Richard Bach pflegt den jüdischen Friedhof Lustadt
Mystischer Ort
Jüdisches Leben. Fast vergessen und verwildert war der jüdische Friedhof von Lustadt, bis Richard Bach ihn wieder zu einem ansehnlichen Ort machte.
Zwischen Salatfeldern und Reben liegt eine kleine Oase mit Bäumen, an denen teilweise der Lorbeer hinaufklettert. Die Stille wird nur vom Zwitschern der Vögel gestört. Es ist ein mystischer Ort, wo man inmitten der Natur der Toten gedenkt: der jüdische Friedhof von Lustadt. Doch bis vor drei Jahren war dieser Ort nördlich von Oberlustadt für viele Menschen ein sogenannter „Lost Place“, fast vergessen und total verwildert.
Zaun und Tor des jüdischen Friedhofs repariert
„Als ich den Friedhof das erste Mal gesehen habe, war er wirklich in einem erschreckenden Zustand“, erinnert sich Richard Bach. Als Mitglied des Vereins „Wir für Lustadt“ und wurde er 2019 gefragt, ob er den Zaun des Friedhofs wiederaufbaut. „Das war allerdings schwerer als gedacht“, sagte der 72-Jährige. Denn er musste erstmal herausfinden, was zum Friedhof gehört und was wilde Natur war. Der Verein hatte die Pfähle aus Robinienholz für die Umzäunung hergestellt, die er nun setzte. Außerdem hatte er 235 Liguster gepflanzt und das Eingangstor repariert.
Schließlich hat er es sich zur Aufgabe gemacht, den über 2.000 Quadratmeter großen Friedhof komplett wiederherzurichten. Neben der Reparatur des Zaunes kümmerte er sich auch um die Pflege der Gräber und Grabsteine. „Am Anfang bin ich selbst noch über manche die Sandsteinplatte gestolpert“, sagt Bach lachend. Insgesamt 236 Grabsteine hat er gereinigt, um sie wieder als solche erkennbar zu machen. Viele Namen und Zahlen sind jetzt wieder lesbar, sagt Bach nicht ohne Stolz. So wird ersichtlich, dass die ältesten Gräber tatsächlich zu Beginn des 19. Jahrhunderts angelegt wurden. Auf dem Schild am Eingang des umzäunten Friedhofs steht „Bestehend seit 1770“. Doch in Chroniken und anderen historischen Büchern ist zu lesen, dass er zwischen 1800 und 1830 angelegt wurde. Wie auch immer: Er ist in jedem Fall einer der ältesten noch erhaltenen jüdischen Friedhöfe der Region.
Neben der Reinigung der Grabsteine und der Reparatur des Zauns hat der Rentner Sträucher gepflanzt, die er nun pflegt.
Jüdischer Friedhof Lustadt wurde persönliches Projekt
„Mittlerweile ist das richtig zu einem persönlichen Projekt geworden“, so Bach, „es haben sich sogar schon fremde Besucher sich bei mir bedankt“. Vor allem im trockenen Sommer 2020 mussten die neu eingesetzten Pflanzen oft gewässert werden. Seit drei Jahren fährt Bach je nach Jahreszeit fast täglich hinaus zu „seinem“ jüdischen Friedhof, um nach dem Rechten zu schauen und Hand anzulegen. foe/rk
Jüdisches Leben in Lustadt
Im Jahr 1851 wurde neben der Schule an der Rosengasse, heute Obere Hauptstraße 140, in Lustadt eine Synagoge gebaut. Das Gotteshaus im romanischen und neuorientalischen Stil war bis zur Zerstörung 1938 der Mittelpunkt des jüdischen Lebens von Ober- und Niederlustadt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebten etwa 90 Juden in den beiden Orten, 1875 über 130. Seitdem ging die Zahl der jüdischen Einwohner stetig zurück. 1933 hatte die jüdische Gemeinde von Lustadt nur noch rund 30 Mitglieder. rk
Autor:Dehäm Magazin aus Ludwigshafen | |
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