Auftragskomposition aus Ludwigshafen
Uraufführung im Mannheimer Rosengarten
Ludwigshafen. Am Sonntag, 14. November 2021, um 18 Uhr, findet das 2. Mannheimer Meister*innenkonzert im Rosengarten statt. Auf dem Programm steht unter anderem die Uraufführung von Stefan Pohlits Konzert für türkisches Kanun und Orchester. Solist des Abends ist Tahir Aydodu.
Im urbanen Raum Mannheim und Ludwigshafen leben als größte, in sich heterogene Minderheit etwa 45.000 Menschen mit türkischen Wurzeln. Weder die Musiker*innen noch das Publikum repräsentieren diese Bevölkerungsstruktur. Um dem etwas entgegenzusetzen, vergab Intendant Beat Fehlmann im Frühjahr 2019 einen Kompositionsauftrag an Stefan Pohlit, mit dem Wunsch ein Werk für ein traditionelles türkisches Instrument und Orchester zu schreiben.
Der 1976 in Heidelberg geborene Stefan Pohlit scheint dafür die ideale Besetzung zu sein: Er studierte Komposition in der Schweiz, in Frankreich und in Deutschland, lernte Arabisch, Persisch und Türkisch und lebte ab 2007 in der Türkei, bis er diese 2018 verlassen musste. Seitdem lebt er in Haßloch in der Pfalz. In seinen Werken reflektiert er, was es heißt, in verschiedenen Welten zu Hause zu sein. „Im Bewusstsein dieser Heimatlosigkeit vermittelt meine Partitur für Kanun und Orchester weder Bekenntnisse noch Exotik. Mit meiner Musik möchte ich alle Grenzen überwinden, um mit allen Menschen gemeinsam Mensch zu sein.“, so Stefan Pohlit. Der Solist Tahir Aydoğdu misst dem Konzert im Sinne des Kulturaustausches große Bedeutung bei. Mit seiner 45-jährigen Bühnenerfahrung agiert der in Ankara lebende Kanun-Virtuose und Festivalleiter ebenfalls als Brückenbauer zwischen verschiedenen Kulturen.
Obgleich es beginnend mit dem „Konçerto“ des Komponisten und Kanunisten Hasan Ferid Alnar (1906–1978), bereits ein großes Repertoire für Kanun und Orchester gibt, ist das Werk von Stefan Pohlit mit 81 Musiker*innen das mit der größten Besetzung. Unter der Leitung von Dirk Kaftan, Generalmusikdirektor der Stadt Bonn und des Beethoven Orchester Bonn, steht neben Pohlits Uraufführung auch Wassili Kalinnikows 1. Sinfonie auf dem Programm. „Ich lehne ich mich ästhetisch eher an die Russen an, deren „mächtiges Häuflein“ von den Türken nach 1923 mit den ebenso fünf zählenden „Türkischen Fünf“ aufgegriffen wurde – eine Verbeugung vor dem Nationalismus des 19. Jahrhunderts. Von daher ist die Programmwahl mit Kalinnikow sehr schlüssig. Meine Utopie ist eine Türkei, in der die Tradition nicht so aggressiv zugunsten der Europäisierung verdrängt wurde, was ja den Extremismus der Gegenseite die Politisierung von Tradition aus begründeten Ressentiments erst durch Reaktion provoziert hat.“, so Stefan Pohlit. ps/bas
Weitere Informationen:
www.staatsphilharmonie.de
Autor:Charlotte Basaric-Steinhübl aus Ludwigshafen |
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