre Rechte aufzuklären, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und sie zu informieren, wo sie im Falle eines Übergriffs Hilfe finden.
Dr. Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: „Ich möchte, dass jedes Kind erkennt, wann Grenzen überschritten oder Regeln missachtet werden. Damit es weiß: Wenn mich jemand so anspricht oder so anfasst oder wenn ich ein komisches Gefühl habe – dann ist das nicht richtig! Das Stück ‚Trau dich!‘ ist ein gutes Beispiel dafür, wie Präventionsarbeit gelingen kann. Ich werde die Initiative zur Prävention sexuellen Kindesmissbrauchs gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auch in den kommenden Jahren fortführen und dafür die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen, damit auch die restlichen Bundesländer davon profitieren können.“
Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), betont: „Unsere langjährigen Erfahrungen zeigen, dass wir mit der Initiative Kinder, Eltern und Schulen erreichen – und zwar nachhaltig. ‚Trau dich!‘ bestärkt Mädchen und Jungen darin, sich jemandem anzuvertrauen, wenn ihnen Dinge widerfahren, die sich nicht ‚richtig‘ anfühlen und Ängste hervorrufen. Da Kinder in solchen Situationen aber nicht alleine gelassen werden dürfen, binden wir Eltern und Lehrkräfte aktiv über Elternabende, Fortbildungen und Infomaterial ein. Denn sie tragen die Verantwortung, Kinder über sexualisierte Gewalt aufzuklären und sie davor zu schützen.“
Die ARD-Moderatorin Caren Miosga unterstützt die Initiative „Trau dich!“ als Botschafterin. Sie sagt: „Als Mutter weiß ich, wie schwierig es sein kann, für das Thema Missbrauch die richtigen Worte zu finden. Genau hier hilft die Initiative ‚Trau dich!‘. Eltern erfahren, wie sie mit ihren Kindern offen über Gefühle, Grenzüberschreitungen und sexuellen Missbrauch reden können. Das stärkt das Selbstbewusstsein unserer Kinder – und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich eher jemandem anvertrauen.“
Rheinland-Pfalz setzt seit 2018 in einer Landeskooperation mit der BZgA die Bundesinitiative „Trau dich!“ um. In Landau wurde das Projekt mit dem Bistum Speyer, dem Kinderschutzdienst des Kinderschutzbundes Landau-SÜW, dem Kinderschutzdienst des Caritas-Zentrums Germersheim, dem Kreisjugendamt Germersheim, dem Kreisjugendamt Südliche Weinstraße, der Maria-Ward-Schule und dem Amt für Schulen, Sport und Kultur der Stadt Landau realisiert.
„Das Theaterstück hat ein pädagogisch überzeugendes Konzept und eine große Sprachfähigkeit“, so Dr. Irina Kreusch, Ordinariatsdirektorin des Bistums Speyer.
Zum Projekt werden außerdem begleitende Materialien zur Verfügung gestellt, um die Themen mit Schülern, Eltern und Lehrern vor- sowie nachzubereiten.
Broschüren mit dem Titel „Du bist stark!“ für Mädchen und Jungen motivieren die Kinder, den eigenen Gefühlen zu vertrauen und sich an eine Vertrauensperson zu wenden. Die Landauer Maria-Ward-Schule hat diese Hefte bereits im Rahmen ihrer Kompetenztage herangezogen. „Auch behandeln wir von Klasse 5 bis 10 in altersgerechten Bausteinen Themen wie Kinderrechte, Vertrauen, Gefühle, Nein-Sagen und Respektvoller Umgang im Unterricht“, gibt Maria Nicklas, die Rektorin der Realschule, bekannt. „Lehrer, Honorarkräfte und ein Präventionsteam sind überdies von Fachkräften so geschult, dass sie für die Mädchen bei Problemen geeignete Ansprechpartner sein und weiterführende Hilfen finden können.“
Ein Fachdienst, der solche Schulungen mithilfe des „Trau dich!“-Eltern-Ratgebers und eines Methodenhefts für Lehrkräfte durchführt und die Landauer Aufführung pädagogisch begleitet hat, ist der Kinderschutzdienst des Kinderschutzbundes Landau-SÜW. „Gemeinsam mit den Eltern, den Klassen- und Präventionslehrern wurde das Stück nachbereitet und auf Fragen eine Antwort gegeben, wie z.B. Was brauchen Kinder, die sich anvertrauen? Welche Strategien entwickeln Täter, um sich Kindern anzunähern und woran sind sie zu erkennen? Welche Abläufe gilt es im Missbrauchsfall einzuhalten? Und wie kann ich als Eltern mit meinem Kind präventiv sprechen, ohne Angst auszulösen? Es ist sehr wichtig, Kindern, die sich anvertrauen, Mut zuzusprechen und ihnen zu signalisieren, dass man das Gesagte aushält“, erklärt M.A. Pädagogin Anja Ziebler-Kühn, die Leiterin des Fachbereichs Kinderschutzdienst. „Im Durchschnitt vertrauen sich Kinder 6 bis 7 Personen an, bevor ihnen geglaubt wird und noch immer passieren drei Viertel aller Übergriffe im näheren sozialen Umfeld.“
Hintergrundinformation: Im Jahr 2018 gab es 614 aktenkundig gewordene Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern in Rheinland-Pfalz. Damit lag die Zahl der bekannt gewordenen Fälle im Vergleich zum Vorjahr höher. 2017 waren es 581 Fälle. (Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik Rheinland-Pfalz)
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.bzga.de/presse/daten-und-fakten/
Hintergrundinformation: Im Jahr 2018 gab es 614 aktenkundig gewordene Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern in Rheinland-Pfalz. Damit lag die Zahl der bekannt gewordenen Fälle im Vergleich zum Vorjahr höher. 2017 waren es 581 Fälle. (Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik Rheinland-Pfalz)
Weitere Informationen finden Sie unter:
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Autor:Sina Ludwig (geb. Kaimer) aus Landau |
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