BriMel unterwegs
Zur Lesung „Die Alkoholraffinerie“ – Lesung in der Spritfabrik
Ludwigshafen: Am 23. August fand im Rahmen des Ludwigshafener Kultursommers unter der Schirmherrschaft der Rhein-Neckar-Industriekultur wieder eine Lesung statt. Dieses Mal hatte man sich die LUcation Leerguthalle Berkel AHK in Ludwigshafen-Rheingönnheim, dafür ausgesucht.
Um 17.30 Uhr traf ich ein. Die Pforten waren extra geöffnet worden, damit man gut parken konnte. Auf dem Weg zur Location witterte ich eindeutig Alkohol. Der Geruch muss von den Behältern rechts und links des Weges kommen. In einem Gehege befinden sich drei Esel, entweder zum Streicheln oder zum „Testen“. Die Frage bleibt offen. Am Ende des Ganges stand eine große Halle, die zu meinem Leidwesen nicht klimatisiert war. Und so fächelte man sich entweder mit Fächern oder Flyern Luft zu.
Kurz nach 18.00 Uhr wurden die rund 160 Zuschauer/-hörer (ausverkauft) vom Veranstalter Mathias Berkel begrüßt, der trotz Hitze ganz Gentleman sein Sakko anzog. Er ist stolz darauf, hier mit einer von fünf Locations in Ludwigshafen mitmachen zu dürfen, somit bot sich auch das Wort LUcation hervorragend an. In der fünften Generation, also mehr als 150 Jahren, befasst man sich bei Berkel mit Alkohol bzw. der Herstellung. Deshalb geht es bei dem Roman um Alkoholdiebstahl und Hehlerei und ausgerechnet der damalige Chef, also Dieter Berkel, schrieb diesen Krimi mit einem Augenzwinkern. Damals hieß die Fabrik noch Pfälzische Spritfabrik Berkel. Er hat für dieses Buch in den 50er und 60er Jahren Milieustudien in Ludwigshafen betrieben. Mathias Berkel bedankt sich noch bevor es los geht herzlich bei seinen Mitarbeitern für die großartige Vorbereitung. Auch Frau Ritter, Vorsitzende des Kulturvereins, wünschte einen schönen Abend. Es gab Stuhlreihen, aber auch aufgestellte Fässer, an denen man es sich gemütlich machen konnte. Getränke hatten darauf allemal Platz und dafür sorgte ein fleißiges, extra engagiertes Team. Nach einer kleinen Einführung begann die Lesung nebst Schauspiel und Musik. Diese szenische Lesung gab es von Susanne Berkel, der Schwester von Mathias Berkel, Boris Ben Siegel und Uwe von Grunkow (beide vom Mannheimer Theater Oliv). Musikalisch begleitet wurde das Ganze von Jochen Bauer und Gerhard Schwinn von der Städtischen Musikschule Ludwigshafen.
Zum Auftakt wurde der Evergreen „Marina“ von Rocco Granata auf dem Saxofon gespielt.
Das damalige Ludwigshafen wird wie folgt beschrieben: hässliche Stadt, Gegröle aus den Kneipen bis zum Rhein, Entstehung der Chemiefabrik, Hupen, Menschen, Stress, Abgase und es herrschte eine träge Gleichgültigkeit. Die beiden Akteure feilschen um den Alkoholpreis, es sei erstklassige Ware, 96 % reiner Alkohol, verdienen mit dem Alkohol und zahlen keine Steuern, ein Handschlag und das Geschäft war abgeschlossen. Den Dampf der BASF vergleicht man mit Weihrauch. Es geht um jede Menge verhasste Goldfische und die Frage, ob es auch saure Goldfische gibt – am besten an Pellkartoffeln. Der Kommissar mag dralle Straßenmädchen; er denkt an Marianne. Die beiden Männer agierten prima zusammen und dem betrunkenen Kommissar nahm man seine Rolle auf jeden Fall ab. Das musikalische Duo spielte zum Abschluss „Oh, du wunderschöner deutscher Rhein“ und „Yesterday“ auf der Gitarre und dem Saxofon. Es folgt tosender Applaus und während die beiden Damen zum Abschluss mit wunderschönen Blumensträußen bedacht wurden, bekamen die Herren was? ………. Ja sicher, eine Flasche Schnaps. Mathias Berkel ließ das Publikum noch wissen, dass die Geschichte reine Fiktion sei und die Bezahlung der Mitarbeiter sowohl damals wie heute nicht so stattfand.
Um 19.30 Uhr wurde die „Menge“ zur Betriebsführung in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe führte Herr Berkel an und ich war bei der Gruppe um Michael Scholz, der alle Fragen beantwortete und die Räumlichkeiten mit uns betrat. Hierbei wurden auch für uns Laien seltsame Worte wie Destillation, Rektifikation, Absolutierung und Denaturierung erklärt:
- Destillation ist die Gewinnung
- Rektifikation die Reinigung
- Absolutierung die Entwässerung
- Veredelung die Qualitätsverbesserung
- Aufarbeitung die Rückgewinnung
- Verwertung die energetische Nutzung
- Denaturierung die strukturelle Veränderung
Zum Abschluss konnte man noch Bücher kaufen (ich hab eins) oder sich an den Ständen mit Brezeln und kühlen Drinks bedienen, die der Chef kostenlos zur Verfügung gestellt hatte. Danke nochmal, Herr Berkel.
Zu den Büchern: Es gab zwei limitierte Bücher, das eine „Das Lexikon des guten Geistes“ für 6 Euro und „Die Alkoholraffinerie“ für 12 Euro, wobei 2 Euro bzw. 1 Euro hiervon als Spende an „alphafit4future“ gehen. Das ist eine in 2014 von Herrn Berkel gegründete Stiftung, die sich um Kinder zwischen 6 und 21 kümmert, die Analphabeten sind.
Und während man hier gemütlich seine Schorle oder Wässerchen trinkt öffnet der Himmel Punkt 20.30 Uhr seine Schleusen, man mag sagen „endlich“. Unter heftigem Regenschauer und Blitzen suchen die Besucher schnell das trockene Auto oder sonstigen Unterschlupf auf. Awwer schä wars! (mel)
Autor:Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim |
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